Musikerlebnis:Bloß keine Schwellenangst

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Wein und Jazz im ehemaligen Bierkeller: Bei den "Gastmahl"-Konzerten im Tresor Vinum herrscht eine besondere Atmosphäre. (Foto: Veranstalter)

Die Idee vom exklusiven Weinklub im historischen Gewölbe "Tresor Vinum" in Pullach ist gescheitert. Mit den "Gastmahl"-Konzerten wollen Michael und Astrid Hofmarksrichter die einzigartige Location mit musikalischem Anspruch verbinden.

Von Udo Watter, Pullach

Die Musik steht im Vordergrund - Klassik, Jazz, Bossa Nova, mal gespielt von kleinen Ensembles, mal von Solisten. Der Hintergrund ist aber auch nicht schlecht bei den "Gastmahl"-Konzerten im Pullacher Tresor Vinum. Genauer gesagt der atmosphärische Hintergrund. Das historische Gewölbe, 1881 als Eiskeller zur Lagerung von Märzenbier für die Brauerei Kalb eröffnet, entfaltet seit seiner Sanierung und Wiedereröffnung 2015 eine stilvolle-Lounge-Atmosphäre. Indirektes Licht und Kerzen illuminieren warm die unverputzten Räume, zu denen man über eine steile Treppe heruntersteigt. Weinflaschen lagern dort in verschließbaren Fächern, Getränke oder Häppchen kann man an der edlen Holztheke bestellen und an Stehtischen genießen.

Bühne und Flügel gehören ebenfalls zum Inventar. Denn, wie gesagt: "Die Musik steht im Vordergrund" - Michael Hofmarksrichter, der mit seiner Frau Astrid und Andreas Jasper die "Gastmahl-Konzerte veranstaltet, liegt es am Herzen, dies zu betonen. "Da sollte ja mal ein exklusiver Weinklub werden", sagt er und berichtet von Konzertbesuchern, die schon mal Schwellenangst hatten vor dem als allzu "schick" und "exklusiv" empfundenen Ort. So richtig hat das Weinklub-Konzept, das für "Tresor Vinum" bei der Eröffnung 2015 angedacht war, aber eben nicht funktioniert. "So viele Mitglieder haben die Initiatoren dann doch nicht gefunden", so Hofmarksrichter. Es kam dann nach ein paar Jahren auch zu einem Geschäftsführer-Wechsel und inzwischen fungieren die historischen Tassilo-Gewölbe im Pullacher Ortsteil Großhesselohe primär als Event-Location, die man mieten kann - und eben als Schauplatz der "Gastmahl"-Konzerte.

Die Eintrittspreise sind ordentlich, Gewinn erzielt der Veranstalter nach eigenen Angaben trotzdem nicht

Am Dienstag, 22. Februar, interpretiert das Rick Hollander Quartet das legendäre Beatles-Album "Sergeant Pepper's Lonley Hearts Club Band" - auf eher jazzige Weise. "Die Musiker lieben die intime Atmosphäre", sagt Hofmarksrichter. Es sind versierte, professionelle und teils international renommierte Protagonisten, die schon seit Beginn der Konzertreihe 2016 in den Keller kommen (darunter auch die Ayinger Pianistin Sophie Pacini), aber das rein musikalisch-virtuose Können ist für Hofmarksrichter gar nicht das Allein-Entscheidende: "Ich liebe es, Leute zusammenzubringen. Und ein Künstler muss gar nicht makellos spielen, wichtiger ist das, was er transportiert." Also der berühmte Funke, der überspringen soll, quasi die "Vibrations", die ein Konzert zu mehr als einer kultiviert empfangenen Dienstleistung machen. Hofmarksrichter, der aus einer musikalischen Großfamilie kommt und im Münchner Süden aufgewachsen ist - sein Opa spielte etwa Orgel in einer Sollner Kirche, wie er erzählt, und mehrere Verwandte sind professionelle Musiker - sprudelt vor Energie, wenn er über diese seine Leidenschaft spricht und über die Konzerte.

Der Name "Gastmahl" ist zum einen von Platons berühmten Dialog "Symposion" (Gastmahl) inspiriert, schon seit etlichen Jahren haben die mittlerweile in Bad Tölz lebenden Hofmarksrichters immer wieder Veranstaltungen und kulturelle Ereignisse auf die Beine gestellt, bei denen Musik und Kulinarik zunächst gleichermaßen eine Rolle spielten. Als Gast oder Besucher muss man aber nicht zwingend über das platonisch-metaphysische Konzept vom erotischen Aufstieg zum Meer des Schönen parlieren, es geht - vereinfacht gesagt- um sinnliches Erleben, Gaumenfreuden und gute Gespräche. "Um Genuss" wie Weinliebhaber Hofmarksrichter sagt.

Michael und Astrid Hofmarksrichter im "Tresor Vinum" in Pullach. (Foto: Veranstalter)

Der 54-Jährige, der im Vertrieb eines Dental-Software-Unternehmens arbeitet, betont, dass die Konzerte, für die ordentliche Eintrittspreise verlangt werden, keinen Gewinn mache. "Es ist vielmehr ein Haufen Arbeit", die er neben seiner berufliche Tätigkeit zusätzlich erledigt. Astrid Hofmarksrichter ist ebenfalls involviert, bereitet unter anderem Häppchen vor oder auch mal größer dimensionierte Speisen. Wein oder andere Getränke werden vor den Konzerten im Tresor Vinum natürlich auch serviert, die gustativen Angebote sind aber eben nur begleitender Faktor. Unter den Gästen sind inzwischen viele Stammgäste, auch etliche Künstler sind schon häufiger aufgetreten, die Attraktivität des Konzertortes spricht sich laut Hofmarksrichter oft durch Empfehlungen und Mundpropaganda rum.

Natürlich war während der vergangenen knapp zwei Jahren das Angebot reduziert und die privaten "Gastmahl"-Konzertbetreiber konnten während der Pandemie auch nicht von staatlicher Förderung profitieren. Bei der minimierten Zuschauerzahl - es passen ohnehin nur maximal 120 Besucher in den Konzertraum - war es quasi nicht möglich, kostendeckend zu arbeiten. Die Künstler bekommen gewöhnlich einen erklecklichen Anteil am Umsatz, die Tickets wurden zuletzt ein wenig teurer, immerhin hilft jetzt auch ein Sponsor, Defizite auszugleichen.

Nun, die Situation hellt sich auch im Kulturbereich langsam auf, die kommenden Konzerte dürften wieder unter lockereren Rahmenbedingungen und mit mehr Publikum stattfinden: Beim nächsten Klassikauftritt spielt am 22. April der viel versprechende Jungpianist und Komponist Yojo Christen und die nächsten Jazzkonzerte gestalten die Norisha Campbell Band am 12. März ("Stand for Love") und das Christos Asonitis Quintet am 29 März mit dem Programm "Eine Ode ans Licht".

Weitere Informationen gibt es unter https://www.gastmahl.eu .

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