Gastronomie:Die Küche bleibt kalt

Lesezeit: 3 min

Bayerische Gasthäuser haben es schwer: In Siegertsbrunn schließt die Traditionswirtschaft Inselkammer, in Wörnbrunn und Keferloh versuchen es nach mehreren Flops wieder zwei neue Wirte.

Von Bernhard Lohr, Höhenkirchen-Siegertsbrunn

Auf der Wiesn schleppen die Bedienungen zurzeit schwer, um all die Hendl, Haxn und Schweinsbraten unter die Leute zu bringen. Die bayerische Küche ist angesagt, das Geschäft in den Zelten brummt. Doch im Münchner Umland kämpfen viele alt eingesessene Wirtschaften mit traditioneller Speisekarte seit Jahren ums Überleben. Wie klingend die Namen der Häuser auch sind, ob es das Forsthaus Wörnbrunn ist oder das Wirtshaus Kreitmair am Gut Keferloh - seit Jahren kommen und gehen die Wirte. Soeben hat der Pächter vom Gasthaus Inselkammer in Siegertsbrunn das Handtuch geworfen. Gäste stehen seit Montag vor verschlossener Tür.

Im Ort wurde schon länger über den baldigen Abschied des Wirtepaars Michaela und Herbert Stetter spekuliert. Der vor Jahren von der Brauerei Aying aufwendig ausgebaute, schmucke Gasthof in Siegertsbrunn lief nicht richtig. Der idyllisch gelegene Biergarten war trotz schönen Wetters oft spärlich besetzt. Es gab Klagen über mäßigen Service und mäßiges Essen. Jetzt bestätigte Brauereidirektor Helmut Erdmann die Vertragsauflösung mit dem Wirt "im beiderseitigen Einvernehmen". Am Montag lief schon die Übergabe. "Wir hätten das gerne länger gemacht", sagt Erdmann, man schätze eigentlich "eine längerfristige Zusammenarbeit".

Zwei Jahre waren Michaela und Herbert Stetter Wirte in Siegertsbrunn. (Foto: Claus Schunk)

Was gibt es auch Schöneres als ein eingeführtes Wirtshaus mit Stammpublikum und gutem Ruf? Doch soweit, sich einen solchen aufzubauen, kommt es oft gar nicht mehr. Gerade zweieinhalb Jahre hielt sich der Wirt in Siegertsbrunn, der mit hohen Erwartungen das Haus übernommen hatte. Schließlich trägt der "Inselkammer" in Siegertsbrunn den Namen des Bräu von Aying. Die Suche nach einem neuen Wirt laufe, sagte Erdmann, der mit einer Neueröffnung nicht vor Februar oder März kommenden Jahres rechnet. Es sei ein schwieriges Geschäft, sagt er.

Restaurant-Ketten haben Zulauf

Der Trubel um die Wiesn, bei der gezählt wird, wie viele Hendl, Ochsen und Kälber verspeist werden, verdeckt nur kurzzeitig, wie schwer es die bayerische Gastronomie im Münchner Umland hat. Die Wirte in dem von der Augustiner-Brauerei im März 2017 mit Pomp eröffneten Wirtshaus Kreitmair in Keferloh hielten nicht einmal solange durch wie die in Siegertsbrunn. Und im Forsthaus Wörnbrunn, wo einst der legendäre Wiesnwirte-Napoleon Richard Süßmeier die Münchner Prominenz begrüßte und manchmal mit 30 Köchen gastronomisch ein großes Rad drehte, gaben die letzten Wirte nach weniger als einem Jahr wieder auf. In Keferloh und in Wörnbrunn allerdings stehen nach einer Schließung die Zeichen wieder Mal auf Neuanfang: So möchte Jens Theo Heupgen, der bei Wasserburg mit der "Land-Wirtschaft" ein Gasthaus in ähnlicher Dimension und Ausrichtung betreibt, am 20. Oktober in Keferloh wieder aufsperren, und in Wörnbrunn wird Florian Gürster, der das Catering-Unternehmen "Flo & Co" betreibt, wohl ebenfalls Ende des Monats aufmachen, um das Forsthaus nun wirklich in eine bessere Zukunft zu führen.

Auch das Gasthaus Wörnbrunn ist aktuell geschlossen. (Foto: Claus Schunk)

Dass sich die Gegenwart so schwierig darstellt, hat laut Ayings Brauereidirektor Erdmann mit den besonderen Umständen zu tun, ein großes Wirtshaus mit bayerischer Küche in der Region München zu führen. Er beobachtet den Zulauf, den etwa eine Restaurant-Kette wie L'Osteria im Gewerbegebiet Brunnthal erlebt, wo Pizza und Pasta zu Preisen angeboten werden, den viele auch nur bereit sind, für einen Schweinsbraten zu bezahlen.

Kostspieligere Zutaten für die bayerische Küche

Man benötige für bayerische Küche aber viel kostspieligere Zutaten, sagt er. Die Zubereitung sei aufwendig und die Gewinnspanne schmal. Und Personal sei für den Service nur schwer zu finden, vom passenden Wirt mal ganz abgesehen. Deshalb gibt es laut Erdmann bei der Brauerei in Aying auch Überlegungen, Gasthäuser enger an das Stammhaus anzubinden und eigene, am Brauereigasthof ausgebildete Leute in Leitungsfunktionen zu bringen. Für Siegertsbrunn freilich sei das keine Lösung, dafür sei das Haus schlicht zu groß.

Da sollte also jemand mit Erfahrung ran. Vielleicht ist der ideale Wirt ein Mensch mit einem Optimismus und Tatendrang, wie ihn Jens Theo Heupgen an den Tag legt, der außer der "Land-Wirtschaft" bei Wasserburg nebenher eine Innenausbaufirma und eine Restaurateur-Werkstatt betreibt und mit alten Möbeln handelt. Am Telefon sprüht er vor Energie, als er auf sein Projekt in Keferloh angesprochen wird. "Ich bringe das Schiff wieder zum Laufen", sagt er, "ich weiß es."

Heupgen setzt auf Größe. Mit seiner Innenausbaufirma baut er gerade den Saal beim Kreitmair aus, um große Hochzeiten mit bis zu 200 Personen ausrichten zu können. Die füllten bei ihm in Wasserburg 20 Mal im Jahr das Haus. Die Vereine müssten wieder zurückkommen zum ehemaligen Kreitmair, sagt er. Einen Grundstock an Personal will Heupgen aus Wasserburg mitbringen. Am 20. Oktober, um 10.30 Uhr wird beim Kreitmair das erste Bier für Gäste gezapft. Und es gibt "bayerische Küche mit Pfiff", verspricht der Chef.

© SZ vom 01.10.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: