Podiumsdiskussion zur Kommunalwahl in Garching:Auf Kuschelkurs in die Zukunft

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Großes Interesse an der Garchinger Politik: Knapp 600 Besucher sind zur Podiumsdiskussion der Bürgermeisterkandidaten gekommen. (Foto: Florian Peljak)

Ein Schwimmbad, eine Realschule - aber keine Hochhäuser: Bei der Podiumsdiskussion von SZ und Gewerbeverband in Garching beziehen die sechs Bürgermeisterkandidaten vorsichtig Position, wie sie sich die Zukunft der Stadt vorstellen. Die Konfrontation sucht keiner.

Von Sabine Wejsada, Garching

Der Spruch des Abends stammt von Bürgermeister Dietmar Gruchmann, 58, und er kommt ganz zum Schluss: "Bei mir kauft keiner die Katze im Sack, sondern Sie haben's erlebt in den vergangenen sechs Jahren, wie ich Garching führe", sagt der SPD-Politiker in seinem Schlusswort.

Er habe im Stadtrat immer den Kompromiss gesucht und versucht, das Machbare umzusetzen. Er habe keine Schulden gemacht und "mir sonst nichts zuschulden kommen lassen", versichert der Bürgermeister. Die Arbeit mache ihm Spaß und er würde gerne weitermachen, um all das, was angestoßen worden sei, fortzuführen und abzuschließen, wirbt der Amtsinhaber um die Gunst der knapp 600 Besucher, die am Montagabend zur Podiumsdiskussion des Garchinger Gewerbeverbandes und der Süddeutschen Zeitung ins Bürgerhaus gekommen sind.

Hans-Peter Adolf (Grüne)

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(Foto: Florian Peljak)

"Ich muss sagen: Mein Mitleid mit Grundstückseigentümern hält sich schwer in Grenzen. Wenn ich durch Nichtstun immer reicher werde und Millionen und Abermillionen scheffle, dann stellt sich schon die Frage, ob man nicht auch etwas zum Wohle der Allgemeinheit tun soll. Und deswegen muss die Sobon-Quote in Garching erhöht werden."

Jürgen Ascherl (CSU)

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(Foto: Florian Peljak)

"Ich bin studierter Diplom-Verwaltungsfachwirt und ich weiß, wie Verwaltung funktioniert. Und ich glaube, dass man die Verwaltung vielleicht in machen Bereichen anders lenken kann. Die Sobon-Quote ist Verhandlungssache des Bürgermeisters. Die 30 Prozent waren das Limit. Vielleicht kann der Herr Adolf besser verhandeln als der Herr Bürgermeister."

Bastian Dombret (FDP)

"Wahlkampf ist eine prima Gelegenheit zu zeigen, an welchen Themen man eigentlich arbeitet. Gerade wenn man aus der Außenseiterrolle kommt, ist es so extrem wichtig, zu demonstrieren, dass man gute Ideen hat und dass man tatsächlich für Garching brennt. Gerade in der Kommunalpolitik ist es ja wunderbar, dass die Partei gar nicht so eine große Rolle spielt."

Dietmar Gruchmann (SPD)

"Vor 30 Jahren hat der Bürgermeister Grundstücksgeschäfte noch per Handschlag machen können. Das geht heute alles nicht mehr wegen des Koppelungsgeschäfts. Da steht der Bürgermeister dann gleich mit einem Fuß im Gefängnis. Heute kommen die Grundstückseigentümer alle mit juristischem Beistand in die Gespräche. Auch steht EU-Recht im Raum."

Norbert Fröhler (Bürger für Garching)

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(Foto: Florian Peljak)

"Ich würde zum Beispiel eine Surfwelle bauen. Nein, im Ernst. Wir wollen einmal prüfen, ob's am Mühlenpark denkbar wäre. Ich gehe immer sehr projektbezogen in die Stadtratsarbeit. Was mir persönlich etwas gefehlt hat, ist mehr Elan beim Schwimmbad. Es ist nicht schnell genug gegangen, und da denke ich: Ich mach's selber und dann wird's was."

Harald Grünwald (Unabhängige Garchinger)

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(Foto: Florian Peljak)

"Die 30 Prozent Sobon-Quote muss nicht festgenagelt sein. Natürlich sagt man, der gibt seinen Acker her und wird Milliardär, aber es ist trotzdem ein Geben und Nehmen. Als Radfahrer freut es mich nicht, der Feinstaubfilter für die Lastwagen und die Autos zu sein. Garching hat mit Sicherheit noch viele Optionen, wo Radverkehr zu fördern ist."

Wenn es nach seinen insgesamt fünf Herausforderern geht, dann soll sich der Wunsch des Bürgermeisters nicht erfüllen. Hans-Peter Adolf (Grüne), Jürgen Ascherl (CSU), Bastian Dombret (FDP), Norbert Fröhler (Bürger für Garching) und Harald Grünwald (Unabhängige Garchinger) wollen Gruchmann bei der Wahl am 15. März den Bürgermeisterposten streitig machen. Oder ihn wenigstens in die Stichwahl zwingen, was angesichts der vielen Bewerber wahrscheinlich ist.

