Bayerisches Brauchtum:Ein "zacher Hund"

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Günter und Ursula Staudter feiern heuer Goldene Hochzeit. Und der Heimatpfleger an diesem Montag seinen 80. Geburtstag. (Foto: Claus Schunk)

Der Unterhachinger Heimatpfleger Günter Staudter hat sein Amt seit 2004 inne und sieht sich als Stachel im Fleisch der sorglosen Modernisierer. An diesem Montag wird er 80.

Von Michael Morosow, Unterhaching

Wen sich Unterhaching da eingefangen hatte, als Günter Staudter für den verstorbenen Rudolf Felzmann 2004 das Amt des Heimatpflegers übernahm, das merkten alle schon beim ersten Wort seiner Vorstellungsrede im Gemeinderat. Staudter trug sie im Dialekt vor, berichtete von seiner Jugend in Schwabing und auf der Schwanthalerhöhe und dass ihn, den "Glasscherbenviertler", die "Liab" nach Unterhaching verschlagen habe. Wer nun dachte, ein unverbesserlicher Bayerntümler stehe vor ihnen, der merkte im zweiten Teil der Rede schnell seinen Irrtum. Darin gab der neue Heimatpfleger unmissverständlich zu verstehen, dass er seinen Auftrag, das Kulturgut des Ortes zu bewahren, sehr ernst nehme das Gleiche vom Gemeinderat erwarte, von dem er sich dementsprechend auch breite Unterstützung wünsche. Und er sagte noch, dass er eine "zacher Hund" sei, also ein hartnäckiger Kerl. Günter Staudter ist "zach", an diesem Montag feiert er seinen 80. Geburtstag.

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Dass er unter Heimatpflege viel mehr versteht als die Bewahrung des Sprachgutes, das stellte der Jubilar seit seiner Bestellung oftmals mit klaren Worten unter Beweis. Er ist so etwas wie ein Stachel im Fleisch der sorglosen Modernisierer. Wenn er zum Beispiel dem Bürgermeister und dem Gemeinderat die Leviten liest, weil ihm die Pläne für die Bebauung der Stumpfwiese überhaupt nicht gefallen wollten und er schimpfte, der Architekt habe einfach ein paar gerade Striche gezogen. Oder wenn er belfert gegen Bauherren, die den Denkmalschutz behandeln wie ein lästiges Übel und wenn er heute noch den Abriss des alten Straßmair-Hofes als größten Rückschlag in seiner Karriere bezeichnet. Umso mehr freut es ihn, dass die Heimatpflege vor Jahren in die Gemeindesatzung aufgenommen wurde.

So richtig "narrisch" werden kann er freilich auch bei der um sich greifenden Verfälschung des bairischen Dialekts, zumal, wenn sie auch noch grammatikalisch falsch ist, wie etwa beim Pfüats eich. "Wo kommt das s her bei 'Behüt euch Gott?'," fragt er dann. Ab und zu ("Ja nicht ab und an!") müsse ein Heimatpfleger halt sagen, wo's lang gehe, hatte Staudter bereits in seiner Vorstellungsrede dem Gremium erklärt. Wie gekonnt und eindrucksvoll der bairische Dialekt dargeboten werden kann, das zeigt er alljährlich, wenn er Ludwig Thomas "Heilige Nacht" vorträgt.

Günter Staudter hat nach der Mittleren Reife eine Lehre als Elektroinstallateur bei seinem Vater absolviert, diente danach bei der Bundeswehr, ehe er auf der Fachhochschule für Sozialarbeit die Hochschulreife erlangte und 1971 das Studium für das Lehramt an Volksschulen antrat. Als ehemaliger Sozialarbeiter ist er schließlich vom Kultusministerium mit dem Aufbau der Mittagsbetreuung an Volksschulen betraut worden. Er muss beste Arbeit geleistet haben, die damalige Kultusministerin Monika Hohlmeier dankte ihm 1999 jedenfalls in einem Brief für seine Pionierarbeit. Staudter blieb trotz Angeboten für eine Rektorenstelle oder höhere Stellen im Staatdienst zeitlebens Volksschullehrer an seinem "Traumschulort" Baiern im Landkreis Ebersberg, wo er 35 Jahre seinen Zweitwohnsitz in einer Lehrerwohnung im Schulgebäude hatte. Den Schuldienst musste er vorzeitige quittieren, nachdem er 2003 an Malaria erkrankt war. Seine Liebe zur Gemeinde blieb, Staudter verfasste sogar eine 500-seitige Gemeindechronik mit 800 Bildern.

Das Reisen begleitete den Lebensweg des Weltenbummler von seiner Jugend an, in Europa war er nur in Finnland und Weißrussland noch nicht. Eine Reise 1970 mit den Unterhachinger Pfadfindern nach Japan zeitigte schließlich die nachhaltigsten Folgen: Staudter lernte die Fachlehrerin Ursula Mühlbauer aus Freising kennen, Verlobung nach sechs Monaten, Trauung 1972 in Unterhaching, 1974 kam Tochter Carolin, 1977 Sohn Dominik zur Welt. Es steht in diesem Jahr also auch die Goldene Hochzeit an. Es ist bis heute eine ausgesprochen glückliche Ehe. Die Idee des Pfadfindertums habe sein Leben auch unabhängig vom Kennenlernen seiner Ursula nachhaltig beeinflusst, sagt der Jubilar, der 1966 Ausbilder im Pfadfinderlager North Carolina in den USA und zuletzt Bundesassistent in Westernlohe und Düsseldorf war. Er schaffte es bis zur seinerzeit höchsten Stufe, den Georgsrittern. Deren Wahlspruch lautet: "Ich dien!". Diesem Versprechen fühle er sich heute noch verbunden, sagt er.

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