In dieser Woche hat sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, zunächst beschämt und anschließend progressiv gezeigt. Es ging um die massenhaften Missbrauchsfälle in der katholischen Kirche. Marx äußerte seine Fassungslosigkeit und kündigte an, es gebe keine Tabuthemen. Man werde auch das Zölibat unter die Lupe nehmen und er persönlich suche diesbezüglich das Gespräch mit Papst Franziskus. Auf regionaler Ebene dagegen hat es zuletzt eine Entscheidung gegeben, die nicht das Gefühl vermittelt, die katholische Kirche verlasse ihre alten Pfade: Ausgerechnet im Zuge der Feierlichkeiten zum 25-jährigen Bestehen des Ökumenischen Kirchenzentrums Putzbrunn wurde bekannt, dass ein "Direktorium", eine Richtlinie von Kardinal Marx, künftig auch in Putzbrunn strenger angewandt werden soll.
Gemeinsame Gottesdienste nur noch die Ausnahme
Dort wird bisher einmal monatlich gemeinsam ein Gottesdienst von evangelischen und katholischen Gläubigen am Sonntagvormittag gefeiert. Diese von vielen Putzbrunnern lieb gewonnene Tradition soll es künftig nicht mehr geben. In der Weisung von Marx von 2017 heißt es, dass ökumenische Gottesdienste die Eucharistiefeier nicht ersetzen "können und wollen", sondern vielmehr "ein zusätzliches liturgisches Angebot" seien. Weil die Eucharistie in jenen Gottesdiensten, die beide Konfessionen gemeinsam feiern, jedoch nicht möglich ist, müssten solche ökumenischen Messen am Sonntagvormittag "stets Ausnahmecharakter haben".
Die Kirchenvertreter in Putzbrunn halten sich zur Zukunft ihrer ökumenischen Messe bedeckt. So war Pfarrer Sebastian Degkwitz von der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Waldperlach & Putzbrunn am Freitag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Stefan Scheifele, Leiter des katholischen Pfarrverbandes Vier Brunnen, verwies auf SZ-Nachfrage auf das Erzbischöfliche Ordinariat. Dessen Pressesprecher Christoph Kappes sagte, Scheifele, der erst seit Februar in Putzbrunn tätig ist, setze mit der Maßnahme, den gemeinsamen Gottesdienst nicht mehr am Sonntagvormittag anzusetzen, lediglich das Direktorium des Kardinals um. Er gehe davon aus, dass sich die katholischen und evangelischen Kirchenvertreter auf einen anderen Termin verständigen werden, an dem regelmäßig ökumenische Gottesdienste stattfinden könnten.
Ökumene spielt seit sieben Jahren große Rolle
Diese Terminsuche dürfte nicht unproblematisch werden, denn seit man den gemeinsamen Sonntagsgottesdienst einmal im Monat vor sieben Jahren eingeführt hat, fand stets zeitgleich auch ein ökumenischer Kindergottesdienst statt. Deshalb könne man eben nicht einfach beide Gottesdienste in den Abend verlegen, heißt es aus dem Putzbrunner Kirchenzentrum.
In Putzbrunn spielt die Ökumene seit Jahren eine große Rolle im Zusammenleben der Christen. So feiern hier Gläubige beider Konfessionen gemeinsame Laternenumzüge, auch das Osterfrühstück wird zusammen eingenommen und der Helferkreis Asyl, der sich 2013 gründete, bildete sich ebenfalls aus Mitgliedern beider Pfarreien.