Ottobrunn:Wenn Bilder den Sinn für Klassik wecken

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Der Ottobrunner Filmemacher und Visual Designer Christopher Link bereichert mit seinen bewegten Bildern Konzerte. (Foto: Angelika Bardehle)

Christopher Link arbeitet als Videokünstler mit Musikern wie den Kreusch-Brüdern zusammen. In den Konzerten baut er Brücken für das Publikum.

Von Christina Hertel, Ottobrunn

Auf dem Weg, die Treppe hinunter, zu Christopher Links Büro kommt man an seinem einzigen Filmplakat vorbei. Darauf hält seine Tochter eine Zeitmaschine, ein braunes, zusammen geschachteltes Gerät in den Händen, mit dem sie sich in die Welt von Urwesen und Dinosauriern beamen kann. Christopher Link baute die Zeitmaschine, filmte seine Tochter und ihre Freunde im Dino-Freizeitpark, ließ Stofftiere zum Leben erwecken, alles nur aus Spaß in seiner Freizeit. Ob er gerne mal einen richtigen Kinofilm drehen würde? "Naja", sagt Link, zögert, lacht ein wenig. "Bei einer großen Produktion dabei zu sein, wäre schon ein Traum." Wäre Christopher Link kein so ein bescheidener Mann, würde er in diesem Moment vielleicht antworten, dass er das gar nicht nötig habe. Schließlich ist er bereits Videokünstler.

Für Pianisten wie Cornelius Claudio Kreusch oder Bernhard Ruchti dreht er Musikvideos, im Büro in seinem Zuhause in Ottobrunn schneidet und bearbeitet er diese. Christopher Link produziert diese Clips nicht nur, damit Künstler im Internet etwas zeigen können, sondern auch, damit das Publikum während der Konzerte etwas zum Anschauen hat. So wird aus einem Konzert ein multimediales Gesamtkunstwerk - zuletzt, als Cornelius Claudio Kreusch und sein Bruder Johannes Tonio Kreusch am Klavier und an der Gitarre in Ottobrunn ihre neuen Alben spielten.

In der Welt der Klassik sind Visuals schon etwas Neues

Beide sind eine Hommage: Cornelius Claudio Kreusch interpretierte am Klavier Thomas Manns Zauberberg, Johannes Tonio Kreusch vertonte Siddharta von Hermann Hesse - und Christopher Link lieferte dazu die Bilder, einmal ein Bergpanorama, einmal eine Steppenlandschaft. Die Bilder sollen, sagt Link, Assoziationen wecken, aber nicht von dem ablenken, um was es eigentlich geht: die Musik. Visuals, Projektionen von Videos und Bildern, sind bei Pop-Konzerten oder im Club schon lange nichts Neues - in der Welt der Klassik allerdings schon.

Das möchte Link ändern. Bilder könnten den Zuhörern helfen, von der Hektik des Alltags im Konzertsaal anzukommen. "Mir geht es oft so, dass ich während eines Konzerts nicht so richtig weiß, wo ich hinschauen soll", sagt Link. Dann starre er an die Decke oder auf die Frisur des Vordermannes. Videos könnten helfen, voll in die Musik einzutauchen.

Braucht der moderne Mensch also tatsächlich immer etwas, das flimmert, flirrt und ihn beschäftigt? "Wahrscheinlich ist es tatsächlich so, dass viele Menschen heute nicht mehr so sehr in der Lage sind, über ein Konzert zu staunen, wie sie es vielleicht noch zu Liszts Zeiten waren", sagt Link. Er möchte Klassik auf diese Weise auch Menschen zugänglich machen, die sonst wenig in Berührung mit dieser Musikrichtung kamen.

Link ist kein Musiker, aber ein Mensch, dessen Begeisterung für Musik immer größer wurde, je mehr er sich damit beschäftigte. "Man müsste den Menschen Musik viel mehr erklären", sagt er. Dinge möglichst einfach auszudrücken, ist ein Konzept, das Link noch von früher kennt. Er ist studierter Kommunikationsdesigner, arbeitete viele Jahre lang in Werbeagenturen und als freiberuflicher Grafiker. Regisseur zu sein, das sei ein Traum seiner Jugend gewesen. Doch er habe nicht daran geglaubt, dass ihn eine Filmhochschule annehmen könnte.

Die Technik und das Handwerk brachte er sich selbst bei

Beruflich begann er erst 2005, Videos zu drehen, dem Jahr, in dem Youtube gegründet wurde. Damals filmte er für ein Fachmagazin eine Messe, bei der es um Special Effects im Film ging. Die Zeitschrift habe damals noch eine CD aufs Cover geklebt. Danach verwirklichte Link immer weniger Plakate und Flyer und immer mehr Videos. Inzwischen produziert Link Imagevideos für Unternehmen, aber auch kleine Erklärfilme zum Beispiel für Kinder zum Thema Müll. Außerdem filmt er Veranstaltungen.

Die Technik und das Handwerk brachte er sich selbst bei. Viel wichtiger sei ohnehin eine andere Qualifikation, die man an keiner Hochschule lernen könne, sagt er: sich auf die Menschen einzulassen, ihre Wünsche zu erkennen und sie am Ende von der besten ihrer Seiten zu zeigen - ohne zu übertreiben. "Film ist immer auch eine Lüge", sagt Link. Die Kunst ist wohl, dass man sie nicht erkennt.

© SZ vom 31.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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