Profi-Fußball:Spieler als Klub-Manager

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Doppelfunktion: Präsidentensohn Markus Schwabl (links) und Josef Welzmüller spielen beide in der Drittligamannschaft der SpVgg Unterhaching - und gehören neuerdings der Führungsetage des Klubs an. (Foto: Germann /IMAGO/Eibner-Pressefoto)

Bei der Spielvereinigung Unterhaching sind zwei aktive Stützen der Drittliga-Mannschaft in die Führungsebene des Vereins aufgerückt: Kapitän Josef Welzmüller ist nebenbei Technischer Leiter, der Verteidiger und Präsidentensohn Markus Schwabl Sportdirektor. Und ein Blick auf die Tabelle zeigt: Das Konzept geht bisher auf.

Von Stefan Galler, Unterhaching

Auch an diesem Samstag war die Stimmung im Unterhachinger Sportpark wieder euphorisch: Mit 2:1 rang die Spielvereinigung den bisherigen Spitzenreiter Viktoria Köln nieder, als Aufsteiger kletterten die Rot-Blauen dadurch auf Tabellenplatz zwei der dritten Fußball-Liga. Selbst wenn die Saison noch am Anfang steht, zeichnet sich doch schon ab, dass das Konzept von Präsident Manfred Schwabl aufgeht: Mannschaft und Klub präsentieren sich jung und bodenständig - ein Gegenentwurf zu all den finanziellen Exzessen, die den Profifußball heutzutage in Misskredit bringen. Und dieses Image wird nun auch in der Vereinsführung gepflegt: Boss Schwabl, 57, hat eine mittlere Ebene mit drei jungen Männern ins Organigramm eingebaut, von denen zwei sogar noch aktiv Fußball spielen.

Dass Manfred Schwabl sich bald zurückziehen wird, ist nicht zu erwarten. Doch der umtriebige Präsident des Fußball-Drittligisten hat in den vergangenen Jahren so viele Aufgaben selbst übernommen hat, dass er manchmal nicht mehr recht wusste, wo er zuerst hinlangen sollte. "Die Herausforderungen werden immer mehr, das geht nur, wenn man sie auf mehrere Schultern verteilt", sagt der ehemalige Nationalspieler. Um den Klub zukunftssicher aufzustellen, hat er nun eine kleine Gruppe um sich geschart: Sein Sohn Markus, 33, aktiv in der ersten Mannschaft als rechter Verteidiger, wurde zum Sportdirektor der SpVgg ernannt, Mannschaftskapitän Josef Welzmüller, 33, ist Technischer Leiter und der 30 Jahre alte Philipp Muschiol, rechte Hand des Präsidenten, wurde mit dem offiziellen Titel "Manager" ausgestattet. "Alle drei tragen Haching komplett im Herzen. Da geht es nicht um Vetternwirtschaft, sondern darum, dass sie das volle Vertrauen genießen, von mir, dem gesamten Präsidium und Aufsichtsrat", so Manfred Schwabl.

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Die Leitung eines Profi-Klubs ist heutzutage mehr als ein Full-Time-Job, es geht nicht nur um das Zusammenstellen einer Mannschaft und das Überblicken eines immer größeren und nervöseren Marktes, sondern um den Unterhalt eines Nachwuchsleistungszentrums, die Verwaltung des Vereinsgeländes, das Organisieren von Heimspielen und Auswärtsreisen, Marketing, Merchandising, Kartenvorverkauf, Soziale Medien, und und und. Selbst mit einer funktionierenden Geschäftsstelle, wie sie in Unterhaching gegeben ist, wäre das ohne eine starke Leitungsebene nicht machbar.

Schwabl senior brachte deshalb schon Anfang des Jahres seine Kronprinzen in Stellung, ohne das öffentlich zu kommunizieren. Nach dem Aufstieg ist dieses für den deutschen Profifußball völlig neuartige Modell nun offiziell. "Wir wollten nicht, dass bei einem Scheitern in der Relegation das ganze Konstrukt infrage gestellt wird", sagt Technischer Leiter Josef Welzmüller. "Die Konstellation macht total Spaß, man lernt sehr viel dazu und die Tätigkeit bringt mir auch ein neues Kennenlernen des Vereins", erklärt der gebürtige Münchner, der schon seit fast zehn Jahren in Unterhaching spielt.

