Kreis und quer:Schockverliebt

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Markus Söder geht es mit dem Landkreis München offenbar wie Thomas Tuchel - anfangs - mit dem FC Bayern.

Kolumne von Martin Mühlfenzl, Landkreis München

Wann genau Markus Söder seine Liebe zum Landkreis München entdeckt hat, ist nicht ganz klar. Möglicherweise vor acht Jahren, als der Söder, damals noch als Finanzminister, Grasbrunn zum Titel "geografischer Mittelpunkt Oberbayern" gratulierte. Im Mittelpunkt - da sieht sich Bayerns Ministerpräsident ja selbst gerne. Wahrscheinlicher aber ist, dass sich Söder bei seinem Amtsantritt - wie viele Jahre später der Noch-Trainer Thomas Tuchel in den FC Bayern - "schockverliebt" hat in den Landkreis. Manchmal scheint er diesen Landstrich um die Landeshauptstadt München jedenfalls mit seiner Zuneigung fast erdrücken zu wollen.

Bei seiner ersten Regierungserklärung im Jahr 2018 beschenkte Söder München-Land etwa mit dem Raumfahrtprogramm "Bavaria One" in Ottobrunn und einem neuen bayerischen "Supercomputer" in Garching. Seither legt er vor den Toren der Stadt eine Omnipräsenz an den Tag, die fast schon an die nervtötende Dauerpräsenz des Schauspielers Matthias Schweighöfer im deutschen Kino und Fernsehen erinnert: Söder als Bierzeltredner in Keferloh, Söder als Schirmherr der Landesgartenschau in Kirchheim, Söder (der Franke) bei der Oberbayern-CSU in Unterhaching, Söder im Wahlkampf in Aschheim, Söder beim Hyperloop und bei Airbus in Ottobrunn oder erst dieser Tage gleich zweimal in Garching: vorigen Donnerstag zusammen mit Ursula von der Leyen beim Max-Planck-Institut und diesen Mittwoch mit TU-Präsident Thomas Hofmann bei Siemens. Ohne Doppelgänger ist dieses Pensum eigentlich nicht zu stemmen. Nicht wenige im Landkreis fragen sich beim Aufwachen, ob ihnen ausnahmsweise mal ein söderfreier Tag vergönnt ist.

Der Mann hat ja eigentlich auch einen Job, wenngleich auch sein Stellvertreter und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger den Eindruck erweckt, er würde diesen ganz gerne übernehmen. Solange das nicht der Fall ist, könnte Söder dem Landkreis München, den er so gerne umgarnt und umarmt, tatsächlich etwas Gutes tun. Zum Beispiel die Fakultät für Luft und Raumfahrt in Ottobrunn nicht nur ankündigen, sondern bauen lassen. Stein für Stein ganz reale, greifbare Gebäude. Und endlich auch die U-Bahn von Neuperlach nach Ottobrunn verlängern. Die Menschen hier wären schlagartig schockverliebt in ihn.

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