Bildungspolitik:Die Schule der Zukunft

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So könnte das neue Gymnasium in Kirchheim in etwa aussehen - in Anlehnung an das weltbekannte Orestad Gymnasium in Kopenhagen. (Foto: N/A)

In der Diskussion über den Bau des Unterföhringer Gymnasiums erneuert SPD-Kreisrätin Ganssmüller-Maluche die Forderung nach kleineren Schulen. In der Mediengemeinde aber gibt es ganz andere Meinungen

Von Martin Mühlfenzl, Unterföhring/Ismaning

Es geht um einen pädagogischen Grundsatzstreit, sagt Kreisrätin Annette Ganssmüller-Maluche. Ein Streit, der Lehrer, Eltern und Politiker seit Generationen beschäftigt: Wir groß soll die optimale Schule sein? Diese Debatte hat nun die Gemeinde Unterföhring erreicht, wo im Jahr 2020 die ersten Schüler ihr neues Hightech-Gymnasium beziehen sollen - und der Streit wird sich weiter auf die Kreisebene verlagern.

Der Unterföhringer Gemeinderat hat in seiner Mai-Sitzung entschieden, das neue Gymnasium als fünfzügige Schule laufen zu lassen - und nicht wie vorher angedacht nur mit vier Klassen in der 5. Jahrgangsstufe. Nun ist das Votum des Gemeinderats das eine - die letzte Entscheidung aber liegt beim Kreistag. Und die stellvertretende Landrätin Ganssmüller-Maluche sagt: "Eine kleinere Schule ist einer großen vorzuziehen." Sie selbst sehe bei sich "wenig Spielraum", eine Schule auf den Weg zu bringen, die einst bis zu 1600 Schüler besuchen könnten - oder sogar noch mehr.

Der SPD-Vorstoß im Kreis für kleinere Schulen wurde abgelehnt

Die SPD im Kreis ist so etwas wie die Gralshüterin kleinerer Lehrformen. Deutlich wurde dies erstmals im Frühjahr 2015, als es in der Sitzung des Zweckverbands staatliche weiterführende Schulen im Osten des Landkreises um den Neubau des Kirchheimer Gymnasiums ging. Als "Lernfabrik" kritisierte damals die SPD-Kreisrätin Johanna Hagn die Pläne für eine Schule mit bis zu 1500 Schülern, kurz darauf brachte die Kreis-SPD einen Antrag im Ausschuss für Bauen und Schulen ein, mit dem sie die Schülerzahl an den Gymnasien des Landkreises auf 1200 Kinder und Jugendliche begrenzen wollte. Dieser wurde aber mehrheitlich abgelehnt.

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Ganssmüller-Maluche sieht sich an diesen Vorstoß aber weiterhin gebunden. "Wir sind ja deswegen nicht von unserer Haltung abgerückt", sagt sie. Gleichzeitig relativiert sie Spekulationen über Streitigkeiten mit der Unterföhringer SPD und dem Gemeinderat in der Mediengemeinde; schließlich hatte sich eine Allianz aus CSU, SPD und Grünen für die Fünfzügigkeit ausgesprochen: "Es geht mir nur darum, unseren Standpunkt als Kreis-SPD deutlich zu machen. Denn als wir im Februar im Kreistag das Gymnasium auf den Weg gebracht haben, war noch von der Vierzügigkeit in Unterföhring die Rede."

Auch Unterföhrings Zweite Bürgermeisterin Betina Mäusel (CSU) sagt, ihr wäre eine Schule mit 1600 Schülern zu groß. So weit, sagt Mäusel, die stellvertretende Direktorin des Ernst-Mach-Gymnasiums in Haar ist, werde es aber nicht kommen: "Das würde ja bedeuten, dass in jeder Stufe jede Klasse 33 Schüler hätte. Das ist angesichts von Schülern, die wechseln, abgehen oder durchfallen, vollkommen unrealistisch. Wir werden uns in Unterföhring bei 1300 Schülern einpendeln."

Das Ernst-Mach-Gymnasium mit seinen 1177 Schülern indes ist ein besonderer Fall: Dort besteht sogar die Sechszügigkeit in der fünften Jahrgangsstufe. "Für uns ist das aber gut zu händeln", sagt Mäusel. "Wir haben nur das Problem, dass wir räumlich aus allen Nähten platzen." Das soll in Unterföhring anders werden: Die Gemeinderäte haben das auf 74 Millionen Euro geschätzte Gymnasium noch einmal größer gestaltet als zunächst angedacht - das liegt auch daran, dass bis zu 900 Schüler aus der Landeshauptstadt kommen könnten. "Auch durch das G 9 müssen wir großzügiger denken", sagt Mäusel. "Es soll ein Gymnasium aus einem Guss werden, damit wir die nächsten 30 Jahre Ruhe haben und nicht immer nachsteuern müssen."

Das Ernst-Mach-Gymnasium hat sogar sechs Züge

Kreisrätin Ganssmüller-Maluche kennt die Argumente der Befürworter größerer Schulen, die auch Betina Mäusel ins Spiel bringt: Mehr Lehrer, bessere Kompensation von Unterrichtsausfall, zusätzliche Angebote von Wahlfächern und Projekten. "Aber ich bleibe dabei: Kleinere Schulen stärken die Schulfamilie. Bieten Kindern mehr Raum zur Entfaltung und schützen vor Stresssituationen", sagt die Sozialdemokratin.

Mit der Wiedereinführung des neunjährigen Gymnasiums stehen die Schulen freilich vor besonderen Herausforderungen - und die Politiker unter Zugzwang. Mäusels Chefin am Ernst-Mach, Gabriele Langner, etwa sagt, ihre Schule könne das G 9 unter den gegebenen Bedingungen überhaupt nicht realisieren - nur mit einer baulichen Erweiterung sei das möglich. Das neue Gymnasium in Kirchheim wird nur noch fünf Züge statt wie geplant die Sechszügigkeit anbieten, wenn das G 9 kommt. Bürgermeister Maximilian Böltl (CSU) setzt dann auf das in Planung befindliche Gymnasium in Aschheim, das die Schule in seinem Ort entlasten soll.

Kreisrätin Ganssmüller-Maluche hält weiter an ihrer Forderung fest, sagt aber auch: "Wir müssen mit der Gemeinde Unterföhring weiter im Gespräch bleiben. Klar ist aber auch, die Pläne müssen dem Kreis vorgelegt und vom Kreis abgesegnet werden."

© SZ vom 09.06.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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