Baierbrunner "Schulwiese":Ohne Umweltprüfung geht nichts

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Um diese Fläche östlich der Hermann-Roth-Straße geht es. Noch gibt es hier nichts als eine Wiesenlandschaft mit Weidevieh. (Foto: Claus Schunk)

Das vom Gemeinderat beschlossene beschleunigte Bauleitplanverfahren hat sich nach einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts erledigt. Einen Bürgerentscheid zur Bebauung wird es am 8. Oktober wohl dennoch geben.

Von Udo Watter, Baierbrunn

Eine aktuelle Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts vom 18. Juli hat dem Konflikt in Baierbrunn um die mögliche Bebauung des Isarhochufer-Areals östlich der Hermann-Roth-Straße eine neue Wendung gegeben: Diese beinhaltet, dass Freiflächen außerhalb des Siedlungsbereichs einer Gemeinde nicht im beschleunigten Verfahren nach Paragraf 13b des Baugesetzbuches ohne Umweltprüfung überplant werden dürfen. Der Paragraf verstößt nach Ansicht des Gerichts gegen EU-Recht. Das vom Baierbrunner Gemeinderat in einer Sondersitzung am 29. Dezember forcierte Bauleitplanverfahren, welches sich auf genau diesen Paragrafen stützte, ist somit unzulässig. "Verfahren wie unsere sind damit schlagartig beendet", erklärte Bürgermeister Patrick Ott (ÜWG) in der Donnerstagsitzung des Gemeinderats. Es müsse nun in ein Regelverfahren überführt werden, bei dem eine Umweltprüfung zwingend sei und eventuell Ausgleichsflächen zur Verfügung gestellt werden müssten.

Aus Otts Sicht ergibt sich aus dieser überraschenden Entscheidung, die entsprechende Verfahren in ganz Deutschland betrifft, die "etwas absurde Situation", dass ein von den Gegnern einer jeglichen Bebauung initiiertes Bürgerbegehren respektive ein Bürgerentscheid zu einer "nicht mehr existierenden Bauleitplanung" ansteht. Gleichwohl dürfte der Bürgerentscheid am Tag der Landtagswahl (8. Oktober) stattfinden. Entsprechend eingeholte rechtliche Stellungnahmen, vom Rechtsberater der Gemeinde über die Rechtsaufsicht im Landratsamt bis zum Bayerischen Gemeindetag, legen dies nahe: Es gehe beim von der Initiative "Perspektive Baierbrunn" forcierten Bürgerbegehren um das "Ob" der Bauleitplanung im Bereich der sogenannten Schulwiese am Isarhochufer, nicht primär um das "Wie".

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Die Fortführung der Planung ist ja weiter möglich, nur voraussichtlich dann im Regelverfahren mit den klassischen Schritten: Änderung des Flächennutzungsplanes, Schaffung von Baurecht und Umweltverträglichkeitsprüfung. Die Fragestellung des Bürgerbegehrens "Rettet das Landschaftsschutzgebiet entlang der Hermann-Roth-Straße" und der Unterschriftensammlung bleibt also weiter zulässig. Da auch das konkurrierende Ratsbegehren auf den Inhalt einer möglichen Bauleitplanung abziele, ist nach Ansicht der Verwaltung auch dessen Relevanz weiter gegeben.

Die Bürgerinitiative findet die Fragestellung des Ratsbegehrens irreführend

Freilich rührt sich hier von Seiten der Bürgerinitiative Widerstand. Sie findet die Fragestellung irreführend, wie sie auch den Baierbrunner Gemeinderäten in einem offenen Brief jetzt mitteilte. Demnach verknüpfe das Ratsbegehren die Schulwiese mit der privaten Bebauung. So heißt es in der Vorlage: "Es darf östlich der Hermann Roth-Straße maximal eine einzeilige Bebauung mit sechs Wohngebäuden - mit einer Fläche der sechs Baugrundstücke von insgesamt zwischen 4800 und 5200 Quadratmetern - entstehen, und die Schulwiese muss als Gemeinbedarfsfläche mit mindestens 4650 Quadratmetern ausgewiesen werden. Sind Sie dafür, dass die Gemeinde das Bebauungsplanverfahren mit diesen Vorgaben fortführt?

"Wir stellen mit aller Deutlichkeit klar, dass sich das Bürgerbegehren nicht gegen die Nutzung der Schulwiese richtet, sondern gegen die zusätzliche Bebauung des Landschaftsschutzgebiets", heißt es seitens der Initiative. Sollte der Gemeinderat bei der Fragestellung des Ratsbegehrens bleiben, müsse man "juristische Schritte in Erwägung ziehen, damit eine faire und klare Abstimmung gewährleistet" sei.

Es bleibt also spannend und auf Bürgermeister Ott, der sich im Nachhinein die Einberufung der Sondersitzung im vergangenen Dezember hätte sparen können, für die er viel Kritik erntete, warten wohl weitere schwierige Wochen. Altbürgermeisterin und Gemeinderatsmitglied Christine Kammermeier (SPD) ließ es sich nicht nehmen, ein wenig in der Wunde zu bohren: "Wir wären gut beraten gewesen, wenn wir es anders gemacht hätten." Und: "Es ist bekannt gewesen, dass noch ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts aussteht." Generell herrschte im Gemeinderat aber Konsens, dass eine grundsätzliche demokratische Entscheidung "aus der Mitte des Dorfes" am 8. Oktober wünschenswert und endgültig richtungsweisend sei.

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