Realschule für Haar:Die SPD dreht den Spieß um

Lesezeit: 3 min

Bunte Lernlandschaft: Die 2015 eröffnete Walter-Klingenbeck-Schule in Taufkirchen ist das bisher letzte Realschulprojekt im Landkreis. (Foto: Angelika Bardehle)

In Haar sammelt die CSU Unterschriften für eine Realschule und gegen die angebliche Untätigkeit von SPD-Bürgermeisterin Müller. Dabei müsste nach Ansicht der Sozialdemokraten der Landrat den Bau vorantreiben.

Von Bernhard Lohr, Haar

Die SPD-Kreistagsfraktion hat in der Auseinandersetzung um die Ansiedlung einer Realschule in Haar den Landrat ins Visier genommen. Sie wirft Christoph Göbel (CSU) vor, bei der Suche nach einem Grundstück für den Campus aus FOS/BOS und Realschule nicht voranzukommen. Auch sieht die SPD den Haarer Konflikt als Beleg für das Scheitern des Zweckverband-Systems, in dem Kreis und Kommunen die Finanzierung weiterführender Schulen regeln. Göbel weist die Kritik zurück. Und er beteuert: "Ja, die Schule muss kommen."

Auch wenn die Hauptakteure Christoph Göbel und, im Fall von Haars Bürgermeisterin, Gabriele Müller heißen: Die Diskussion über die Realschule in der Gemeinde im östlichen Landkreis erinnert an das berühmte Spiel Schwarzer Peter. Aus Sicht der Haarer CSU ist klar, dass Bürgermeisterin Müller von der SPD Schuld daran trägt, dass seit der Genehmigung des Schulprojekts durch das Kultusministerium augenscheinlich wenig passiert ist. Sie sammelt Unterschriften, um Druck auf das Rathaus zu machen. Auf 650 Unterstützer soll die Liste am Wochenende angewachsen sein, wie die CSU in Haar mitteilt.

Realschule für Haar
:Kostspieliges Geschenk

Kein Grundstück, kein Geld und eigentlich zu wenige Schüler: Die Gemeinde Haar tut sich schwer mit der ihr zugesprochenen Realschule. Bürgermeisterin Müller will nun als ersten Schritt eine FOS in Gronsdorf ermöglichen

Von Bernhard Lohr

Am Montag hat nun die Kreistagsfraktion der SPD den beliebten Spieleklassiker in ihrem Sinn interpretiert. In ihren Augen liegt der Schwarze Peter beim CSU-Mann im Landratsamt. "Jede Stimme, die die CSU derzeit in Sachen Realschule sammelt, dokumentiert das erfolglose Handeln von Landrat Christoph Göbel in der Frage der Schulansiedlung." So schreiben Fraktionschefin Ingrid Lenz-Aktas und Landrat-Stellvertreterin Annette Ganssmüller-Maluche in einer Erklärung.

Reiche Gemeinden wie Grünwald und Unterföhring können Schulen bauen

Sie erinnern daran, dass die weiterführenden Schulen zunächst Kreisangelegenheit seien. Der damalige Landratskandidat Göbel habe die Realschule Haar in seinem Wahlkampf als seinen Knüller verkauft und komme nun nicht voran. Bei dieser Gelegenheit erinnert die SPD nur zu gerne daran, dass sie erst vor Kurzem versucht hat, das System der Schulzweckverbände im Kreistag zu kippen und die weiterführenden Schulen in die alleinige Verantwortung des Landkreises zurückzuverweisen. Stattdessen bestätigte der Kreistag gegen die SPD-Stimmen, dass die Standortgemeinde das Grundstück und 70 Prozent der Kosten eines Neubaus und der Erstausstattung zahlen muss.

Reiche Gemeinden wie Grünwald und Unterföhring könnten sich "eine optimierte Schulsituation leisten", argumentieren Lenz-Aktas und Ganssmüller-Maluche, sprich: Sie bauen sich Gymnasien mit diversen Extras. Andere Gemeinden wie Haar müssten sich dagegen - derzeit gegenüber einer von der CSU per Unterschriftensammlung aufgeheizten Öffentlichkeit - dafür rechtfertigen, dass sie "zuerst ihre ureigenste Aufgabe, den Bau einer Grundschule" angehen wollten. Bürgermeisterin Müller tut immer wieder genau dies.

Müller und Göbel betonen ihre gute Zusammenarbeit

Wer trägt nun Schuld an möglichen Verzögerungen? Die Hauptakteure jedenfalls halten zusammen und beteuern beide, mit voller Kraft für die Sache zu arbeiten. Bürgermeisterin Müller betont, sie erlebe die Verhandlungsführung des Landrats in Grundstücksfragen als freundschaftliche Unterstützung. Göbel verteidigt das reformierte Zweckverbands-System, bei dem jetzt nur noch bei Neubauten die Kommunen stärker in der Pflicht stünden.

Eine Abwicklung bestehender Zweckverbände wäre auch für Haar kostspieliger geworden als jetzt das Unterfangen, eine Realschule mitzufinanzieren, sagt Göbel und betont darüberhinaus die enge, gute Zusammenarbeit mit Müller. Bei der schwierigen Suche nach einem Standort für den Schulcampus sei seit Jahren alles nur Mögliche unternommen worden: "Es ist ja nicht so, dass nichts geschieht."

So wie Müller sieht Landrat Göbel alles auf zwei Standorte für den Campus zulaufen: entweder auf einem Areal des Bezirks Oberbayern gegenüber dem Haupteingang des Isar-Amper-Klinikums, oder in Gronsdorf auf einem Grundstück, das der Stadt München gehört. Für letzteres wird nun, wie auch Göbel bestätigt, ein Verkehrsgutachten angefertigt, das zeigen soll, ob auch ohne eine parallel zur Bahn verlaufende Erschließungsstraße, die sogenannte Nordtangente, ein Schulzentrum dort angesiedelt werden kann.

Die Stadt München soll das Grundstück einbringen

Göbel sieht dafür gute Chancen. Viele Schüler kämen ja mit öffentlichen Verkehrsmitteln an, sagt er. Die Stadt München, so eine Idee, könnte das Grundstück einbringen - als Leistung für die Aufnahme von Schülern aus angrenzenden Stadtbezirken.

Nach Berechnungen auf Grundlage des Realschulbaus in Taufkirchen hält Göbel eine Haarer Variante mit Kosten von zwölf Millionen Euro reinen Schulbaukosten für die Gemeinde für machbar. Bis zum Sommer werde eine Entscheidung bei der Grundstücksfrage angestrebt, sagt er. Die Gemeinde rechnet noch mit mehreren Millionen Euro für die Erschließung.

Derweil spitzt sich in Haar der Streit zu. Die CSU plant eine Veranstaltung am Donnerstag im Kleinen Theater, bei der SPD-Gemeinderat Cherin Sakkal ankündigt, Paroli bieten zu wollen, was eine Ko-Finanzierung der Gemeinde angeht. Landrat Göbel hält die emotional aufgeladene Debatte weder für angebracht noch für hilfreich. Auch wenn die Parteifreunde dahinterstecken. Göbel dazu: "Ich bin nicht der Ortsvorsitzende der CSU Haar."

© SZ vom 08.03.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: