Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Klimaneutralität ist in weiter Ferne

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Freiflächen-Photovoltaikanlagen könnten der Gemeinde Höhenkirchen-Siegertsbrunn nach Expertenrat helfen, klimaneutral zu werden. (Foto: Claus Schunk)

In der Gemeinde werden 154 Gigawattstunden Energie pro Jahr verbraucht, wovon nur 23 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammen. Ein Experte empfiehlt Freiflächen-Photovoltaikanlagen und den Aufbau eines Wärmenetzes. 

Von Patrik Stäbler, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Vor knapp zwei Jahren hat sich Höhenkirchen-Siegertsbrunn per Gemeinderatsbeschluss zur Klimaschutzgemeinde erklärt - von einer wirklich nachhaltigen Kommune jedoch ist man noch meilenweit entfernt. So werden in dem Ort aktuell 154 Gigawattstunden Energie pro Jahr verbraucht, wovon nur 23 Prozent aus erneuerbaren Quellen stammen. Welchen Weg die Gemeinde einschlagen soll, um diesen Wert zu steigern? Um diese Frage dreht sich der Energienutzungsplan (ENP) für Höhenkirchen-Siegertsbrunn, den Herbert Palm nun dem Gemeinderat vorgestellt hat. Der eindeutige Rat des Leiters des Instituts für Nachhaltige Energiesysteme an der Hochschule München lautete: Beim Strom solle die Gemeinde auf Freiflächen-Photovoltaikanlagen setzen, wie es sie etwa schon in Unterhaching gibt. Im noch wichtigeren Wärmesektor empfahl Palm den Aufbau eines Wärmenetzes - idealerweise gespeist durch Geothermie, die im Landkreis München weiter auf dem Vormarsch ist.

Herbert Palm, der selbst in Höhenkirchen-Siegertsbrunn lebt, hatte das Projekt dereinst selbst angestoßen - auf Ratschlag seiner Ehefrau, wie er eingangs erzählte. Von Dezember 2020 an hätten sein Team und er zunächst eine Bestandsaufnahme zum Energieverbrauch in der Gemeinde gemacht und dabei auf 16 Datenquellen zurückgegriffen. Im Anschluss wurde - auch in Zusammenarbeit mit einem Beirat aus Gemeinderatsmitgliedern, Rathausbeschäftigten und Bürgern - untersucht, an welchen Stellschrauben die Kommune drehen muss, um ihren Energieverbrauch gemäß den Zielen des Landkreises München bis zum Jahr 2050 allein durch erneuerbare Energien zu decken.

Die gute Nachricht, so Palm: Höhenkirchen-Siegertsbrunn habe das Potenzial, um sich im Strom- und Wärmesektor fünffach selbst zu versorgen. Der Fokus, so lautete sein erster von vier zentralen Ratschlägen, sollte dabei auf dem Wärmesektor liegen. Schließlich werde dieses "Stiefkind der Energiewende" auch künftig für die Hälfte des Kohlenstoffdioxidausstoßes im Ort verantwortlich sein, mithin weit mehr als die Bereiche Elektrizität und Verkehr. Hier empfahl Palm der Gemeinde - dies war sein zweiter Rat - den Aufbau eines kommunalen Wärmenetzes, das sich anfangs aus einem Biomasse-Heizwerk, mittelfristig aber aus Tiefengeothermie speisen sollte. "Wenn man sich das Kosten-Nutzen-Verhältnis anschaut, dann hat das eindeutig den größten Effekt", so der Experte. Zugleich räumte er aber auch ein, dass der Weg zu einem Wärmenetz "sehr steinig" sei - vor allem wegen der Kosten, die er mit 18 bis 27 Millionen Euro bezifferte, um circa 30 Prozent des Orts anzuschließen. Mögliche Optionen wären eine Kooperation mit den Stadtwerken München oder der Zusammenschluss mit Nachbarorten, um eine gemeinsame Anlage zu errichten und betreiben.

Ausbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen sinnvoll

Palms dritter Ratschlag zielte mit Blick auf den Strombedarf auf den Ausbau von Freiflächen-Photovoltaikanlagen. Erst nach einer Investition von circa 20 Millionen Euro in diesen Bereich würde er als Ergänzung zu Windkraftanlagen raten. Die vierte Empfehlung des Professors betraf schließlich die Privathaushalte in Höhenkirchen-Siegertsbrunn. Sie müssten seitens der Gemeinde unterstützt und animiert werden, in Wärmedämmung zu investieren, sich an ein Wärmenetz anzuschließen und ihre Dächer mit Photovoltaikanlagen samt Energiespeicher auszustatten. Zum Abschluss mahnte Herbert Palm - auch eingedenk des ersten ENP für Höhenkirchen-Siegertsbrunn, der 2011 erstellt und danach folgenlos in Vergessenheit geraten sei: "Erst wenn dieser Energienutzungsplan sich in Bebauungsplänen, im Flächennutzungsplan und in Entscheidungen manifestiert, wird das, was ich hier vorstelle, einen echten Nutzen bringen."

Der Gemeinderat jedenfalls bekundete seinen Willen, den Vorschlägen zu folgen - in Form eines einstimmigen Beschlusses. Demnach soll das Rathaus Gespräche mit potenziellen Partnern im Bereich Geothermie führen sowie Eigentümer von Grundstücken kontaktieren, die sich für Freiflächen-Photovoltaikanlagen anbieten. Erste Treffen seien bereits für kommende Woche vereinbart, kündigte Bürgermeisterin Mindy Konwitschny (SPD) an.

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