Schulcampus in Haar:Der Landkreis zieht die Daumenschrauben an

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Der Landkreis treibt den Schulbau voran: die neue staatliche Realschule in Taufkirchen. Ob nach der Walter-Klingenbeck-Realschule bald auch in Haar ein moderner Schulbau entsteht, steht aber noch in den Sternen. (Foto: Angelika Bardehle)

Sollte sich die Gemeinde Haar nicht zum Bau einer Realschule bekennen, will Landrat Göbel mit Aschheim, Feldkirchen und Kirchheim über die Ansiedlung einer Fach- und Berufsoberschule verhandeln.

Von Bernhard Lohr, Haar

Der Landkreis erhöht in der Realschulfrage den Druck auf Haar. Der Bauausschuss des Kreistags hat die Gemeinde am Montagnachmittag per einstimmigem Beschluss aufgefordert, sich verbindlich zum Bau einer Realschule sowie einer Fach- und Berufsoberschule (Fos/Bos) auf einem Campus zu bekennen. Sollte dies nicht geschehen, werde der Landrat mit Feldkirchen, Aschheim und Kirchheim Gespräche darüber aufnehmen, ob dort die Oberschulen entstehen könnten.

Die Realschule wäre nicht inbegriffen. Allerdings träfe es Haar doppelt. Die Fos/Bos wäre verloren, und die Realschule würde wohl deutlich teurer, weil kostensenkende Effekte wie der Bau einer gemeinsamen Turnhalle oder Mensa wegfielen.

Mit Christoph Göbel hat sich im Landratsamt am Mariahilfplatz in der Schulpolitik die Schlagzahl erhöht. Ein Schulprojekt nach dem anderen kommt auf den Tisch und wird in der Regel zügig abgearbeitet. Doch mit den Haarer Campusplänen ging es zäh los, und dann kamen Rückschläge dazu. So lehnt es der Bezirk Oberbayern ab, ein favorisiertes Grundstück gegenüber dem Haupteingang des Isar-Amper-Klinikums für den Campus abzutreten. Die Frage der Finanzierung spaltet derzeit die Gemeinde und auch den Kreistag.

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Die SPD torpediert die Kostenbeteiligung der Gemeinden

Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller stellt wie die SPD allgemein immer wieder das System der Zweckvereinbarungen in Frage, das als Besonderheit im Landkreis München die Schulsitzgemeinden beim Bau weiterführender Schulen finanziell in die Pflicht nimmt. Sie machte nun dem Landratsamt schriftlich deutlich, dass Haar seinen Anteil an dem Bau einer Realschule wegen Investitionen in den Grundschulbereich zeitgleich "nicht schultern kann".

Landrat Christoph Göbel (CSU) droht mit Feldkirchen, Aschheim und Kirchheim Gespräche über die Ansiedlung der Oberschulen aufzunehmen. (Foto: Schunk)

Ihrer Meinung nach sollte der Kreis erst eine von ihm alleine zu finanzierende Fos/Bos am Bahnhof in Gronsdorf errichten - und den Bau der Realschule an gleicher Stelle, den sollte man "schieben".

Doch wie sich am Montag zeigte, machen da der Landrat und der Kreistag nicht mit. Göbel präsentierte eine aktualisierte Schulbedarfsprognose, wonach 2031 an einer Realschule in Haar 622 Schüler erwartet würden. Eine Fos/Bos würden, Münchner Schüler nicht eingerechnet, 552 Schüler besuchen. Der Bedarf sei vorhanden, sagte Göbel, und er bekannte sich zum Campus in Haar, wo sich in Verbindung mit dem Klinikum große Chancen für eine Fos/Bos mit der Ausrichtung Pflege und Gesundheit ergeben würden.

Göbel warb dafür, an dem verbliebenen Standort in Gronsdorf festzuhalten, wo Münchens OB ein Grundstück anbiete. Und er forderte, um "die Entwicklung des Schulcampus nicht zu gefährden", eine "einheitliche Konzeption". Realschule und Fos/Bos müssten - anders als von Haar vorgeschlagen - gemeinsam geplant und errichtet werden.

Dennoch spricht aus Sicht des Landrats auch einiges für eine Fos/Bos in Feldkirchen oder Aschheim, wo sogar noch höhere Schülerzahlen als in Haar prognostiziert werden. Wegen der günstigen Anbindung würden dort Schüler aus Ismaning, Unterföhring und aus dem Raum Ebersberg erwartet. Auf Anregung von Kreisrätin Sandra Wagner (FDP) will Göbel wegen der Fos/Bos auch mit Kirchheim reden, sollte sich Haar nicht zum Campus aus einem Guss bekennen.

Stefan Schelle (CSU) fordert zügige Entscheidungen

Michael Sedlmair (FW), bezeichnete es als eigenartigen Vorgang, dass man eine "Gemeinde zu ihrem Glück zwingen" müsse. Stefan Schelle (CSU) sagte, die Schulen im Münchner Osten würden benötigt. "Jeder weitere Zeitverzug ist nicht hinnehmbar. Edwin Klostermeier (SPD) äußerte dagegen Verständnis für die Haarer Sorgen. Die Finanzaufsicht drohe Kommunen bei Verschuldung und fordere, über unpopuläre Straßenausbaubeitragssatzungen Bürger abzukassieren. Das dürfe man nicht kleinreden. Er stellte die Zweckvereinbarungen in Frage.

Erhöhter Druck in der Diskussion um eine weitere Realschule lastet auf Haars Bürgermeisterin Gabriele Müller (SPD). (Foto: Angelika Bardehle)

Annette Ganssmüller-Maluche (SPD) bekräftigte, dieses System führe dazu, dass sich nur reiche Kommunen Schulen leisten könnten. Der Landkreis werde sehen, was passiere, wenn er etwa Grasbrunn eine Realschule anbiete. Hohenbrunn und Höhenkirchen-Siegertsbrunn hätten kürzlich dankend abgelehnt. Dennoch: Göbel warb dafür, mit Haar über kluge Finanzierungen zu reden. Stefan Kern (CSU) sprach von einer historischen Chance für Haar, zinslose Darlehen mit langer Laufzeit zu nutzen. Haars Bürgermeisterin ist anders als viele ihrer Kollegen nicht im Kreistag vertreten und nahm am Montag auch als Besucherin nicht an der Sitzung teil.

Auf Anfrage äußerte Müller am Abend Bedauern darüber, dass jetzt Zeitdruck aufgebaut werde. Es seien noch viele Fragen, gerade zur Finanzierung, nicht geklärt. Sollte die Fos/Bos in einer anderen Kommune geschaffen werden, werde das Realschulprojekt für Haar äußerst schwierig umzusetzen sein. Erhoffte Synergieeffekte wären verloren.

© SZ vom 03.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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