Garching:Vom Online-Handel abgesägt

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Der Baumarkt Pradler würde heuer 55-jähriges Bestehen feiern. Doch keinem ist zum Feiern zumute. (Foto: Caterina Hess)

Der Werkmarkt Pradler schließt im Sommer. Die Geschäftsführer sehen wegen sinkender Umsätze keine Zukunft mehr.

Von Patrik Stäbler, Garching

Der Werkmarkt Pradler in Garching feiert heuer seinen 55. Geburtstag. Allein nach einem rauschenden Fest ist an der Münchner Straße niemandem zumute, denn im Sommer wird das traditionsreiche Geschäft seine Türen schließen - für immer. "Uns ist die Entscheidung nicht leicht gefallen, wir hatten viele schlaflose Nächte", sagt Albert Pradler, der den Betrieb mit seinem Bruder Robert Pradler leitet. Doch die Konkurrenz der umliegenden Baumärkte und der Trend zum Online-Shopping, der sich in der Pandemie beschleunigt habe, lasse ihnen keine Wahl. "Wir hatten im Jahr 2021 einen starken Rückgang bei den Kundenzahlen", sagt Albert Pradler. Bei gleichzeitig hohen Kosten durch Miete und Personal sei dies schlicht nicht mehr tragbar.

Nun beginnt schon nächste Woche der Räumungsverkauf, der drei Monate dauern soll. Danach gehe es ans Aufräumen, sagt Albert Pradler, ehe am 30. Juni der Mietvertrag ausläuft. Dann wird die Geschichte jenes Geschäfts enden, das Robert Pradler 1967 als Schreinerei gründete. Im Zuge des Do-it-Yourself-Booms in den 1970er-Jahren erweiterte er den Betrieb um einen Heimwerker-Fachmarkt; 1982 folgte der Umzug ins Gebäude an der Münchner Straße. Nach dem plötzlichen Tod des Firmengründers 1998 übernahmen seine Söhne das Geschäft: Klaus Pradler war fortan für die Schreinerei zuständig, sein Bruder Albert Pradler für den Heimwerkermarkt.

Ein schwerer Schlag für Garching

Dieser wurde 2011 umfassende modernisiert und umgestaltet, doch schon kurze Zeit später geriet der Betrieb in finanzielle Schwierigkeiten. Seinerzeit holte Albert Pradler eine Unternehmensberatung mit ins Boot, worauf sich die Lage zwischenzeitlich verbessert habe, wie er sagt. Doch dann hätten "verschiedene Faktoren" den Druck wieder erhöht - allen voran die Pandemie. "Wir mussten Anfang 2021 zehn Wochen schließen, danach war im Frühling auch noch schlechtes Wetter", sagt Albert Pradler. Vor allem jedoch habe er Kundschaft an den Online-Handel verloren, der durch die Coronakrise zusätzlichen Auftrieb erhalten habe. "Wenn die Leute eh schon im Home Office am Computer sitzen, dann kaufen sie da auch gleich ein", sagt der Geschäftsführer.

Er ist überzeugt, dass sich dieser Trend fortsetzen wird: "Der Einzelhandel ist in einem Umbruch", betont Pradler. "Wir sind nicht die ersten, die zu kämpfen haben, und wir werden nicht die letzten sein." So kündigte erst kürzlich der Werkmarkt Rettenberger in Ottobrunn an, nach mehr als 65 Jahren Ende Juli ebenfalls einen Schlussstrich zu ziehen. Und auch dort wurden - nebst anderen Faktoren - die Konkurrenz durch die Baumärkte in der Umgebung und der Online-Handel als Gründe genannt.

Für die Einkaufslandschaft in Garching sei das Aus für den Pradler ein schwerer Schlag, sagt Salvatore Disanto, Vorsitzender des örtlichen Gewerbeverbands. "Für mich kam das etwas überraschend. Ich hatte eher das Gefühl, dass es da bergauf ging." Generell zeichnet Disanto aber ein düsteres Bild, was die Zukunft des Einzelhandels in Garching betrifft. "Wir haben in den letzten zehn Jahren verschiedene Ansätze verfolgt, um die Innenstadt zu beleben - der Gewerbeverband, die Stadt und der Verein Lebendige Ortsmitte.

Doch unterm Strich muss man sagen, dass das alles keinen Erfolg hatte." In der Pandemie sei der Online-Handel in Bereiche vorgedrungen, "wo es zuvor undenkbar war - zum Beispiel bei Lebensmitteln", sagt Disanto. Nicht zuletzt diese Entwicklung habe ihn zu der Überzeugung kommen lassen: "Der Einzelhandel, der auf den Verkauf von Waren im Geschäft angewiesen ist, wird in Kleinstädten wie Garching in nächster Zeit verschwinden."

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