Ottobrunn:"Für uns als Verein wäre das natürlich eine Katastrophe, wenn kein Eis gemacht würde"

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Stolz sind sie beim Eis- und Rollsportclub Ottobrunn auf ihren neuen Plastikbelag im Stadion, der einen durchgängigen Betrieb von Frühjahr bis Herbst ermöglicht - und dann normalerweise durch richtiges Eis ersetzt wird. (Foto: Ersco Ottobrunn)

Eigentlich wünscht sich der ERSC Ottobrunn ein zweites Stadion, am besten mit einem Dach darüber. Momentan aber stellt sich eher die Frage, ob angesichts der Energiekrise im September die Kühlung für das bestehende überhaupt angeworfen wird.

Von Martin Mühlfenzl, Ottobrunn

Der neue Boden aus Kunststoff hält schon etwas aus. 100 Kinder und Jugendliche zum Beispiel in voller Montur beim Training, aber auch 500 feiernde Erwachsene samt Bierzeltgarnituren wie unlängst bei den Feierlichkeiten zum 50-jährigen Bestehen des Eis- und Rollsport-Clubs Ottobrunn (Ersco). Stolz sind sie beim Ersco, wie sie im Verein selbst sagen, auf den neuen Belag im Eisstadion am Haidgraben, für den sie so lange gekämpft haben, und der dem Verein nun durchgängig Trainingsmöglichkeiten vom Frühjahr bis in den Herbst hinein ermöglicht - bis das Eis kommt. Wenn es denn kommt.

"Für uns als Verein wäre das natürlich eine Katastrophe, wenn kein Eis gemacht würde", sagt Zweiter Vorsitzender Michael Guggenberger. Die Energiekrise stellt in diesen Tagen so einiges in Frage - etwa auch, ob im einzigen Eisstadion des Landkreises München Mitte September die Kühlung angeworfen wird. Und wie ein Verein damit umgeht.

Leistung zählt genau so wie Breitensport: Der Nachwuchs lauscht dem Trainer. (Foto: ERSCO Ottobrunn)

Der Ersco ist ein aufstrebender Klub im Freistaat. "Unter den Top Fünf in Bayern, wenn es um den Zuwachs geht. In den vergangenen fünf Jahren haben wir trotz Corona enorm zugelegt", sagt Guggenberger, der die U-15-Junioren trainiert. Die Eishockeycracks spielen in der Landesliga, wie auch die Männer, die erst im März aufgestiegen sind. Beim Ersco, wo neben Eishockey auch Eiskunstlauf und Eisschnelllauf trainiert wird, setzen sie neben dem Breitensport auch auf Leistung - und das hat auch Folgen. Im Verein herrscht derzeit ein Aufnahmestopp, alleine in der vergangenen Saison musste der Klub 60 Kindern eine Absage erteilen, die eigentlich das Training aufnehmen wollten - über alle Sparten hinweg. "Alleine bei der U 15 haben wir vier Kindern sagen müssen, in Ottobrunn geht es nicht weiter", berichtet Coach Guggenberger. Der Grund ist ein sehr einfacher: Die Kapazitäten im Eisstadion sind noch immer wahnsinnig begrenzt. Ein Ausfall des Eises im Winter wäre da tatsächlich der Worst Case.

In diesem Sommer aber läuft erst Mal eine neue Testphase, wie Guggenberger sagt - dank des neuen Bodens, der dem Ersco ganz neue Möglichkeiten eröffnet. Wenn es früher geregnet hat, konnte auf dem Betonboden im Eisstadion zwei Tage lang nicht trainiert werden, weil der zu rutschig war. Jetzt liegt auf der Fläche ein etwas mehr als 60 000 Euro teurer, rutschfester Belag, der den gesamten Sommer über bis in den Herbst hinein durchgängig Trainingsmöglichkeiten eröffnet. Aber das reicht immer noch nicht. Eigentlich, so Guggenberger, benötigt der Verein eine zweite Eisfläche, von der auch der gesamte südöstliche Landkreis München profitieren würde.

Im September wird der neue Kunststoff-Boden vom Ottobrunner Bauhof abgebaut und eingelagert. Dann soll eigentlich die Kühlung angeworfen werden, um die Eisfläche herzustellen. Fast ein bisschen spät im Vergleich mit anderen Vereinen. Bei den Starbulls Rosenheim zum Beispiel wird schon seit Anfang August im Stadion auf Eis trainiert, während draußen die Hitze brütet. Auch beim EHC Klostersee in Grafing kurven sie längst auf Eis. Doch nicht wenige stellen sich die Frage, ob das im Lichte des Klimawandels und der Energiekrise noch zeitgemäß ist. Michael Guggenberger sagt, die Frage nach der Sinnhaftigkeit werde immer wieder aufgeworfen. "Nicht erst seit heute, sondern seit 20 Jahren. Aber wenn man da jetzt anfängt, muss man aufhören, den Sport zu betreiben", so der Coach. Aber natürlich spiele die Frage der Energieeffizienz eine große Rolle und treibe ihn auch um, so Guggenberger.

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Planegg diskutiert über eine Kunststoffbahn

Wie übrigens auch die Planegger Gemeinderäte, die sich an diesem Donnerstag, 18. August, im Ferienausschuss mit der Frage beschäftigen werden, wie das beliebte "Eiswunder" am Feodor-Lynen-Gymnasium künftig aussehen soll. Konkret wird es darum gehen, ob die Eisfläche wie bisher konventionell mit Strom hergestellt werden oder ob die Gemeinde eine Bahn aus Kunsteis anschaffen soll. Eine solche Fläche, die ohne Strom und Wasser auskommt, könnte auch bei wärmeren Temperaturen genutzt werden.

Über die Zukunft des Eiswunders in Planegg wird an diesem Donnerstag entschieden. (Foto: Florian Peljak)

Die Diskussion ums Energiesparen erreicht also auch den Sport. Und der will nicht tatenlos daneben stehen. Klar, die Erzeugung einer Eisfläche verbrauche viel Strom, sagt der Ottobrunner Guggenberger, wie viel genau könne er aber nicht konkret sagen; die Instandhaltung der Eisfläche sei in der Folge aber nicht mehr so energieintensiv. Es gebe aus seiner Sicht aber eine Möglichkeit, das Eis quasi klimaneutral herzustellen - und da ist er auch schnell wieder bei einer zweiten Eisfläche. Mit einer Photovoltaikanlage könne eine Eisfläche nahezu autark betrieben werden, eine Fläche von einem Hektar würde ausreichen, um den Energiebedarf zu decken, sagt Guggenberger. Und auch eine zweite Eislaufbahn sei aus seiner Sicht schnell zu realisieren: "Mit einer mobilen Eisfläche und einer Traglufthalle darüber. Das kannst du innerhalb von zwei Monaten aufstellen."

Allein in Ottobrunn fehlen dafür - noch - die geeigneten Grundstücke. Die flächenmäßig kleinste Kommune des Landkreises ist arm an eigenen Arealen. Daher träumt Guggenberger von einer größeren Lösung. "Intrakommunal, landkreisweit", sagt er. "Da ist schon auch die Politik in der Pflicht. Eine solche Fläche kann man ja für alles nutzen. Für Veranstaltungen, Konzerte, Kultur, oder man stellt im Sommer ein Beachvolleyballfeld drauf." Und im Winter kommt dann das Eis, erzeugt durch grünen Strom aus der Solaranlage gleich nebenan.

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