Landtagswahl: CSU-Kandidat Ernst Weidenbusch:Der Gejagte

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Hund und Herrchen in ihrem Revier: Der Haarer Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch mit Finn vom Hellbachtal, genannt Finzi, einem Griffon Korthals, auf der Jagd in Garching. (Foto: Stephan Rumpf)

Ernst Weidenbusch ist seit 15 Jahren Abgeordneter des Stimmkreises München-Land Nord. In dieser Zeit hat er sich erfolgreich auf seinen Instinkt und sein Temperament verlassen. Jetzt sieht sich der Hobbyjäger auf einmal in der Defensive.

Von Sabine Wejsada, Haar

Finzi kann es kaum erwarten, endlich aus der Hundebox im Kofferraum zu entkommen. Ernst Weidenbusch öffnet die Heckklappe seines Geländewagens und der Vierbeiner springt heraus. Ab geht's über die Wiesen und Felder in Isarnähe bei Dietersheim nördlich von Garching. Der französische Jagdhund, ein Griffon d'arrêt à poil dur, hierzulande als Griffon Korthals bekannt, saust wie der Wind umher. Sein Herrchen, stilecht gekleidet in Jägergrün und mit geländegängigen Schuhen, geht ruhigen Schrittes den Weg zur Isar entlang. Hier ist der CSU-Landtagsabgeordnete aus Haar in seinem Revier. Zumindest fast. Der Jagd- und Hegegrund gehört einem Freund.

"Die Rechtsextremisten nerven mich", sagt er

Weidenbusch, Abgeordneter des Stimmkreises München-Land Nord, stellvertretender Landrat, anerkannter Finanzexperte im Landtag und Mann der klaren Worte, ist Jäger aus Leidenschaft. Vor 14 Jahren hat er zusammen mit seiner Frau Claudia das Hobby für sich entdeckt, seit 15 Jahren sitzt er als Stimmkreisabgeordneter für den nördlichen Landkreis im Maximilianeum - und diese Arbeit will er nach dem 14. Oktober weitermachen. Dass seine CSU bei der Landtagswahl nach aktuellen Umfragen einer klaren Niederlage entgegen geht, lässt Weidenbusch freilich nicht kalt. Aber so richtig aufregen mag er sich darüber auch nicht. Das seien nur Prognosen. "Ich verlasse mich auf mein Gefühl", sagt er. Wie's wirklich ausgeht, weiß man erst am Wahlabend.

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Auch wenn er das so natürlich nicht unterschreiben würde, ist dem CSU-Mann womöglich durchaus etwas bang, sollte die CSU derartige Verluste hinnehmen müsste, wie Meinungsforscher vorhersagen. Dass Weidenbusch Mitte September im Alleingang Plakate mit dem Spruch "Wer ihn kannte, weiß: Franz Josef Strauß würde niemals Nazis wählen" drucken ließ und sie selbst aufhängte, zeugt davon, dass es ihm reicht. In Anspielung auf die "Strauß würde AfD wählen"-Poster der Rechtsaußenpartei wollte er klare Kante zeigen, erklärt der 55-Jährige seine Aktion.

Ein gutes Stichwort für den für seine Wortgewalt und sein von Zeit zu Zeit überbordendes Temperament bekannten Stimmkreisabgeordneten. Mit seinen politischen Gegnern ist Weidenbusch nicht zimperlich, ebenso wenig mit Leuten, die der demokratischen Grundordnung in diesem Land nichts abgewinnen können. "Die Rechtsextremisten nerven mich", sagt er.

Das Direktmandat im Landkreisnorden ist seit Jahren in CSU-Hand

Gegenkandidaten im laufenden Wahlkampf übrigens auch, wenn sie seiner Meinung nach Dinge behaupten, die nicht stimmen. Da kann auch schon einmal der Gaul mit ihm durchgehen. Weidenbusch glaubt fest an seinen Sieg; "Ich habe 15 Jahre lang eine ordentliche Arbeit gemacht", sagt der Landtagsabgeordnete, der im Landkreis-Norden verwurzelt ist, aber in seiner Funktion als Stellvertreter von Landrat Christoph Göbel (CSU) den Landkreis in seiner Gänze kennt.

