Ortsentwicklung:Baierbrunner entscheiden über Zukunft des Isarhochufers

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Das Areal an der sogenannte Schulwiese darf nicht bebaut werden, das haben die Baierbrunner am Sonntag in einem Bürgerentscheid entschieden. (Foto: Claus Schunk)

Der Gemeinderat erklärt das Bürgerbegehren in einer Sondersitzung für zulässig. Zugleich werden Details einer Bebauung des Areals östlich der Hermann-Roth-Straße bekannt.

Von Udo Watter, Baierbrunn

Langes Warten in der warmen Abendsonne macht den Mund trocken und so war es eine gute Idee, als Tim Müller von der Initiative "Perspektive Baierbrunn" auf einmal einen Kasten mit alkoholfreiem Bier heranschleppte. Das brachte ihn von einem der Umstehenden, die vor dem Rathaus schon seit mehr als einer Stunde ausharrten, einen begeisterten Zuruf ein: "Du wirst unser nächster Bürgermeister!" Kurz darauf ging freilich die Tür des Rathauses auf und die zahlreichen Wartenden wurden hereingebeten. Die öffentliche Sondersitzung des Gemeinderats, wegen der alle gekommen waren und die sich kurzfristig wegen einer nicht-öffentlichen Sitzung nach hinten verschoben hatte, konnte endlich beginnen.

Es folgte eine wesentliche Entscheidung des Abends: Der Gemeinderat hat das von der "Perspektive Baierbrunn" initiierte Bürgerbegehren "Rettet unser Landschaftsschutzgebiet am Isarhochufer entlang der Hermann-Roth-Straße" für zulässig erklärt. Das heißt: Es wird bald zu einem Bürgerentscheid kommen und die Fragestellung "Sind Sie sie dafür, das Verfahren zur Aufstellung des im Landschaftsschutzgebiet vorgesehenen Bebauungsplans Nr. 59/22 "Östlich der Hermann-Roth-Straße, Schulwiese, einzustellen?" ist rechtlich so weit korrekt.

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Der von der Gemeinde bestellte Jurist Jürgen Greß hatte daran zwar einiges zu bemängeln - der Hinweis auf "im Landschaftsschutzgebiet" sei als Begründungselement in der Fragestellung problematisch und berge das Restrisiko, dass jemand hinterher den Entscheid anfechten könnte - gab aber generell sein Okay. Das hatte Bürgermeister Patrick Ott (ÜWG) ja schon auf der Bürgerversammlung vor anderthalb Wochen verkündet, insofern war es keine Überraschung mehr, dass der Gemeinderat nun die Zulässigkeit mit großer Mehrheit feststellte. Dagegen stimmten allein die beiden CSU-Gemeinderäte Felix Maiwald und Christoph Zühlcke.

Die Initiative "Perspektive Baierbrunn" - hier bei der Übergabe der für ein Bürgerbegehren notwendigen Unterschriften - spricht sich gegen jedwede Bebauung des Areals östlich der Hermann-Roth-Straße aus. (Foto: privat)

Des weiteren verkündete Ott Details zu den vom Gemeinderat fest gelegten Leitplanken, an der sich später der Bebauungsplan orientieren sollte: Auf besagtem Areal östlich der Hermann-Roth-Straße ist eine einzeilige Bebauung mit maximal sechs Häusern vorgesehen, außerdem zwei Wohneinheiten pro Gebäude. Die Baugrundstücksgröße wird zwischen 4800 und 5200 Quadratmeter betragen. Die variierende Größe habe "planerische Gründe", so Ott. Das 4650 Quadratmeter große, als "Schulwiese" bekannte Areal wird - falls denn alles im Sinne des Rathauses läuft - die Gemeinde als "Sozialfläche" erwerben. Eine Verbreiterung der Straße wird ebenfalls angestrebt.

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Zur kurzfristigen Anberaumung der nicht-öffentlichen Sitzung am Montag war es gekommen, weil es noch Fragen der Größe respektive Fläche in Verhandlungen mit den Eigentümern zu klären galt. Nach einer nicht-öffentlichen Sondersitzung in der vergangenen Woche habe es dazu "aus dem Gremium" noch einen Eilantrag gegeben, wie Ott erklärte, der nun am Montag behandelt wurde.

Grob gesagt, ging es dabei darum, eine "faire Balance" zwischen den Sozialflächen für die Gemeinde und dem Bauland der Eigentümer zu finden. Weil die Eigentümer wegen der geplanten Straßenverbeiterung wohl mehr Quadratmeter Fläche an die Gemeinde abgeben müssen als zunächst gedacht, wurde die Größe des Baugrundstücks noch etwas erweitert. Das ist laut Bürgermeister Ott nötig, damit es "rechtlich sauber" sei.

Wann es zur Abstimmung in einem Bürgerentscheid kommt, ist noch offen

Die Gemeinde wird überdies ein Ratsbegehren als Gegenentwurf zum Bürgerbegehren auf den Weg bringen. Während die Initiatoren des Bürgerbegehrens gegen jeden Eingriff (also auch nur partielle Umwidmung in Bauland) in das "hochsensible Areal am Isarhochufer als Naherholungsgebiet" sind, das Gebiet dort für die "nachfolgenden Generation und die heimische Tier- und Pflanzenwelt bewahren" wollen und auf dessen Wichtigkeit als Pufferzone für den Isarhangwald hinweisen, glaubt Ott, dass man dem etwas von Seiten der Gemeinde entgegen halten müsse. Langfristig rausgenommen aus dem Status als Landschaftsschutzgebiet würden ja nur die beiden genannten Areale. "Man sieht ja jetzt, dass es nicht zu einer massiven Bebauung kommen wird", so der Bürgermeister, der betont, dass "viel Fläche wieder renaturiert" werde.

Die Gegner jedweder Bebauung wird er damit wohl nicht überzeugen. Die Initiatoren werfen dem Rathauschef zudem mangelnde Transparenz bei den Entscheidungsprozessen vor, fürchten weitere Zersiedelung und Flächenfraß . Die vielen Unterschriften, die sie in relativ kurzen Zeitraum gesammelt und der Gemeinde am 26. Mai übergeben haben, sprechen für eine durchaus breite Unterstützung. Die Sondersitzung am Montag war notwendig, weil spätestens innerhalb eines Monats nach Einreichung der Liste der Gemeinderat über die Zulässigkeit zu entscheiden hatte. Was den Termin des Bürgerentscheids angeht, gibt es noch unterschiedliche Vorstellungen: Die Bürgerinitiative wäre für den Tag der Landtagswahl am 8. Oktober, Ott ist da eher skeptisch: "Ich möchte diese sensible kommunalpolitische Frage aus den Mühlen der Parteipolitik raushalten." Wie auch immer: Entscheiden werden die Bürgerinnen und Bürger.

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