Planegg:Landratsamt versucht Gerichtsentscheidung auszuhebeln

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Nur "ganz dünner Wald" oder schützenswert? Der Streit um das Douglasien-Wäldchen bei Planegg, das nach dem Willen der Firma Glück einem weiteren Kiesabbau weichen soll, geht weiter. (Foto: Stephan Rumpf)

Mit einer nachgeschobenen Begründung will die Behörde den vom Verwaltungsgerichtshof gestoppten Kiesabbau im Douglasien-Wäldchen doch noch ermöglichen.

Von Rainer Rutz, Planegg

Der Kampf um das Douglasien-Wäldchen in Planegg geht in die nächste Runde. Das Landratsamt München hat neue Argumente für eine Auskiesung des 2,1 Hektar großen Wäldchens am Ortsrand vorgelegt und damit de facto eine Eilentscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom August aufgehoben. In der Behörde geht man davon aus, dass die fünfseitige Argumentation das Verfahren in der ausstehenden Hauptverhandlung im Sinne des Kies-Unternehmens Glück beeinflussen könnte. "Ein absurdes Vorgehen", wie der Kraillinger Naturschützer, Anwalt und CSU-Gemeinderat Mathias Walterspiel findet, der sich seit Jahrzehnten um die Wälder im Würmtal kümmert. Das Landratsamt schiebe damit die erforderliche neutrale Ermessensausübung "pro forma" nach, deren Fehlen vom Gericht beanstandet wurde, nachdem es der Firma Glück bereits zuvor eine Genehmigung erteilt habe.

Tatsächlich gibt es für das Gebiet östlich der Kompostieranlage der Firma Glück seit Jahren eine rechtsgültige Auskiesungsgenehmigung durch das Landratsamt, die auch vom Planegger Gemeinderat akzeptiert wird. Dagegen hatte der Bund Naturschutz voriges Jahr mit einem Eilantrag Widerspruch eingelegt. Der Verwaltungsgerichtshof hatte diesem in einer aufsehenerregenden Entscheidung stattgegeben - und zwar mit Argumenten, die man durchaus als grundsätzlichen Ansatz für eine Neubewertung der üblichen Genehmigungspraxis für weitere Kiesabbaugebiete werten kann.

So lässt das Gericht erst später geplante Wiederaufforstungen mit "wertvollen" Bäumen im geschützten Bannwald nicht mehr gelten. Es lägen "keine gesetzlichen Voraussetzungen" für eine Auskiesung vor, hieß es in der Urteilsbegründung, denn dass es gleichwertige Ausgleichsflächen geben werde, sei "nicht ausreichend belegt". Zudem sei die Genehmigung des Landratsamts "ermessensfehlerhaft" - ein schwerwiegender juristischer Tadel. Der "Wille des Gesetzgebers, Bannwälder zu schützen", ist nach Ansicht der Richter "nicht ausreichend berücksichtigt" worden.

Genau an diesem Punkt haben die Juristen im Landratsamt nachgebessert und einen neuen "Antrag auf Ermessungsergänzung" nachgeschoben, ferner eine "Stellungnahme zur klima-ökologischen Einordnung" des beabsichtigten Kiesabbaugebiets. Nach Einschätzung von Landratsamt und Kies-Unternehmen handelt es sich bei dem Wäldchen um ein minderwertiges Gebiet aus allerlei Gebüschen und niedrigen Bäumen, jedenfalls keine wertvollen Douglasien - eine Ansicht, welche auch die Mehrheit im Planegger Gemeinderat teilt. Laut Bürgermeister Hermann Nafziger (CSU) steht östlich der Kompostieranlage "ein ganz dünner Wald, keine einzige Douglasie, nichts Klimaresistentes". Ein Abholzungsverbot sei eine "vertane Chance".

Nach neuer Einschätzung des Landratsamts muss mit der Aufforstung zudem nicht bis nach einem Kiesabbau gewartet werden. Vielmehr könne die Wiederaufforstung nahezu gleichzeitig mit dem Kiesabbau erfolgen. Naturschützer Walterspiel sieht damit jedoch das "unlogische und fehlerhafte Vorgehen des Landratsamts" nicht behoben: "Ich kann nur hoffen, dass die unabhängigen bayerischen Verwaltungsgerichte dem Vorgehen des Landratsamts nicht folgen." So lange wollen die Gemeinderäte der Gruppierung Pro Planegg und Martinsried und der Grünen Gruppe 21 nicht warten: Im Bauausschuss übergaben sie am Donnerstagabend einen gemeinsamen Antrag, der zum Ziel hat, gegen den Änderungsbescheid des Landratsamts Rechtsmittel einzulegen und Akteneinsicht zu verlangen. Der Bescheid verstoße "gegen den aktuellen Stand der Rechtssprechung". Über den Antrag wird der Gemeinderat entscheiden. Wann der Verwaltungsgerichtshof in der Hauptsache verhandelt, ist offen.

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