Tierquälerei:20 Katzen zwischen Kot und Kadavern

Lesezeit: 2 min

"Hanuta" haben die Tierschützer eine der geretteten Katzen getauft, die nun im Tierheim in Riem wieder aufgepäppelt wird. (Foto: Tierschutzverein München)

Veterinäramt und Tierschutzverein befreien die verwahrlosten Tiere aus einem unbewohnten und völlig verdreckten Haus nahe Grünwald.

Von Angela Boschert, Grünwald

Ein Gestank von Kot, Ammoniak und Verwesung - das war das erste, was den Mitarbeitern des Veterinäramts entgegen schlug, als sie ein Haus nahe Grünwald betraten. Die Veterinäre haben schon viel bei ihrer Arbeit erlebt, aber das Elend, auf das sie bei ihrem jüngsten Einsatz stießen, hat sie nachhaltig schockiert. In ihrem Haus inmitten einer Wohnsiedlung hatte eine Frau mittleren Alters 20 Katzen eingesperrt. Diese mussten inmitten von Dreck, Kot, leeren Fressnäpfen und sogar zwei Tierkadavern hausen. Körperlich unversehrt, aber völlig verstört versuchten einige Tiere verzweifelt, durch die Haustür zu entkommen, als Mitarbeiter des Tierschutzvereins eintrafen. Die Katzen wurden ins Tierheim nach München-Riem gebracht.

"Das war einer der schlimmsten Einsätze unserer Kollegen", sagt Kristina Berchtold, die Pressesprecherin des Tierschutzvereins und Riemer Tierheims. Ihre Inspektoren müssten "schon erschreckend oft" Tiere aus Messie-Haushalten retten - zuletzt im Juli dieses Jahres bei einer Wohnungsräumung im Südosten von München, aber da habe die Eigentümerin noch mit in der Wohnung gelebt. Der jetzige Fall sei jedoch extrem. Die Tiere haben vermutlich monatelang allein in dem Gebäude gehaust.

Vermüllt und verdreckt: die Küche des Hauses nahe Grünwald. (Foto: Tierschutzverein München)

Er kam ans Tageslicht, weil Tierschutzverein und Veterinäramt vergangenen Mittwoch einem anonymen Hinweis nachgingen, der zunächst harmlos klang: Jemand füttere immer mehr streunende Katzen an, einige von ihnen wirkten zunehmend kränklich, inzwischen seien es wohl 15 bis 20 Stück - so lautete die Mitteilung. An Ort und Stelle bot sich den Helfern eine Tierquälerei nicht geahnten Ausmaßes dar.

Die Tür des Hauses war mit einem Stock blockiert worden. Beim vorsichtigen Öffnen der Tür streckten sich den Rettern durch den kleinen Spalt schon hilfesuchende Pfoten entgegen. Direkt im Eingangsbereich lag ein Tablett mit zahlreichen ungefüllten Näpfen, leeren sowie verschlossenen Futterdosen und zwei Katzenkadavern. Die Fußböden des rudimentär eingerichteten Hauses waren übersät mit Kot, Katzenhaare flogen in Büscheln umher.

Die Hauseigentümerin zeigt sich uneinsichtig

Der Einsatz sei für die erfahrenen Retter nicht ungefährlich gewesen, heißt es von Seiten des Tierschutzvereins. Immer wieder seien sie beinahe gestürzt oder mit den Überziehschuhen am Untergrund kleben blieben. Der Gestank nach Verwesung und Kot habe die Helfer trotz Schutzmasken gezwungen, immer wieder an die frische Luft zu gehen.

Bei ihrem Kommen hätten die Katzen verstört und panisch reagiert, schildern die Tierschützer. Die Katzen seien kaum zu beruhigen gewesen. Tiere, die nicht versuchten, nach draußen zu fliehen, versteckten sich in den hinteren Räumen. Die Katzen - an und für sich reinliche und geruchssensible Tiere - hätten während ihrer Gefangenschaft sogar noch versucht, an einheitlichen Plätzen ihre Notdurft zu verrichten und so stubenrein zu bleiben.

Der Gestank ist so unerträglich, dass die Mitarbeiter des Tierschutzvereins trotz Schutzmasken immer wieder an die frische Luft müssen. (Foto: Tierschutzverein München)

Woher die Tiere stammen, ist ungewiss. Die Hauseigentümerin behauptet laut Tierschutzverein, sie wären aus der Umgebung angefüttert worden und ihr zugelaufen. "Das ist wohl kaum glaubhaft", sagt dazu Vereinssprecherin Berchtold. Berichte von Nachbarn sowie zahlreiche saubere Transportboxen erwecken nach Ansicht der Fachleute eher den Verdacht, dass es sich teilweise um Abgabekatzen von Internetplattformen handelt, ebenso wie um Fundtiere.

Überhaupt habe sich die Tierhalterin uneinsichtig gezeigt, so Berchtold. Als sie auf die Inspektoren traf, habe sie behauptet, den Tieren Wasser geben zu wollen. Auf die Frau, die längst woanders wohnt, wartet ein Tierhalteverbot. Ob auch ein Bußgeld, muss das Veterinäramt entscheiden, es hat dazu aber noch keine Auskunft gegeben. Dass so lange niemand die Tierquälerei bemerkt hat, liegt nach Ansicht von Berchtold vermutlich daran, dass sich die Frau absolut unauffällig verhalten habe.

Newsletter abonnieren
:München heute

Neues aus München, Freizeit-Tipps und alles, was die Stadt bewegt im kostenlosen Newsletter - von Sonntag bis Freitag. Kostenlos anmelden.

Aktuell sind die Tiere noch in Quarantäne und erholen sich im Tierheim München von ihrem Elend. Einige haben nach Auskunft des Heims noch Durchfall, andere seien körperlich unversehrt, aber sehr scheu. Sie genössen merklich die Zuwendung der Pfleger, sagt Berchtold. Diese hätten ihnen im wahrsten Sinne des Wortes "süße" Namen gegeben. Doch wünschen sich Milky Way, Knoppers, Hanuta, Brownie, Pudding, Twix und die anderen laut Tierschutzverein jetzt eine liebevolle neue Heimat. Informationen dazu und wie man den Tierschutzverein unterstützen kann, gibt es unter www.tierschutzverein-muenchen.de.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

SZ PlusMaskenverweigerin vor Gericht
:Die Welt der Frau S.

Keine Maske, kein Job: Eine Lehrerin erscheint nicht mehr an ihrer Schule - und stattdessen auf Querdenker-Demos. Nun will der Freistaat Bayern sie entlassen. Und mit einem Mal fühlt sie sich missverstanden.

Von Ben Bergleiter, Viktoria Spinrad und Thomas Stöppler

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: