Johannes Schöb scheint ein entspannter Mann zu sein. "Ich warte einfach mal ab, was mir entgegenschlägt", sagte der Chef einer gleichnamigen Projektentwicklungsgesellschaft aus Kempten kurz vor der Gemeinderatssitzung in Grasbrunn, in der er sein Vorhaben eines Fachmarktzentrums an der B 304 erstmals der Öffentlichkeit präsentierte. Die Anwohner waren dennoch schon vorab informiert, unter anderem über Flugblätter, und somit zahlreich erschienen. Im Bürgerhaus war kaum ein Sitzplatz zu bekommen, selbst von der Empore blickten Bürger auf diesen hartnäckigen Mann aus dem Allgäu, der seine Idee erstmals vor sechs Jahren an Bürgermeister Klaus Korneder (SPD) herangetragen hatte.
"Normalerweise kommen Projektentwickler zu mir, erzählen mir von ihren Ideen und ich weise sie dann auf die Problemfelder hin", sagte Korneder. "Wie etwa Lärmschutz, Verkehr und eben ein Bannwald." Und normalerweise verschwinden die Investoren dann wieder. Nicht so Schöb. Er entwickelte Lösungen - oder das, was er als Lösungen bezeichnete. Wie etwa zwei weitere Linksabbiegespuren an der Kreuzung, von der Waldbrunner Straße stadteinwärts sowie von Ebersberg in die Waldbrunner Straße.
Seit 1996 entwickelt Schöb mit seiner Firma laut eigener Angabe Projekte wie diese. Anstelle des im Moment noch schützenswerten Bannwaldes zwischen Bundesstraße und Luisenweg könnten sich seiner Absicht nach in ein paar Jahren eine Fastfoodkette, ein Supermarkt, ein Discounter, ein Drogeriemarkt und eine Tankstelle ansiedeln. Für Ausgleichsfläche werde er sorgen, versprach der Projektentwickler den Grasbrunnern, auch an Lärmschutz sei gedacht. Durch die Blockbebauung diene die Gewerbefläche selbst als Lärmschutzwall für die dahinter liegenden Anwohner aus dem Luisenweg. Ein weiterer Vorteil laut Schöb: die Nahversorgung der Gemeinde werde gewährleistet, wodurch weniger Verkehr entstehe, weil die Grasbrunner, insbesondere aus dem Ortsteil Neukeferloh, für ihre Einkäufe nicht mehr in die umliegenden Gemeinden fahren müssten. Soweit so gut. Doch was wollen die Anwohner? Und was will die Gemeinde?
Für das Gewerbegebiet müssten Zehntausende Quadratmeter Wald gerodet werden
"Eine Tankstelle an der Stelle muss ich nicht haben", sagte Bürgermeister Korneder, "ebenso wenig wie ein Fast-Food-Restaurant", wofür er erleichterten Beifall von den Zuhörern bekam. Es gebe genug Tankstellen in der näheren Umgebung, eine weitere an dieser Stelle würde dazu führen, dass viele von der nahen Autobahnabfahrt abfahren, was zu mehr Lärm, Verkehr und Emissionen führe. "Einen Tanktourismus will ich auf jeden Fall vermeiden", bekräftigte Korneder im Gespräch mit der SZ. Was die Nahversorgung angeht, sehe er dagegen durchaus Potenzial, gebe es doch außer dem Edeka an der Kfz-Zulassungsstelle keine weiteren Einkaufsmöglichkeiten in Neukeferloh. Diskutieren könne man seiner Meinung nach daher über die Pläne.
Das sahen viele Gemeinderatsmitglieder anders. Max Walleitner (Grüne) wies darauf hin, dass der Bannwald nach dem Bayerischen Waldgesetz nur abgeholzt werden dürfe, wenn zwingende Gründe des allgemeinen Wohls dafür sprächen. Das sehe er hier nicht. Vielmehr drohten zusätzlicher Lärm und Emissionen. Auch sei die beabsichtigte Neuversiegelung von 20 000 Quadratmeter der insgesamt 35 000 Quadratmeter großen Fläche im Hinblick auf den Klimawandel bedenklich. Walleitner kündigte an, Grüne wie Bund Naturschutz, deren Ortsvorsitzender ist, würden sich gegen das Vorhaben zur Wehr setzen.
Auch Ursula Schmidt von der SPD-Fraktion sah das ähnlich. Die Verkehrslage sei alles andere als geklärt. Davon abgesehen würden nur etwa 30 bis 40 Prozent der Kunden aus der Gemeinde kommen, die restlichen 60 bis 70 Prozent von auswärts. "Müssen wir wirklich Märkte für Auswärtige bereitstellen?", fragte Schmidt.
Die Bevölkerung kam an diesem Abend nicht zu Wort. Doch in Flugblättern, die vorher am Ort verteilt wurden, heißt es: "Hände weg vom Bannwald in Neukeferloh!" Josef Mück, der für die Flugblätter verantwortlich ist und selbst Anwohner an der Luisenstraße, sagte nach der Sitzung zur SZ: "Wir sind schon vom Verkehr eingekesselt." Bedarf an neuen Geschäften sieht er nicht. "Wir haben hier doch alles: einen Bäcker, einen Metzger, einen Edeka und eine Tankstelle." Für alles Weitere sei man schnell in den Nachbarorten, etwa in Haar, in Vaterstetten oder Putzbrunn.
Projektplaner Schöb blieb bis zum Ende der Diskussion entspannt. "Das plätschert schon seit sechs Jahren vor sich hin", sagte er, da komme es auf ein paar weitere Jahre nicht an. Als nächstes plant er eine Veranstaltung für die Bürger, bei der diese sich zu Wort melden können. Danach will er entscheiden, ob er einen Bauantrag stellt.