Drogenszene Haar:Wegschauen ist der falsche Weg

Lesezeit: 1 min

Wenn zutrifft, was Anwohner beobachten, braucht die Gemeinde dringend neben mehr Polizeipräsenz auch Streetworker.

Kommentar von Bernhard Lohr

Es ist leider so verbreitet wie falsch: Wenn Probleme auftauchen, schauen die Menschen am liebsten weg. Das ist bequem. Wer ein Defizit anspricht, muss sich dafür oft erklären und manchmal sogar verteidigen. Mitunter wird man als Nörgler abgestempelt. In einigermaßen überschaubaren Kommunen wie im Landkreis München läuft man sogar Gefahr, als Nestbeschmutzer dazustehen. Man kann doch nicht seinen Wohnort oder sein Quartier schlecht hinstellen, heißt es dann. Das ist ebenso Unsinn wie die Behauptung, ein Ort oder eine Siedlung sei ein Hotspot für Drogendealer.

Der Chef der Haarer Polizeiinspektion hat insofern recht, wenn er sagt, dass überall Drogen konsumiert und gehandelt werden. Dennoch müssen sich die Polizei und auch das Haarer Rathaus schon fragen lassen, ob sie die Verhältnisse nicht allzu oft geschönt darstellen. Jedes Jahr ist auf der Bürgerversammlung zu erleben, wie der Bürgermeister und der Polizeichef erzählen, wie toll alles sei und wie sicher man doch in Haar lebe. Ein paar Worte zu Defiziten und zum problematischen Drogenkonsum von Jugendlichen wären nicht verkehrt. Das darf man den Menschen schon zumuten.

Aber so zu tun, als gäbe es diese Probleme nicht, ist gefährlich. Die Menschen kriegen ja mit, was abläuft. Wenn Polizei und Rathaus wegschauen und nach einem Anruf bei der Polizei zudem erst nach einer Stunde eine Streife mit Blaulicht kommt, schwindet das Vertrauen in die Institutionen. Mit Polizei und Sicherheitswacht alleine ist es aber ohnehin nicht getan. Eine Gemeinde wie Haar braucht Streetworker, die hinschauen, was im Viertel passiert und wo es hapert, und die als aufsuchende Jugendarbeiter auf Dealer und ihre Kunden zugehen.

© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: