Haar:Mehr als 40 Millionen zum Abschied

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Durch den Wegzug des Pharmaunternehmens MSD hat Haar einen wichtigen Steuerzahler verloren. (Foto: Claus Schunk)

Der Wegzug des Pharmakonzerns MSD trifft die Gemeinde hart. Das zeigen Zahlen, die der Kämmerer für 2021 vorlegt.

Von Bernhard Lohr, Haar bei München

Ein Mal noch ist im vergangenen Jahr über der Gemeinde Haar ein Geldregen niedergegangen. Nachzahlungen des Pharmaunternehmens MSD Sharp & Dohme GmbH haben die Gewerbesteuer-Einnahmen ein zweites Mal hintereinander auf ein außergewöhnliches Niveau steigen lassen. 2020 schon waren diese auf 44,5 Millionen Euro gestiegen und wie Kämmerer Günter Rudolf jetzt im Herbst 2022 im Gemeinderat mitgeteilt hat, lag man 2021 tatsächlich mit 42,9 Millionen Euro nur knapp hinter dem Rekord des Jahres 2020. Zu verdanken habe man das einem einzigen Unternehmen, sagte Rudolf, das Haar "leider" Ende 2021 verlassen habe. Das bezieht sich offenkundig auf MSD, das seit 1. November 2021 im Kreativviertel "Die Macherei" in Berg am Laim residiert.

Normalerweise ist ein Rückblick auf eine Jahresrechnung eine Angelegenheit von überschaubarer Brisanz. Bei den Finanzen sind die Zukunftsaussichten spannend. Und die sehen in Haar düster aus, weil eben mit MSD der wichtigste Steuerzahler weggebrochen ist. Zuletzt haben Gemeinderäte der CSU einen regelrechten Abstieg der Kommune an die Wand gemalt, wenn die aus ihrer Sicht wirtschaftsfeindliche Politik von SPD und Grünen sich weiter durchsetzt. Damit brandmarkten sie deren Kritik an angeblich überzogenen Forderungen der Firma Isar Aerospace, die sich auf der Finckwiese in Haar mit Firmensitz und Produktion niederlassen könnte. CSU und FDP wollen das unbedingt, auch weil sie auf Gewerbesteuer hoffen.

Die Gemeinde muss eine aufwendige Infrastruktur finanzieren

Wie dringend diese benötigt wird, zeigt gerade der überraschend erfreuliche Blick auf das letzte Jahr mit MSD am Ort. Vor zehn Jahren hatte Haar Gewerbesteueransätze in Höhe von zwölf bis 15 Millionen Euro. Das ist gemessen an der Größe der Kommune und der entsprechend aufwendigen Infrastruktur mit Schulen, Kindertagesstätten und auch drei Bädern wenig. 2016, 2017 und 2018 kam man bei der wichtigsten Einnahmequelle über die 20-Millionen-Grenze. Dann kam 2020 mit den 44,5 Millionen, die alles vorher Dagewesene sprengten. Offenkundig hat MSD mit seinen Medikamenten und auch mit seinen Impfstoffen in der Gesundheitskrise gut verdient. Denn 2021 wiederholte sich die üppige Zahlung. Der Ansatz im Rathaus mit 38 Millionen Euro an Gewerbesteuer wurde dank Nachzahlungen um 4,9 Millionen noch einmal nach oben korrigiert.

Doch schon 2020 war die Freude getrübt von dem Wissen, dass MSD Haar verlässt. Mittlerweile steht der ausgedehnte Bürokomplex am Lindenplatz längst leer. Haar droht bei den laufenden Einnahmen der Absturz. Vergangenes Jahr schon wurden Projekte wie etwa der Neubau einer Bücherei gestrichen und Kürzungen auch bei Vereinszuschüssen diskutiert. Die Haushaltsberatungen für 2023 laufen hinter den Kulissen. Von Entspannung ist bisher nichts zu hören. Dabei helfen freilich die erneut gestiegenen Rücklagen. Auf deren anderen Seite steht - immer zwei Jahre folgend - die auf hohe Einnahmen folgende hohe Umlage an den Kreis an. Auch fordert die Kommunalaufsicht, dass Städte und Gemeinden ihre laufenden Ausgaben mit laufenden Einnahmen abdecken können. Und da sieht es für Haar schlecht aus.

Dennoch: Statt 15,7 Millionen Euro wurden 2021 immerhin 28 Millionen Euro vom Verwaltungshaushalt (laufendes Geschäft) in den Vermögenshaushalt (Investitionen) transferiert. Dabei hilft auch, dass weniger ausgegeben wurde als erwartet und auch anderswo mehr hereinkam, wie etwa beim Gemeindeanteil der Einkommenssteuer und bei der Grundsteuer. Die Rücklagen beliefen sich zum 31. Dezember 2021 in Haar auf 63,5 Millionen Euro, die Pro-Kopf-Verschuldung lag bei 742,94 Euro, was über dem Landesdurchschnitt von 552 Euro liegt.

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