Das Direktmandat im Stimmkreis 123 ist seit Jahrzehnten fest in CSU-Hand; 2013 holte Weidenbusch knapp 43 Prozent der Erststimmen. Ein Ergebnis, das sich wiederholen lässt? Zweifel mag der CSU-Kandidat nicht aufkommen lassen. Wie gesagt, das Gefühl. Von der Kanzel des Hochstands in mehr als sechs Metern Höhe schaut Weidenbusch ins Land.

Sein Lieblingsort, nicht nur in stürmischen Wahlkampfzeiten. Ruhe, Entspannung, Entschleunigung - all das sei hier möglich, sagt er fast ein bisschen versonnen und langt dann ganz schnell zum Feldstecher. Doch an diesem Abend vor der Landtagswahl lässt sich kein Wild blicken. Nicht einmal ein Fasan oder ein Feldhase will den geübten Blick des Instinkt-Politikers kreuzen. "Gar nicht schlimm", sagt er und lehnt sich zurück. Die paar ruhigen Stunden wirken wohl in diesen aufreibenden Wahlkampfwochen. Schlechte Umfrageergebnisse, AfD-Provokationen, Chemnitz - da schadet es nicht, für sich zu sein. Und bei sich.

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Weidenbusch, der von sich selber sagt, dass er "goschad" sei, also kein Blatt vor den Mund nimmt, wirkt nachdenklich im Hinblick auf die landauf, landab geführte Diskussion über Flüchtlinge, angeblich das Hauptthema für die Menschen. "Wir hier im Landkreis haben das gut gemacht", sagt er und weiter: "Der Christoph hat das gut gemacht." Gemeint ist der Landrat. Ihn selbst als Stimmkreisabgeordneten im Norden treiben nach eigenen Worten ganz andere Dinge um: Altersarmut, Wohnungsnot, Verkehr. Und Bildung natürlich.

Der Jägerstand bietet Zeit zum Reflektieren

"Ich habe drei Gymnasien in den Landkreis-Norden gebracht", lobt er sich. Weitere sollen folgen. Es gebe also viel zu tun für ihn im Landtag, betont er, um dann gleich wieder das Fernglas zu zücken und dorthin zu blicken, wo irgendwas geraschelt hat. Doch wieder nichts. Der Abend bleibt ruhig. Fast vier Stunden in der Stille, die unendlich Raum und Zeit zum Nachdenken bieten. Und das Reflektieren - vor allem über sich selbst - kann wahnsinnig produktiv sein. "So ergiebig, dass ich ganz entspannt nach Hause fahren kann, auch ohne etwas erlegt zu haben", hat Ernst Weidenbusch, der Jäger, einmal gesagt.

Zurück vom Hochstand, wartet seine Frau Claudia, selber passionierte Jägerin, am verabredeten Treffpunkt. Im Kofferraum sitzt der Hund und bellt, weil das Herrchen endlich zurück ist und gleich die Heckklappe öffnet: Der bald vier Jahre alte Rüde, der mit ganzem Namen eigentlich "Finn vom Hellbachtal" heißt, springt raus, dreht noch ein paar Runden. Und dann geht es heim. Für den Kandidaten, seine Frau und Finzi, der so heißt, weil Claudia und Ernst Weidenbusch sich gar nicht haben vorstellen wollen, wie die Jagdfreunde gelacht hätten, hätte man den Griffon Korthals stammbaumgemäß vorgestellt. "Komm jetzt, Finzi", sagt der CSU-Politiker und herzt den Vierbeiner.

Zur Landtagswahl stellt die SZ die Direktkandidaten der sieben größten Parteien im Landkreis vor. Alle Porträts sind hier nachzulesen.

© SZ vom 11.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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