Neue Euphorie: Die SpVgg Unterhaching ist erfolgreich in die neue Saison gestartet. Der Verein präsentiert sich als Gegenentwurf zu den gängigen Praktiken im Profifußball und geht in vielen Bereichen neue Wege. (Foto: Sven Leifer/IMAGO/foto2press)

Seine Aufgabe sei es, die Strukturen im Verein zu verbessern, etwa die Abläufe zwischen medizinischem Bereich und Mannschaft zu optimieren, aber auch im Bereich Marketing und Sponsoring neue Wege zu gehen. Als Unterstützung für Welzmüller wurde zuletzt die Agentur "Achtzig20" an Bord geholt, die an der Vermarktung mitwirken soll. Mit Pressesprecher Quirin Friedel und der Leitung des Nachwuchsleistungszentrums sei er ebenfalls im ständigen Austausch, sagt Welzmüller: "Ich versuche, Ansatzpunkte zu finden, wo es Verbesserungspotenzial im Verein gibt."

Die Doppelbelastung dürfte nicht ganz einfach zu bewältigen sein, zumal Welzmüller wegen der vier Kreuzbandrisse, die er in seiner Karriere bereits erlitten hat, noch mehr Zeit für die Pflege seines Körpers benötigt. Auch sein Mitstreiter Markus Schwabl zählt in der Mannschaft zu den Routiniers, für die nächsten Wochen kann er sich aber voll auf seine Arbeit als Sportdirektor konzentrieren: Er muss einen Bänderriss im Sprunggelenk auskurieren. Damit dürften sich zumindest vorübergehend die "16- bis 18-Stunden-Tage", die der Sohn des Präsidenten zuletzt nicht selten zu bewältigen hatte, etwas übersichtlicher gestalten. Schwabl junior kümmert sich um den kompletten sportlichen Bereich, pflegt die Kommunikation mit den Spielerberatern, führt Vertragsgespräche, koordiniert die Förderung der Top-Talente aus dem Nachwuchsleistungszentrum zusammen mit Welzmüller und NLZ-Leiter Thomas Kasparetti und ist maßgeblich für die Kaderplanung zuständig - in engem Austausch mit dem Trainerteam um Chefcoach Marc Unterberger.

Eines ist ganz klar: Präsident Manfred Schwabl "hat immer das letzte Wort"

"Natürlich hat mein Vater immer das letzte Wort, er kann sagen, was wir machen und was nicht. Aber das ganze Vorgeplänkel ist für ihn alleine nicht zu leisten", sagt Markus Schwabl. Der Papa habe sich in den letzten anderthalb bis zwei Jahren um so viele Nebenschauplätze von der Stadionfrage über die Lizenzierung bis zur Auswahl der Physiotherapeuten im Jugendbereich kümmern müssen, dass kaum mehr Zeit geblieben sei, sein eigentliches Kernthema, den sportlichen Bereich, zu betreuen. Genau das soll nun durch die Entlastung wieder möglich sein.

Auch weil Philipp Muschiol, 30, als Dritter im Bunde der neuen, jungen Führungskräfte sozusagen das Mädchen für alles ist. Als Manager und Assistent des Präsidenten koordiniert er das Ticketing, organisiert die Heimspieltage mit Sicherheitsdiensten, Ordnern oder auch Kartenanfragen des jeweiligen Gegners. Er kümmert sich um das diffizile Thema Spielrecht, ist Ansprechpartner in Sachen Aktie, verwaltet Manfred Schwabls Termine, schreibt manchmal sogar Textnachrichten von dessen Handy aus - der Boss vertraut dem gebürtigen Münchner blind. "Manchmal reicht ein Blick zwischen uns aus und man weiß, was der andere will", sagt Muschiol.

Vertrauensperson: Philipp Muschiol, Manager und Assistent von Präsident Manfred Schwabl. (Foto: SpVgg Unterhaching)

Eine hochklassige Fußballkarriere blieb ihm versagt, dennoch verfolgte er schon frühzeitig das Ziel, eines Tages in der Branche beruflich Fuß zu fassen. Muschiol studierte Betriebs- und Volkswirtschaft, Fachrichtung "Finanz- und Risikomanagement", was ja irgendwie auch zum Profisport passt. Ein kurioser Zufall öffnete ihm dann die Tür zu seinem Traumberuf: Muschiol traf den damaligen Kaderplaner des FC Bayern, Michael Reschke, zufällig in einem Münchner Café und stellte sich vor. Dieser brachte den jungen Mann mit Manfred Schwabl zusammen, der ihn sofort anstellte.

"Manni hat sofort gemerkt, dass ich mir für nichts zu schade bin", sagt Muschiol, der nun schon seit Januar 2017 im Sportpark mitwerkelt. Er stand bereits am Ticketschalter, belegte Leberkässemmeln für den Kioskverkauf bei Jugendspielen und half im Fanshop aus. Dadurch hat er es in den engsten Zirkel geschafft. "Ich will mich im Haifischbecken Profifußball behaupten", sagt Muschiol. Ein Motto, das letztendlich für den gesamten Verein gilt.

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