Oberhaching:Schnellweg mit Bremsklötzen

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Der erste Teil der sogenannten Radhauptverbindung vom Landkreissüden nach München wird eröffnet

Von Iris Hilberth, Oberhaching/Sauerlach

Warum lange auf Machbarkeitsstudien warten? Oberhachings Bürgermeister Stefan Schelle (CSU) ist als Pragmatiker bekannt und will Pendler so schnell wie möglich zum Umsteigen aufs Fahrrad bewegen - mit einer flotten Radverbindung aus dem Süden des Landkreises in Richtung München, die über bereits vorhandene Wegen verläuft. Doch so schnell wie gedacht, geht es doch nicht. Viereinhalb Jahre ist es her, dass Schelle seine Amtskollegen aus den Nachbargemeinden Sauerlach, Taufkirchen und Unterhaching zusammentrommelte und den raschen unbürokratischen Weg zum schnellen Radweg ausrief. Doch jäh wurden Bürgermeister und Landkreis mehr als einmal ausgebremst. An diesem Mittwoch, 4. Dezember, nun kann das erste Teilstück zwischen Sauerlach und Deisenhofen eröffnet werden.

Die Sache hörte sich eigentlich ganz einfach an: Es werden Wege entlang der S-Bahn und durch den Perlacher Forst bis nach Harlaching und hinüber zur Großhesseloher Brücke asphaltiert und schon kann man das ganze Jahr über mit dem Fahrrad oder E-Bike den Weg zur Arbeit, zur Uni oder in die Schule zurücklegen. Dass daraus ein echter Radschnellweg würde, davon haben sich Schelle und schließlich auch der an dem Projekt beteiligte Landkreis München, der die Finanzierung übernommen hat, schnell verabschiedet. Zu hoch sind die Hürden der baulichen Vorschriften, um einer Strecke diese offizielle Bezeichnung geben zu dürfen. Allein an der vorgegebenen Breite scheitert ein solches Vorhaben an vielen Stellen.

Als schwierig erwiesen sich selbst bei der abgespeckten Variante die Verhandlungen mit den Bayerischen Staatsforsten und der Deutschen Bahn, die beide bei diesem Projekt ein Wörtchen mitzureden hatten. "Radhauptverbindung" nennt sich inzwischen die Trasse, die irgendwann einmal von der südlichen Landkreisgrenze bei Arget bis zum Giesinger Waldhaus führen soll und Zubringer aus den Orten entlang der Strecke benötigt. Im August dieses Jahres war Baubeginn für den fünf Kilometer langen Abschnitts Sauerlach bis Deisenhofen inklusive der Querverbindung nach Lanzenhaar zur Kapelle St. Ulrich.

Dass der verbesserte Radweg ausgerechnet zum Winterbeginn fertig wird, soll die Attraktivität der optimierten Schnellfahrstrecke nicht schmälern. Denn mit dem Ausbau ist es für die Gemeinden nun auch möglich, den Winterdienst auf die drei Meter breite Strecke zu schicken und die neue "Radhauptverbindung" zu räumen. Schelle geht davon aus, dass dieses Verbindung eine noch größere Bedeutung erlangt, wenn am Bahnhof Deisenhofen der Schulcampus entsteht.

Auch für den nördlichen Verlauf in Richtung München ist Oberhaching ein Stück weiter gekommen. Wie Schelle vergangene Woche bei der Bürgerversammlung erläuterte, ist eine Lösung für die Schlüsselstelle an der sogenannten Nussbaumranch gefunden worden. Hier führt die Radverbindung in einer engen Kurve unter der Bahn hindurch, der Untergrund ist holprig und in so schlechtem Zustand, dass er als Unfallschwerpunkt bekannt ist. Die Privateigentümer dieses Abschnitts hatten daher Verbotsschilder für Radfahrer aufgestellt. Schelle hat einen Umbauplan für dieses Ecks vorgelegt, der die Sache entschärfen soll; auch die Familie Nussbaum sei mit dieser Lösung einverstanden, so der Bürgermeister.

Eine Problemstelle befindet sich zudem an der Kugleralm. Weil am Biergarten sehr viele Fußgänge oder langsam radelnde Familien mit Kindern unterwegs sind, hat die Gemeinde Oberhaching inzwischen allerlei Versuche unternommen, allzu schnellen Radfahrer hier auszubremsen. Das neue Tempo 10 gilt hier auch für Radler; gleichwohl, so der Bürgermeister, hielten sich viele "Kampfradler" nicht daran. Mit Kopfsteinpflaster und roten Markierungen sollen sie zusätzlich animiert werden, die Bremsen zu betätigen.

"Neue Rad- und Fußgängerverbindungen zu schaffen, ist wichtig und richtig", hatte Landrat Christoph Göbel (CSU) beim Spatenstich des ersten Abschnitts gesagt, ebenso wesentlich sei aber der Ausbau des bestehenden Radwegenetzes - "wo dies möglich und sinnvoll ist". Dass das nicht immer ganz einfach ist, hat zuletzt die CSU Unterhaching hinnehmen müssen. Sie hatte angeregt, den Scheilweg parallel zur Isartalstraße als kombinierten Geh- und Radweg auszubauen, auch weil diese Strecke als Unterhachinger Zubringer zur "Radhauptverbindung" vorgesehen ist. Derzeit müssen die Radfahrer vom Ortspark kommend auf die Isartalstraße wechseln, weil der westliche Teil des Scheilwegs ausschließlich für Fußgänger vorgesehen ist.

"Zu gefährlich", sagt die Unterhachinger CSU und berichtet von zahlreichen brenzligen Situation, die Anwohner hier beobachteten. "Kein Problem" hingegen findet die Verwaltung und verweist darauf, dass es noch keinen Unfall gegeben habe. Hauptschwierigkeit bei einer möglichen Umsetzung der CSU-Idee ist jedoch die Grundstücksfrage. Die ist oftmals Bremsklotz beim Radwegebau. Auch in Unterhaching hat die Gemeinde die fehlenden Quadratmeter neben dem Scheilweg nicht bekommen.

© SZ vom 02.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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