Folgen des Brenner-Basistunnels für Haar:Der Lärm soll auf der Strecke bleiben

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Mit dem Brenner-Basistunnel wird der Bahnverkehr nochmal zunehmen. Deshalb sollen die Lärmschutzwände in Haar ergänzt werden. (Foto: Claus Schunk)

Der Bund verspricht auf der Zulaufstrecke zum Brenner-Baistunnel besseren Schallschutz. Doch in Haar und in der CSU gibt es Zweifel an der Umsetzung.

Von Matthias Köpf und Martin Mühlfenzl, Haar

Der Brenner ist weit, doch die Folgen des zunehmenden Zugverkehrs über diese wichtige Nord-Süd-Verbindung sind bis in den Landkreis zu spüren. Seit Jahren nimmt vor allem der Güterverkehr auf der Bahnlinie München-Rosenheim-Kiefersfelden zu und wenn erst in zehn Jahren der Brennerbasistunnel in Betrieb geht, werden noch mehr Züge auf dieser Strecke Richtung Italien rattern. Mit den entsprechenden Folgen für die Anwohner.

Das Bundesverkehrsministerium und die Deutsche Bahn haben deshalb eine Machbarkeitsstudie zur Lärmminderung in Auftrag gegeben. Den Entwurf stellten Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und Bahn-Vorstand Volker Kefer am Montag im Landkreis Rosenheim vor. Die wichtigsten Punkte darin für den Landkreis München: Investitionen in Höhe von etwa 1,9 Millionen Euro, neue Lärmschutzwände für die Haarer Ortsteile Gronsdorf und Eglfing sowie Spoiler auf bestehenden Wänden.

Weidenbusch glaubt noch nicht recht an den Lärmschutz

Davon könnten mehrere tausend Anwohner allein im Landkreis München profitieren (siehe Infokasten) sowie weitere in den Gemeinden Vaterstetten, Zorneding, Kirchseeon und Grafing im Landkreis Ebersberg. In Haar und selbst in Dobrindts eigener Partei gibt es aber Zweifel an der Umsetzung. So sagte der Haarer CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch am Dienstag zur SZ: "Mir ist das neu. Ich glaube erst, dass etwas passiert, wenn der Minister nach Haar kommt und hier Gespräche über konkrete Maßnahmen stattfinden."

Immer mehr Züge rauschen vorbei. Deshalb sollen die Lärmschutzwände in Haar ergänzt werden. (Foto: Claus Schunk)

Seit Jahren, so Weidenbusch, werde über neue Lärmschutzmaßnahmen insbesondere für die Menschen nördlich der Unteren Parkstraße und südlich der Gleise zwischen den Bahnhöfen Haar und Gronsdorf diskutiert. "Aber wirklich geschehen ist nichts. Und es würde mich wundern, wenn das jetzt so schnell gehen würde."

Sein Kollege von der SPD, der ebenfalls aus Haar stammende Abgeordnete Peter Paul Gantzer, ist weniger skeptisch. Er begrüße jeden Vorstoß, der zur Lärmminderung beitragen könne. Die Belastung insbesondere durch den Güterverkehr sei "unzumutbar". "Deshalb ist es gut, wenn langsam etwas Bewegung in die Angelegenheit kommt." Die Strecke von München bis Grafing wurde Ende der Neunzigerjahre viergleisig ausgebaut und ist beim Lärmschutz nach Ansicht der Bahn auf einem vergleichsweise aktuellen Stand. Deshalb sind zuerst Verbesserungen ab Grafing-Bahnhof vorgesehen.

Wie aus der Machbarkeitsstudie im Auftrag der Deutschen Bahn hervorgeht vor allem nördlich der viergleisigen Trasse. Südlich der Gleise besteht schließlich auf Haarer Gemeindegebiet und weiter Richtung Vaterstetten nahezu durchgängig eine Lärmschutzwand. Das noch fehlende Teilstück südlich der Gleise unterhalb des Ortsteils Gronsdorf ist aber auch Bestandteil der Machbarkeitsstudie; ebenso eine Lärmschutzwand nördlich der Gleise am S-Bahnhof Gronsdorf sowie am Sportpark Eglfing und dem gleichnamigen Ortsteil.

Vor allem die Anwohner in Gronsdorf und Eglfing, die der Trasse am nächsten wohnen, könnten der Studie zufolge von neuen Wänden profitieren. Die bestehenden Lärmschutzwände könnten zudem mit sogenannten Spoilern ausgestattet werden, die auf die Wände aufgesetzt werden. Neben höheren Wänden gilt der Bahn als bevorzugtes Mittel für mehr Schallschutz das regelmäßige Glätten der Gleise. Konkrete Vorschläge sollen in den kommenden Wochen zunächst mit Vertretern der Gemeinde und später öffentlich mit betroffenen Bürger besprochen werden.

So geschützt wie an einer Neubaustrecke wären die Anwohner nicht

Der Effekt all dieser Maßnahmen hielte sich der Machbarkeitsstudie zufolge aber in Grenzen. Dennoch ist damit zu rechnen, dass Kosten in Höhe von bis zu 1,9 Millionen Euro alleine auf dem Gebiet der Gemeinde Haar anfallen. Das Verkehrsministerium und die Bahn wollen deshalb generell ein Lärmschutz-Niveau erreichen, das zehn Dezibel über dem Richtwert für reine Neubaustrecken liegt. Das würde bedeuten, dass Anwohner bestehender Strecken doppelt so viel Lärm hinnehmen müssen wie Anwohner einer Neubaustrecke.

Der oberbayerische SPD-Bundestagsabgeordnete Ewald Schurer fordert unterdessen eine ganz neue Trasse für den Güterverkehr. Dies sei nötig, wenn Österreich wie angekündigt im Jahr 2026 den neuen Brennerbasistunnel in Betrieb nehme und der Verkehr weiter zunehme. Unterstützung erhält er vom politischen Gegner, allerdings mit Einschränkung: Dies sei wünschenswert, so der CSU-Abgeordnete Ernst Weidenbusch, "aber kaum realisierbar". So bleibt den Bahnanrainern zwischen München und Großkarolinenfeld nur auf eine Entlastung über Umwege zu hoffen: Auf lange Sicht soll es für den Großteil des besonders lauten Güterverkehrs einen anderen Brenner-Nordzulauf geben - über Mühldorf und Rosenheim.

© SZ vom 11.05.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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