Interview:"Es ist schön, wenn sie lächeln"

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Zwei Generationen, eine gemeinsame Freude: Heinrich Führmann und seine Enkeltochter Sara Schmidt freuen sich auf Weihnachten. (Foto: Alessandra Schellnegger)

Heinrich Führmann und seine Enkelin Sara feiern in der Großfamilie Heiligabend. Im Interview sprechen die beiden darüber, was für sie das Besondere an Weihnachten ist

Von Daniela Bode

Zuerst in die Kirche, dann Liedersingen unterm Tannenbaum und schließlich ein Essen mit der ganzen Familie - Heiligabend ist für Christen eins der wichtigsten Feste im Jahr. Die SZ hat sich mit Heinrich Führmann, 74, dem Mitinitiator des Theaters für Kinder Garching, und seiner Enkelin Sara Schmidt, 9, darüber unterhalten, wie sie Weihnachten feiern, welche Traditionen geblieben sind und was sich im Laufe der Jahre verändert hat.

SZ: Sara, du freust dich sicher auf Weihnachten.

Sara: Ja, klar. Wegen der Überraschung, was ich so kriege. Oder wie meine Familie die Geschenke, die ich für sie gemacht habe, findet. Es ist schön, wenn sie lächeln und was dazu sagen.

Was mögen Sie besonders an Heiligabend, Herr Führmann?

Heinrich Führmann: Es ist ein Familienfest. Und es birgt die Chance, ein christliches Fest zu begehen und festzustellen, dass es Menschen berührt, die von sich sonst sagen, sie haben zur Kirche keine Bindung. Zu Weihnachten gibt es scheinbar eine Kraft, die die Menschen vereint.

Sara: Ich weiß, worauf du dich noch freust: auf die leckeren Plätzchen.

Führmann (lacht): Die stellt Nonna ja schon lange bereit, das ist gefährlich. (Anm.: Sara und ihre Geschwister nennen ihre Großeltern Nonna und Nonno, um sie von der anderen Oma und dem anderen Opa zu unterscheiden.)

Feiern Sie gemeinsam?

Führmann: Ja, die Großfamilie kommt bei Sara zuhause zusammen. Sie haben so ein schönes großes Wohnzimmer.

Sara: Vielleicht kommt dieses Jahr auch Jürgen, mein Patenonkel.

Sie werden also eine große Runde sein.

Führmann: Ja, mindestens 15 Personen.

Los geht es vermutlich mit einem gemeinsamen Essen.

Führmann: Aus meiner Familie kommt eine Tradition, die wir früher schon pflegten: Es gibt Käse in unterschiedlichster Form. Außerdem werden wir Fondue essen. Es wird eine richtige kleine Festtafel.

Sara: Wir ziehen dann den Tisch aus. In der Mitte steht das Fondue und drumherum frische Sachen wie Gurkenscheiben und Mandarinen.

Wie macht sich bei euch das Christkind bemerkbar, wann ist Bescherung?

Sara: Wir Kinder gehen nach oben, die Erwachsenen ratschen unten. Wenn das Christkind wieder weg ist, dann klingelt's und wir dürfen runterkommen.

Gehen Sie auch in die Kirche?

Führmann: Ja.

Sara: Ich mache dieses Jahr beim Krippenspiel mit und spiele einen kleinen Engel.

Sie sprachen von der Tradition mit dem Käse. Woher kommt Ihre Familie?

Führmann: Ich komme aus Hildesheim aus einer gutbürgerlichen Familie. Mein Vater war Schreiner, ich habe sieben Geschwister. Leider wurden wir in den letzten Kriegstagen ausgebombt. Dann lebten wir in beengten Verhältnissen im Elternhaus meiner Mutter. Es war aber auch toll, weil da viele andere Familienmitglieder wohnten. Dort war Weihnachten immer ein riesengroßes Familienfest. Nach der katholischen Lehre gibt es Quatembertage, fleischlose Fastentage. Heiligabend war auch so ein Tag. Da war es bei uns in den Fünfzigerjahren üblich, dass es ein bescheidenes Käsemahl gab.

Wie verlief der Rest des Abends?

Führmann: Erst wenn wir gegessen und einige Weihnachtslieder gesungen hatten, durften wir Geschenke auspacken. Danach ging es in die Christmette.

Ist das bei euch jetzt auch so, dass zuerst gegessen wird und erst danach Bescherung ist?

Sara: Ja, erst essen. Aber da liegen die Geschenke ja auch noch nicht da. Darüber bin ich ganz froh, sonst würde man sich dauernd überlegen: Das könnte das Geschenk sein, das könnte das sein.

Manche Weihnachten sind außergewöhnlicher als andere. Erinnern Sie sich noch an so einen besonderen Abend?

Führmann: Da gibt es schon einiges. Früher gab es ja noch Zimmeröfen. Einmal wollte meine Mutter uns überraschen und strich das Ofenrohr mit Silberbronze. Damit war die Feier ziemlich gelaufen, weil das dermaßen roch. Wir waren entsetzt, dass die ganze Wohnung verräuchert war und gar nicht mehr weihnachtlich.

Haben Ihnen die Weihnachtsfeiern damals besser gefallen oder heute?

Führmann: Beides, weil ich glaube, wir haben etwas in die Jetzt-Zeit gerettet. Früher haben wir zwar so gefeiert, dass man sich am Heiligen Abend in der kleinen Familie traf und an den Feiertagen die Verwandten besuchte. Heute feiern wir alle gemeinsam an Heiligabend und danach fährt man in den Urlaub. Aber der Familienzusammenhalt, der ist geblieben.

Sara, du hast gesagt, du freust dich besonders auf die Überraschungen. Welche Wünsche hast du dieses Jahr?

Sara: Die hängen da oben. ( Sie zeigt auf einen selbst gestalteten Wunschzettel an der Pinnwand der Großeltern). Ein Drei-D-Puzzle von Big Ben, Perlen, die man in ein Set stecken kann, und zwei Herzen als Handwärmer. Da ist eine Metallplatte drin. Wenn ich sie knicke, wird es warm, und wenn es abkühlt, wird das Herz lila.

Das wäre toll, wenn das alles am Sonntag unterm Baum läge. Was wünschen Sie sich, Herr Führmann?

Führmann: Jetzt ist es meist ein Buch oder ein Hörbuch. Oft ist es aber auch so, dass sich meine Frau oder meine Tochter gemerkt haben, wenn ich mich für etwas interessiert habe, ohne dass ich einen Wunsch äußerte. Dann liegt das plötzlich da. Das ist dann eine große Freude.

In vielen Familien kracht es auch an Weihnachten. Gab es bei Ihnen einmal Streit?

Führmann: Ich kann mich nicht erinnern. Was sagt Sara dazu?

Sara: Ne.

Was machen Sie richtig?

Führmann: Das fing schon in meiner Familie an. Unsere älteste Tochter ist 1968 geboren. Antiautoritäre Erziehung fanden meine Frau und ich keine gute Sache. Wir sind auch antiautoritär, aber mit Autorität. Wir fanden, Kinder brauchen Leitplanken. Das ist eine Haltung, die - glaube ich - eine gute Wirkung gezeigt hat. Weder gibt es zwischen Eltern, Kindern und Enkeln ernsthafte Konflikte noch zwischen den Geschwistern. Das ist mir eine große Freude.

© SZ vom 23.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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