Sport:Haar soll zur Baseball-Hochburg werden

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Die Baseballer der München-Haar Disciples machen in der Bundesliga seit Jahren eine gute Figur. (Foto: Claus Schunk)

Obwohl der Verein zuletzt seinen Hauptsponsor verloren hat, steckt sich das Bundesliga-Team der Disciples hohe Ziele. Die Gemeinde sagt Unterstützung zu - hat aber selbst ein ganz ähnliches Problem.

Von Bernhard Lohr, Haar

Die Bundesliga-Baseballer der München-Haar Disciples haben zuletzt einen herben Rückschlag erlitten. Der Verein muss verkraften, dass der finanzkräftige Pharmakonzern MSD Sharp & Dohme seinen Sitz von Haar nach München verlegt hat und als Hauptsponsor wegfällt. Trotzdem haben die Disciples ehrgeizige Ziele formuliert. Sie wollen für neue Sponsoren attraktiv werden und innerhalb der nächsten fünf Jahre Deutscher Meister werden. Der Verein setzt darauf, mit der Begeisterung für den populären US-Sport Strahlkraft zu entwickeln. Haar soll Baseball-Hochburg in Süddeutschland werden, mit Top-Teams, Top-Jugendarbeit und toller Sportstätte. Dabei ist der Verein auch auf die Kommune angewiesen. Aber Geld ist von der eher nicht zu erwarten.

Denn die Gemeinde Haar teilt das Schicksal der Disciples: Das Rathaus kämpft selbst schwer damit, dass MSD als größter Steuerzahler ausgefallen ist und sich ein Millionenloch aufgetan hat. Der Bau einer Gemeindebibliothek ist erstmal nicht in Sicht und auch die Unterstützung für Vereine steht infrage. Dennoch haben Bürgermeister und Gemeinderäte aller Fraktionen jüngst im Gemeinderat größtmöglichen Beistand zugesagt, als Tom Wolf und Jo Penzkofer im Namen des Vorstands der Baseballer ihre Vision ausbreiteten und sachte um Beistand baten.

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(Foto: SZ)

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Zunächst ging es um tolle Zahlen und Erfolge, was sich die Verantwortlichen im Rathaus auch gerne anhörten. 62 Millionen Aktive zähle der Baseball-Sport weltweit und 500 Millionen Fans, erzählte Wolf, um auf das Potenzial des in Deutschland nach wie vor als Nischensport geltenden Spiels hinzuweisen. Die Disciples gehörten seit vier, fünf Jahren zu den besten sechs Mannschaften der Bundesliga, sagte Wolf, und hätten vergangene Saison nur wegen einer Niederlage gegen die Heideköpfe Heidenheim nicht in den engeren Kampf um die Meisterschaft eingegriffen. "Die Vorstellung, dass am Haarer S-Bahnhof die Deutsche Meisterschaft gefeiert wird, ist nicht schlecht", sagte Thomas Reichel (CSU).

Doch umsonst ist das nicht zu haben. Abgesehen vom Problem mit dem fehlenden Sponsor lässt der Platz im Sportpark zu wünschen übrig. Der Deutsche Baseball- und Softball-Verband pocht seit Jahren auf eine ausreichende Flutlichtanlage. Es fehlt ein fester Kiosk und auch sonst Infrastruktur, die eigentlich für die Bundesliga vorausgesetzt wird. Der Verband drücke seit Jahren ein Auge zu, sagte Penzkofer, weil die Disciples als "originärer Bestandteil der Bundesliga" angesehen würden. Für die im Frühjahr beginnende Saison liege auch die Spielberechtigung vor, entkräftete er etwaige Zweifel, die hochfliegenden Träume für die Zukunft könnten sehr schnell ausgeträumt sein.

Das Baseball-Feld würde sich im Grunde anbieten, um dort weiter Gewerbe nahe dem Bahnhof anzusiedeln. Doch die Eigentumsverhältnisse sind kompliziert. (Foto: Sebastian Gabriel)

In einem Fall zeichnet sich ein Entgegenkommen der Gemeinde ab. Es ist wohl vom Tisch, die Baseball-Anlage an den Westrand von Eglfing zu verlegen, was Bürgermeister Andreas Bukowski (CSU) gerne getan hätte, um die jetzige Sportfläche für Gewerbe zu nutzen. Das ist jedoch - auch wegen einer schwierigen vertraglichen Konstellation mit dem Bezirk Oberbayern bei dem Grundstück - nicht finanzierbar. So dürften die Baseballer bleiben, wo sie sind. Eine Formsache wäre dann, die Nutzungssatzung für das Spielfeld im Sportpark so zu ändern, dass Bandenwerbung mit Sponsoring zugunsten der Disciples möglich wird. Bisher fließen solche Einnahmen an den Sportpark, der diese zweckgebunden weitergibt.

Der Name Disciples, auf Deutsch "Schüler" oder "Jünger", rührt daher, dass 1990 eine Ministrantengruppe in Haar auf dem Grün am Wieselweg den US-Sport für sich entdeckt hat. Die Gemeinde unterstützte den Verein, der in die oberste Spielklasse aufstieg und 2018 auch schon mal in finanzielle Schieflage geriet. Doch die Probleme von damals seien aufgearbeitet, sagt Tom Wolf. Der Verein sei auch ohne MSD im Moment solide aufgestellt. Dennoch sieht er die Disciples an einem "Scheidepunkt". Man wolle jetzt "den nächsten Schritt" tun und mit Hilfe von Sponsoren, der Gemeinde und mit Sportlern aus dem eigenen Nachwuchs Nachhaltiges aufbauen. Ihr Selbstbewusstsein ziehen die Disciples aus der, wie Wolf sagte, hoch erfolgreichen Jugendarbeit, die viele "Pitcher", also Werfer, hervorgebracht habe, die ein Bundesliga-Team dominieren könnten. "Wir wollen hier eine Graswurzel-Bewegung sein", sagte Penzkofer.

Bei den Finanzen und den weiteren Plänen und Wünschen blieben die Baseball-Funktionäre und der Bürgermeister wolkig. Bukowski sprach von einer "Wunschliste" und spekulierte, dass auf das Trainingsfeld der Baseballer ein "hybrides" Gebäude gesetzt werden könnte, in dem Gewerbe, ein Besucherzentrum und oben auf dem Dach ein Trainingsfeld Platz finden könnten. Tom Wolf wünschte sich, mit der Gemeinde ein "Gesamtkonzept" auszuarbeiten und Jo Penzkofer sprach von einer Public-private-Partnership, über die man Dinge umsetzen könne, ohne dies näher zu erläutern. Bukowski schwärmte von mehr "Eventcharakter" beim Baseball, auch zum Nutzen der Gemeinde.

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