Kommentar:Nicht hinter Gutachten verstecken

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Gemeinderäte sind gewählt, um Entscheidungen zu treffen. Das sollten sie tun - manchmal auch ohne Expertenmeinungen und Machbarkeitsstudien.

Von Iris Hilberth, Oberhaching

Nun wird es also doch keine Fahrradstraße in Oberhaching geben. Zumindest nicht auf der Linienstraße. Das ist keine große Überraschung. Denn betrachtet man sich diese Verbindung entlang der Bahnstrecke, indem man einfach mal dort entlang fährt - egal ob mit dem Auto oder dem Rad - wird schnell deutlich: Das kann hier nicht funktionieren. Die Oberhachinger wissen das auch ohne Ortstermin, die kennen ihre Straße. Zu viele Einmündungen, zu viele Einfahrten, als dass hier nur noch Fahrräder fahren dürften. Und eine unechte Fahrradstraße, auf der auch Autos geduldet werden, wäre eine sehr zweifelhafte Verbesserung für Radfahrer. Eine Machbarkeitsstudie braucht man für solche Erkenntnisse eher nicht.

Und doch haben die Oberhachinger eine derartige Expertise in Auftrag gegeben, 48 Seiten lang, sehr detailliert. Bei solch einem Aufwand könnte man fast meinen, es sollte geprüft werden, ob man eine achtspurige Autobahn durch den Ort bauen möchte. Nein, es ging nur um eine Fahrradstraße, um mögliche Einbahnstraßenregelungen, die eh keiner will, und um viele Schilder, die man aufstellen müsste. Jetzt können sie immerhin den schriftlichen Nachweis im Rathaus abheften, dass die Idee einer Fahrradstraße doch nicht so gut ist und man es besser lässt. Sollte also wieder mal jemand einen solchen Vorschlag machen, kann man auf die Experten verweisen.

Den Aufwand und das Geld hätte man sich sparen können. Der Erkenntnisgewinn hält sich arg in Grenzen. Allerdings ist Oberhaching mit dem Einholen von Expertenmeinungen bei Entscheidungen, die ein Gemeinderat locker ohne externe Fachleute treffen könnte, nicht alleine. Allerorts werden Planungsfirmen und Stadtentwicklungsbüros mit Gutachten, Studien und Umfragen beauftragt, selbst wenn es nur um 30 Meter Fußweg geht. Sinn ergibt das aber nur bei wirklich großen Vorhaben. Doch offenbar ist die Angst unter den Kommunalpolitikern groß, jemand könnte ihnen vorwerfen, Mist entschieden zu haben. Wer sich auf Experten berufen kann, wähnt sich auf der sicheren Seite. Dabei ist der Gemeinderat dafür gewählt, Entscheidungen zu treffen. Und das sollte er sich auch zutrauen. Manchmal sogar ohne Machbarkeitsstudie.

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