Um den ersten Job in der Universitätsstadt konkurrieren sechs Männer, den Garchinger Parteien und Gruppierungen ist es nicht gelungen, eine Frau zu motivieren, gegen Gruchmann anzutreten, wie SZ-Redakteurin Gudrun Passarge, die zusammen mit Redaktionsleiter Lars Brunckhorst die Runde moderiert, eingangs bedauernd feststellt. Aktuell sitzen vier der fünf Bewerber im Stadtrat, nur Norbert Fröhler nicht. Er hat im Januar 2015 sein Mandat aus familiären Gründen niedergelegt. Nun aber will er wieder zurück ins Rathaus, am liebsten ins Bürgermeisterbüro. Am Montagabend präsentiert sich der 52-Jährige als unabhängiger Macher, will ein "Bürgermeister für alle sein", wie er sagt. Ein Anspruch, den freilich alle Kandidaten, die an diesem Abend auf dem Podium sitzen, geltend machen dürften.

Ohnehin zeigt sich bei der Diskussion, dass unter den Bewerbern mehr oder weniger Konsens herrscht, was die Entwicklung der Stadt angeht, wie die Verkehrsbelastungen reduziert werden könnten und was die nötigen Anstrengungen beim Wohnungsbau und bei den Schulen angeht.

(Foto: oh)

Freier Platz im Gymnasium

Die Ansichten für eine sinnstiftende Stadtpolitik gehen nicht weit auseinander, die Wege dorthin unterscheiden sich nur in Nuancen. Die Kandidaten arbeiten sich an den Fragen der beiden Moderatoren ab: Wie soll sich Garching in Zukunft entwickeln? Wird es in nächster Zeit ein Schwimmbad geben und ein neues Haus für die Volkshochschule? Braucht die Stadt wirklich eine Realschule und wie steht es um Wirtschaft und Gewerbe? In Sachen Realschule herrscht Einigkeit darüber, dass Garching schon der richtige Standort ist. Und eine Idee, wo sie denn unterkommen könnte, gibt es bereits. Adolf, 63, verweist auf das Werner-Heisenberg-Gymnasium, in dem es künftig freien Platz geben wird, weil Ismaninger und Unterföhringer Kinder die Schulen an ihren Heimatorten besuchen. Mit einem Schulzentrum am Professor-Angermair-Ring "könnten wir die Vakanzen auffüllen", so Adolf. Ein Plan, der allen auf dem Podium gefällt. Was das für die Finanzkraft einer Kommune so wichtige Gewerbe anbelangt, wollen die Kandidaten unterschiedliche Wege gehen: Dombret spricht sich für höheres Baurecht auf bestehenden Flächen aus; Grünwald will einen Wirtschaftsreferenten im Rathaus installieren, Ascherl, 56, sieht den Bürgermeister in der Pflicht, "für Garching etwas rauszuholen". Der findet erwartungsgemäß, dass er das schon tut.

In der Publikumsrunde fragt ein Zuhörer nach der Vision, die jeder Bewerber hat: "Wie soll Garching 2030 aussehen?", will er wissen - und da fallen die Antworten nicht ganz so uniform aus. Ehrlich räumt FDP-Mann Dombret, der in der Diskussion durch erfrischende Offenheit auffällt, ein, dass er "keine Ahnung" habe, aber viel Lust, Garching zu gestalten, dass es "schön und lebenswert bleibt". Eine Aufgabe, die für alle auf dem Podium und den Stadtrat gelte, so der 40-Jährige. Die Entwicklung der Stadt sei nicht unabhängig von den Nachbarn zu sehen. Ihm sei wichtig, dass Garching 2030 immer noch über genügend Einnahmen verfüge - bei den Ausgaben allerdings müsse man genau hinschauen, "was wir alles untertunneln wollen".

Ein Ort frei von Lkw

Fröhler ist sich sicher, dass es in zehn Jahren ein Schwimmbad gibt, und hofft nach eigenen Worten darauf, dass die Mobilitätswende eingeleitet sei. Gruchmann ist überzeugt davon, dass Garching 2030 weiterhin eine Stadtgemeinschaft ist, "wo man den Großteil der Mitmenschen kennt und Gemeinschaft erlebt". Der Lastwagenverkehr soll bis dahin aus der Stadt verbannt sein und Hochhäuser wird es nicht geben, sagt der Bürgermeister. Nach den Worten von Grünwald soll Garching "wirtschaftlich erstarken", die Bürger müssten sich "dahoam" fühlen. Ascherl erwartet wie Gruchmann einen Lkw-freien Ort, er will dass die Versorgung mit Fachärzten dem Bedarf entspricht und eine unabhängige Energieversorgung.

Adolf, der den Abend über - anders als oft im Stadtrat - die Ruhe behält, erklärt, Garching sei 2030 CO₂-neutral, weil der ökologische Umbau in vollem Gange sei. Für den Grünen ist das die Riesenaufgabe für die Zukunft. Um sie zu bewältigen, müsse man städtebaulich neue Wege gehen. "Das, was wir heute bauen, bleibt 80 Jahre stehen", sagt Adolf. Da brauche es besondere Umsicht und Nachhaltigkeit.

© SZ vom 19.02.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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