Wirtschaft:Innovationen auf dem Radar

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Demonstrationsobjekt: Wirtschaftsstaatssekretär Tobias Gotthardt mit Kymati-Chef Dirk Brunnengräber und Michael Voith von Voithenberg (von links) vor einer Drohne. (Foto: Sebastian Gabriel)

Die Kymati GmbH in Grasbrunn entwickelt Ortungssysteme für Drohnen, Lufttaxis und andere Zukunftstechnologien. Wirtschaftsstaatssekretär Gotthardt zeigt sich bei einem Besuch überzeugt, dass die Fördermittel seines Ministeriums gut angelegt sind.

Von Laura Geigenberger, Grasbrunn

Dass es auf dem Dach über dem Grasbrunner Technopark recht zugig ist und nieselt, macht vielleicht Michael Voith von Voithenberg etwas aus, nicht aber der Technologie, die er vorführen will. Der Mitarbeiter der Kymati GmbH schwenkt dort oben einen Kamerakran, daran sind Radarsensoren befestigt, ebenso in den runden, orangefarbenen Hütchen, die auf dem Dach verteilt sind. Drinnen im Kontrollraum zeigt eine Grafik auf einem Computerbildschirm die "Flugposition" und Abstände des Krans zum Boden an - hochpräzise, egal, wie wild sich die Konstruktion bewegt.

"Das sieht einfach aus, da stecken aber Jahrzehnte an Forschung drin", erklärt Dirk Brunnengräber Wirtschaftsstaatssekretär Tobias Gotthardt (Freie Wähler) bei dessen Besuch in Grasbrunn. Brunnengräber ist der Mitgründer und Geschäftsführer der Firma Kymati, die sich der Entwicklung von Radartechnologie verschrieben und sich mit ihren Innovationen weltweit einen Namen gemacht hat. Die Staatsregierung fördert aktuell drei Forschungsprojekte von Kymati. Deshalb habe man den Ministeriumsvertreter eingeladen: um zu zeigen, "dass das Geld, das in innovative bayerische Unternehmen investiert wird, auch Ergebnisse erzielt", sagt Brunnengräber.

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Die Luft- und Raumfahrt der Zukunft ist ohne Radartechnologie undenkbar. Schon jetzt werden unbemannte Luftfahrzeuge wie Drohnen oder Multikopter im Katastrophenschutz sowie bei Bahngleis- und Brückeninspektion eingesetzt; künftig sollen sie Pakete ausliefern, Material zu Offshore-Windparks oder gar Menschen transportieren. Auch für autonome Fahrerassistenzsysteme, die Schifffahrt, die Industrie, das Militär, zur Personen- und Objekterkennung sowie zur Verkehrsüberwachung wird Radartechnologie immer wichtiger.

Auf dem Bildschirm ist zu sehen, wo sich der Arm des Krans gerade befindet. (Foto: Sebastian Gabriel/)

Ihr Prinzip funktioniert ähnlich wie der Orientierungssinn von Fledermäusen: Ausgesendete elektromagnetische Wellen werden von Objekten in der Umgebung als Echo reflektiert. Das Radar misst die Dauer der Zeit, welche das Echo braucht, um zurückzukehren - so kann es die Entfernung, Richtung, Geschwindigkeit und Größe der erfassten Objekte bestimmen und ein klares Bild von der Umgebung nachzeichnen. Anders als Kameras oder GPS funktionieren Radarsignale selbst unter den schlechtesten Wetterbedingungen und Lichtverhältnissen sowie unabhängig von Satellitensignalen.

Per Powerpoint-Präsentation und mit einer Führung durch die eher schlichten Räumlichkeiten von Kymati informiert Geschäftsführer Brunnengräber den zunehmend beeindruckt wirkenden Staatssekretär über seine Firma. Die Entscheidung, sich mit dieser im Freistaat - nicht im Ausland - niederzulassen, sei eine ganz bewusste gewesen. Aus einem Grund: "Bayern hat außergewöhnliche Voraussetzungen in Sachen Radar, sogar außergewöhnlich mit Blick auf dem Weltmarkt", sagt Brunnengräber. "Wir haben einzigartiges Know-how durch Firmen wie Airbus oder universitäre Tätigkeiten, die sich mit dem Thema beschäftigen."

