Landtagswahl:Kollektives Durchatmen bei der CSU

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"So sehen Sieger aus", singen die Unterschleißheimer CSU-ler, als Ernst Weidenbusch zur Feier stößt. Bei Horst Seehofer und seinem Parteivorsitz scheiden sich allerdings die Geister. (Foto: Claus Schunk)

Es hätte ja noch schlimmer kommen können: Bei den Christsozialen im nördlichen Landkreis gerät der Wahlabend weniger zur Siegesfeier, sondern vielmehr zum Treff der Erleichterten. Mit der in die Bedeutungslosigkeit fallenden SPD hat die CSU Mitgefühl.

Von Bernhard Lohr, Unterschleißheim

Weiß-blaue Fähnchen auf den Tischen. Luftballons hängen von der Decke. Doch zum Feiern zumute ist am frühen Abend niemandem bei der CSU, die sich in Unterschleißheim im Alten Wirt trifft. Parteichef Horst Seehofer hat hier nicht mehr so viele Freunde. Robert Auernhammer aus Garching, langjähriges CSU-Mitglied, blickt gebannt auf den Fernseher. "Nein", sagt er auf die Frage, ob Seehofer noch als Vorsitzender zu halten sei. Rolf Zeitler, Altbürgermeister von Unterschleißheim, ist zumindest noch etwas zurückhaltender. Man tue Seehofer "unrecht", sagt er. Er habe die Bayern-Themen in Berlin thematisiert. Aber durchgesetzt, das räumt er ein, hat er sich nicht.

Es ist eine denkwürdige Wahl, für die CSU in Bayern. Aber es ist auch so etwas wie Erleichterung zu spüren, dass es nicht noch schlimmer gekommen ist für die Partei. Beim Blick auf die Ergebnisse der Sozialdemokraten herrscht Betroffenheit: "Dass es die SPD so zerbröselt", sagt einer, der zusammen mit anderen CSU-Anhängen auf der Terrasse sitzt.

Der Niedergang der SPD bewegt auch die CSU

Wie verunsichert die Partei ist, was sie alles für möglich gehalten hat in diesem kräftezehrenden Wahlkampf, zeigt sich, als Stefan Krimmer, der CSU-Vorsitzende in Unterschleißheim, um 21.43 Uhr mit hochgehaltenen Smartphone zur Tür hereinkommt und verkündet, dass der eigene Direktkandidat im Stimmkreis München-Land Nord, Ernst Weidenbusch, mit 28 Prozent der Erststimmen in Front liegt. Auf dem zweiten Platz ist Claudia Köhler von den Grünen mit mehr als 20 Prozent. Dass SPD-Kandidatin Annette Ganssmüller-Maluche mit 13 Prozent sogar hinter Nikolaus Kraus von den Freien Wählern liegt, können die CSU-Leute nicht so recht glauben. "Wir haben Annette Gansmüller-Maluche als ernst zu nehmende Konkurrentin gesehen", sagt Krimmer. Der Niedergang der SPD bewegt auch die CSU.

Kann die CSU jetzt einfach weitermachen wie bisher? Robert Auernhammer findet nicht. Er sieht in dem von Horst Seehofer angezettelten Streit um Flüchtlinge und den Verfassungsschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen einen Kardinalfehler. Es sei doch um Kleinigkeiten gegangen, sagt er. Der Parteichef habe Fehler gemacht und er sollte für Ilse Aigner den Platz räumen. "Ich bin ein Fan von Aigner", sagt er. Diese wirke integrierend und könne Leute mitnehmen. An den Personen will es Annette Fritsch, CSU-Mitglied aus Unterschleißheim, nicht festmachen. Sie wirkt sehr ernst, als sie bekennt, wirklich "ratlos" zu sein. Sie habe viele Situationen im Wahlkampf erlebt, als Menschen ganz unterschiedliche Gründe vorgetragen hätten, warum sie die CSU nicht mehr wählen wollten. Mal sei es der angeblich verordnete Abschied vom Diesel, mal sei man zu hart mit Merkel umgesprungen und mal zu lasch in Berlin aufgetreten. Fritsch zieht sogar Parallelen zur SPD und deren Verlusten. Es tue sich eine Lücke auf zwischen den Politikern und den Wählern.

Applaus für den Lokalmatador Weidenbusch

Rolf Zeitler hat als Altbürgermeister schon etwas Abstand zur aktiven Politik, er wirkt gegen 22 Uhr fast entspannt, als sich die Ergebnisse stabilisieren. Die Direktkandidaten Weidenbusch im Norden und auch Kerstin Schreyer im Stimmkreis München-Land Süd seien durch, sagt er. Man werde mit den Freien Wählern koalieren können. Folgen für die Arbeit der großen Koalition in Berlin sieht er nicht. Zumindest nicht unmittelbar. Ein Austausch des Personals sei "nicht zielführend", findet Zeitler. Die Politik aber müsse sich ändern, mehr Menschen mitnehmen, auch mal sagen, "wenn etwas nicht geht". Im Laufe des Abends wird die Stimmung sogar noch richtig gelöst. Gegen 22 Uhr trifft Lokalmatador Weidenbusch mit seiner Frau Claudia ein. Kräftiger Applaus brandet los. "So sehen Sieger aus", wird gesungen. Man sei mit zwei blauen Augen weggekommen, sagt ein CSU-Anhänger. Anders als die SPD.

© SZ vom 15.10.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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