Haar bei München:Doch kein "Bürger*innenplatz"

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Per Umfrage sucht man in Haar einen Namen für einen zentralen Platz im Ort. Als die Grünen einen gendergerechten Vorschlag machen, war das Feld bereitet für großen Zoff - eigentlich.

Von Bernhard Lohr, Haar

Die jüngste Umfrage in Haar hat gleich mehrere Erkenntnisse gebracht. Die wichtigste vielleicht: Die Haarer haben Humor. Und sie lassen sich auch nicht durch ein Thema auf die Palme bringen, das quer durch die Republik hitzig diskutiert wird. Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) hatte mal wieder zu einer Umfrage gebeten. Gemeinsam sollte ein Name für den Platz vor dem Bildungszentrum Poststadel gefunden werden. Als die Grünen einen "Bürger*innenplatz" vorschlugen, war das Feld bereitet für großen Zoff über gendergerechte Sprache. Doch stattdessen brachten die Haarer den angesehensten Bürger in der Gemeinde ins Spiel, den bisher keiner richtig auf dem Zettel hatte, und dachten sich 198 Namen aus, auf die man erst mal kommen muss.

Zwei Spaßvögel schlugen eine Benennung in "Andreas-Bukowski-mag-Umfragen-gern-Platz" vor. Andere ließen sich vom Gemeindenamen, der zu allerlei Wortspielen einlädt, inspirieren und wünschten sich einen "Haarmonieplatz", einen "Haarspalterplatz" oder tendierten mit "Haarmania" ins leicht Abgedrehte. Wer will, kann das als pfiffigen Kommentar zu der natürlich in Haar seit Wochen laufenden und von manchem als etwas verrückt angesehenen Diskussion über korrekte Sprache auffassen. So wie etwa auch den "Sternchenplatz". Einige Teilnehmer drifteten ins Absurde ab und warben für einen "Bürger:außenplatz" oder "Großvater:innenplatz".

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Natürlich hatten die Grünen ein ernsthaftes Anliegen, als ihre Gemeinderätin Ulrike Olbrich vorschlug, mit den Bürgern auch die Bürgerinnen an zentralem Ort zu ehren. Die Grünen wollten eine lebendige Diskussion anstoßen. Die gab es also. Übrigens auch mit Blick darauf, ob so prominent in der Ortsmitte nicht am Besten an Max Mannheimer erinnert werden sollte. Den 2016 gestorbenen Holocaust-Überlebenden und Menschenfreund, der trotz all des persönlich erlittenen Leids zur Versöhnung aufrief, schlugen gleich zehn Haarer vor. Mannheimer darf wohl als der angesehenste Bürger der Gemeinde gelten, der Platz im Herzen der Gemeinde wäre für ihn also angemessen.

Doch die Gemeinde hat bereits vor Jahren eine zentrale Straße im Jugendstilpark nach ihm benannt. So lief es auch mit dem Vorschlag "Postwiesn", für den eine Mehrheit von 772 Personen votierte. Damit würde an die alte Posthalterstation erinnert. Doch als "Postwiesn" ist im Sprachgebrauch schon die Wiese an der Jesuskirche eingeführt.

Immerhin 208 Haarer waren für den "Bürger*innenplatz". Am Ende setzte sich aber als "kleinster gemeinsamer Nenner", wie Olbrich sagt, im Gemeinderat der "Haarer Anger" mit einer Stimme Mehrheit durch. Den hatten acht Bürger empfohlen. Den im Gemeinderat unterlegenen "Nikolausplatz", den Bukowski befürwortet hätte, hatten 408 Bürger sich gewünscht. Dass deren Wille am Ende ignoriert worden sei, ärgere ihn schon, sagt Bukowski. Auch manch Haarer findet das nicht so lustig. Wozu alle befragen, so ein Facebook-Kommentar, wenn ein paar Gemeinderäte entscheiden, wie es ihnen gefällt?

© SZ vom 01.07.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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