Die Technik, die Kymati entwickelt, wirkt auf den ersten Blick eher unspektakulär. (Foto: Sebastian Gabriel/)

2018 hat Brunnengräber die Kymati GmbH gegründet; im Grasbrunner Technopark sitzt das Unternehmen seit 2019. Zuvor war das Gebäude am Hochacker 5 jahrelang leer gestanden. "Wir haben hier eine Heimat gefunden, die sich wirklich sehr bewährt hat und ein idealer Standort ist", betont Brunnengräber. Rund 30 Mitarbeiter beschäftigt er derzeit. Das Team setzt sich aus erfahrenen Spezialisten zusammen; viele kamen von Großkonzernen wie Siemens oder Airbus zu Kymati. Sie entwickeln und vermarkten Radarsensoren für industrielle Anwendungen, Drohnen oder zur Verkehrsüberwachung. Die Produktion der Komponenten übernehmen bayerische Hersteller; die Kunden und Kooperationspartner von Kymati sind jedoch auf der ganzen Welt verteilt. Mit ihren Innovationen sei die kleine Grasbrunner Firma derzeit gar "technologisch weltweit führend", sagt Brunnengräber. Sein Ziel sei es, Radar als Sensortechnik zu kommerzialisieren und somit als Technologie auch für einfache Anwendungen "erschwinglich" zu machen.

Um diese Entwicklung voranzutreiben, forscht die Kymati in Kooperationen mit Hochschulen, insbesondere der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Das gemeinsame Projekt "Smart-Radar" etwa dient dazu, Radaranwendungen bei der Verkehrsüberwachung mit künstlicher Intelligenz zu verbinden. Bei "3D-LOC" hingegen geht es darum, Objekte in einem Raum mithilfe der Radioortung dreidimensional und hochpräzise zu lokalisieren. Am Vorhaben "AMI-PGS" forschen gleich mehrere Partner, unter anderem Airbus, um Navigationstechnologien für bodennahe Luftfahrzeuge zu entwickeln - wie das von Airbus bis 2030 angestrebte Lufttaxi.

Das Wirtschaftsministerium unterstützt die drei Projekte des Grasbrunner Unternehmens bis 2025 mit insgesamt 1,9 Millionen Euro. Dafür zeigt sich Brunnengräber sehr dankbar. "Wir sind ein kleines Unternehmen - Forschungsvorhaben helfen uns, das zu tun, was wir tun", sagt er. "Sie sind für uns extrem wichtig und ich glaube, dass wir auch ein gutes Beispiel dafür geben können, dass es tatsächlich gut investiertes Geld ist - damit wächst ein weltweiter Markt und wir erzeugen Arbeitsplätze in Bayern, die es wert sind, ausgebaut zu werden." Diese Entwicklung sehe er auch, stimmt ihm Gotthardt zu und verspricht: Der Freistaat werde das Verbundforschungsprogramm deshalb in absehbarer Zeit nicht kürzen. "Wir wissen, was wir daran haben. Die Gelder, die wir als Freistaat da reingeben, sehen wir als gut investiert, weil sie unseren Wirtschaftsstandort Bayern nachhaltig und längerfristig fit machen."

"Solche Firmen wie ihr, das sind Mutmacher für den Standort Bayern."

Daneben gibt Kymati-Geschäftsführer Brunnengräber dem Staatssekretär auch zwei Wünsche mit auf den Weg. Seiner Ansicht nach sollen Fördergelder an kleine Unternehmen künftig schneller ausgezahlt werden sowie Bayern als Standort für heimische Entwickler von Kerntechnologien attraktiver gemacht werden, damit diese nicht mehr ins Ausland abwanderten. All das seien bereits "große Themen" im Wirtschaftsministerium, sagt Gotthardt. "Ich kann Ihnen versprechen, wir tun alles, was hilft, die Entwicklungen im Wirtschaftsbiotop Bayern voranzutreiben und zu vernetzen."

Am Ende des Besuchs zeigen sich beide Seiten sehr zufrieden. Er glaube, dem Ministeriumsvertreter vermittelt zu haben, dass "kleine Unternehmen noch viel schneller tolle Dinge tun können, wenn sie ein bisschen Unterstützung kriegen", ist Kymati-Geschäftsführer Dirk Brunnengräber überzeugt. Seine Firma wolle weiterhin durch Radar-Innovationen "Made in Grasbrunn" die Technik der Zukunft reformieren. Dass er den Vertreter des Wirtschaftsministeriums von seinen Visionen überzeugt hat, kann er fast sicher sein. Denn zuvor hat Staatssekretär Tobias Gotthardt beinahe euphorisch gesagt: "Solche Firmen wie ihr, das sind Mutmacher für den Standort Bayern." Man habe die Kymati GmbH aus Grasbrunn "nun definitiv auf dem Radar".

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