Höhenkirchen-Siegertsbrunn:Abgang ohne Abrechnung

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"Umstände" hätten sie zum Rücktritt bewegt, sagt Andrea Hanisch. (Foto: Claus Schunk)

Andrea Hanisch legt ihr Mandat als CSU-Gemeinderätin nieder. Für ihre Arbeit wird sie von allen Seiten gewürdigt

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Eigentlich sollte sich Andrea Hanisch dieser Tage auf die heiße Phase des Bürgermeister-Wahlkampfs einstellen. Das Drehbuch bei de CSU in Höhenkirchen-Siegertsbrunn sah vor, dass die langjährige Gemeinderätin im Frühjahr 2020 die Nachfolge der scheidenden Bürgermeisterin Ursula Mayer antritt. Doch dann überstürzten sich im März, April die Ereignisse: Hanisch sah sich in internen Sitzungen plötzlich von ihren Leuten nicht mehr unterstützt. Im Gemeinderat überwarf sie sich mit Bürgermeisterin Mayer wegen unterschiedlicher Meinungen zum richtigen Standort für die neue Realschule. Jetzt zog die langjährige Gemeinderätin, die seit 1994 dem Gremium angehörte und am Ort eine der prägenden politischen Figuren ist, die Konsequenzen und zog sich aus dem Gremium zurück. "Servus", sagte sie, "macht es gut", und verließ mit großem Blumenstrauß und kleinem Präsent am Arm nach der Verabschiedung am Donnerstag den Sitzungssaal.

Es war Hanisch, 59, bei ihrem letzten Auftritt als Gemeinderätin anzumerken, dass ihr der Abschied nicht ganz leicht fällt. Auch wenn sie das so nicht sagte. Sie wirkte sehr konzentriert und auch sehr ernst, als sie sagte, sie habe sich die "letzten Worte", die sie jetzt an die Runde richten wolle, "sehr gut überlegt". Doch sollte jemand vermutet haben, es könnte eine Art Abrechnung folgen, derjenige sah sich getäuscht. Hanisch hatte offensichtlich vor, im Guten zu gehen. Sie sagte, es habe "Umstände" gegeben, die bei ihr die Überzeugung hätten reifen lassen, "an dieser Stelle einen finalen Cut" zu vollziehen. Mayer würdigte Hanischs Wirken und sagte, sie habe "Spuren in Höhenkirchen-Siegertsbrunn hinterlassen". Während aus der CSU-Fraktion niemand das Wort ergriff richteten Vertreter von SPD, Grünen, UB und AFW auffallend freundliche Worte an die Frau, die sich stets zugute hielt, über Parteigrenzen hinweg gearbeitet zu haben. Ein Sozialdemokrat hatte sie einst in die Politik gebracht. Es war angeblich auch dieser überparteiliche Ansatz, der zwischen ihr und den anderen in der CSU am Ende die Entfremdung wachsen ließ.

Der CSU, die jetzt mit ihrem Vorsitzenden Roland Spingler in den Bürgermeisterwahlkampf zieht, dürfte die profilierte Andrea Hanisch in den nächsten Wochen fehlen. In ihren 25 Jahren im Gemeinderat führte Hanisch zwölf Jahre die Fraktion und bekleidete das Amt der Zweiten Bürgermeisterin. Sie stieß viele Projekte an, ging mit Ideen voran und bewies großes Organisationstalent. Sie rief die Themenjahre wie das Gesundheits-, Kultur- und das Umweltjahr ins Leben und erreichte so, die Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte des Gemeindelebens zu lenken. Hanisch organisierte Messen, initiierte die Eröffnung einer Wohngruppe für Menschen mit Behinderung und vieles mehr. Sie sei Kommunalpolitikerin mit Leidenschaft, sagte Hanisch einmal. Seit Donnerstag ist das erst mal passé.

© SZ vom 14.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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