Fußball-Regionalliga:"Wenn wir achtmal trainieren würden, wären wir deutscher Meister"

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Es ist vollbracht: Die Fußballer des SV Heimstetten feiern ausgiebig den bereits am drittletzten Spieltag fixierten Klassenerhalt. (Foto: Sven Leifer/imago/foto2press)

Der SV Heimstetten ist ein waschechter Amateurverein, dennoch behauptete er sich auch in dieser Saison in der vierten Liga - gegen viele Gegner, bei denen Profibedingungen herrschen.

Von Stefan Galler, Kirchheim

Die Fanklubmitglieder standen schon geschlossen im Biergarten der Vereinsgaststätte "Zum Kelten" und ließen sich die erste Halbe schmecken, ehe sich die Mannschaft anschloss: Tanzend und jubelnd kamen die Regionalligafußballer des SV Heimstetten nach dem 1:0-Sieg am Samstag gegen den FV Illertissen im Gänsemarsch aus der Umkleidekabine zu ihren Anhängern, den "Hoaschdenger Buam". Der Klassenerhalt war bereits im im drittletzten Saisonspiel geschafft und wurde mit Freibier bei einer ausgiebigen Party gefeiert, die erst in den frühen Morgenstunden im Maibaum-Stüberl endete. "Es soll schon wieder hell gewesen sein, als die Letzten heimgegangen sind", sagt Michael Matejka, der Wirt der Gaststätte und Leiter der Fußball-Abteilung. Und ist selbst ganz begeistert von dem, was seine Mannschaft in dieser Saison in der vierthöchsten Spielklasse erreicht hat: "Das ist echt Wahnsinn, ich bin total geflasht." Die frühzeitige Rettung sei ungewohnt: "Normalerweise mussten wir immer bis zum letzten Spieltag oder bis zur Relegation zittern", sagt Matejka. Kapitän und Top-Torschütze Lukas Riglewski (15 Saisontreffer) findet sogar, dass der Klassenerhalt für Heimstetten "mit einem Aufstieg vergleichbar" sei.

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Zuletzt blieben die Heimstettener in sechs Spielen in Folge unbesiegt, davon gewannen sie fünf - und spielen somit auch in der nächsten Spielzeit mit im Konzert der besten Amateurvereine des Freistaats. Dabei ist das mit den Amateuren so eine Sache: Die Reservemannschaften von Bayern München, Greuther Fürth, dem FC Augsburg und dem 1. FC Nürnberg trainieren ebenso unter absoluten Profibedingungen wie der designierte Meister SpVgg Bayreuth, der FC Schweinfurt 05 oder die SpVgg Unterhaching, in der Vorsaison noch Drittligist. Acht Trainingseinheiten pro Woche sind bei diesen Teams keine Seltenheit, während man in Heimstetten nur zwei- bis dreimal die Woche übt. Der frühere SVH-Präsident Ewald Matejka, Vater von Fußball-Spartenchef Michael, hat es mal augenzwinkernd so formuliert: "Wenn wir achtmal trainieren würden, wären wir deutscher Meister."

Christoph Schmitt, 36, der Trainer der Mannschaft, attestiert seinen Spielern eine ziemlich professionelle Einstellung: "Das Niveau im Training ist sehr hoch, es gibt einen großen Konkurrenzkampf um die Stammplätze." Dazu kommt laut Schmitt "die Qualität des Trainerteams", womit er vermutlich auch sich selbst meint, aber nur seine Kollegen nennt: Torwarttrainer Igor Pintar sowie seine beiden Assistenten Memis Ünver und Roman Langer.

Im Herbst lief es gar nicht: Gegen Haching führte man zweimal - und verlor nach zwei Platzverweisen doch noch 3:4

Die Übungsleiter könnten aber auch aus einem "sagenhaft breiten Kader" (Schmitt) auswählen - und das sei eines der Erfolgsrezepte in dieser Saison, schließlich konnte man dadurch in den vergangenen Wochen sogar die Ausfälle einer ganzen Reihe von Stammspielern wie Torwart Maximilian Riedmüller, Verteidiger Fabio Sabbagh und den Offensivspielern Moritz Hannemann und Severin Müller kompensieren: "Diese Homogenität und dass wir gelernt haben, auch mal zu verteidigen, das waren die Schlüssel", sagt der Trainer. Dabei hatte das Team noch im Herbst 2021 ein tiefes Tal durchschritten: Acht Niederlagen in Folge musste man einstecken, darunter das 3:4 in Unterhaching nach 2:1- und 3:2-Führung sowie zwei Heimstettner Platzverweisen. "In meinen Augen war das damals auch ganz viel Pech", sagt Schmitt. Es waren die einzigen Wochen dieser Saison, in denen der Sportverein auf den Abstiegsplätzen herumdümpelte. "Man könnte auch sagen: Wir sind nicht so schlecht, wie es im Herbst ausgesehen hat, aber auch nicht so gut, wie es unsere Ergebnisse zurzeit vorgeben."

Der Verein hat es in den vergangenen Jahren geschafft, eine Nische zwischen den Münchner Großklubs FC Bayern und TSV 1860 zu besetzen und vielen Spielern eine zweite Chance zu geben, denen der Durchbruch dort nicht gelungen ist. "Wir sind natürlich immer auf der Suche nach Spielern aus dem Raum München", sagt Trainer Schmitt. Viel Geld könne man jedoch nicht bieten: "Es gibt sogar Bezirks- und Kreisligisten, die mehr bezahlen als wir", sagt Abteilungsleiter Michael Matejka, der mit den Klubfinanzen dennoch zufrieden ist: "Wir versuchen, nicht mehr auszugeben, als wir einnehmen. Meistens haben wir zunächst ein kleines Defizit, das wir über das Jahr reinholen." Im Umfeld des Klubs seien ein paar Leute, "die auch mal kleine Summen geben".

Den Sportpark verwaltet man mittlerweile selbst - und vermietet ihn zu Werbezwecken an Stars wie Lewandowski und Kimmich

Positiv wirke sich aus, dass man den prächtig ausgestatteten Sportpark Heimstetten mittlerweile selbst verwalte, wodurch sich die Gemeinde Kirchheim Geld und Personal spare. "Wir bekommen einen Teil des kommunalen Budgets für den Sportpark, dafür pflegen wir die Plätze und vermarkten sie auch." So mancher prominente Balltreter drehte hier schon Werbeclips, etwa die Bayern-Stars Robert Lewandowski und Joshua Kimmich.

Der SV Heimstetten ist offenbar in allen Belangen auf einem guten Weg, mittlerweile spielt auch die Ausbildung eigener Talente eine immer größere Rolle, nachdem lange Zeit innerhalb der Gemeinde der Kirchheimer SC als Klub mit der besseren Nachwuchsarbeit gegolten hatte. Einige Jahrgänge sind schon in die jeweilige Bezirksoberliga vorgerückt, was Cheftrainer Schmitt, der auch in die Nachwuchsarbeit involviert ist, beeindruckt: "2013 haben wir nach der Auflösung der Spielgemeinschaft mit Aschheim und Feldkirchen noch alle Teams in der Normalgruppe gehabt."

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