Gerichtsprozess:Betrug unter Nachbarn

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Bei einer ganzen Reihe von Nachbarn hat sich der Grünwalder Geld erbettelt. (Foto: Jakob Berr/Bildbearbeitung: SZ.de)

Ein 72-Jähriger aus Grünwald hat über Jahre hinweg Nachbarn, Bekannte und seinen Chef um Geld gebeten - und es nie zurückgezahlt. Jetzt verurteilte ihn das Amtsgericht München wegen Betrugs in 94 Fällen zu zwei Jahren Haft auf Bewährung.

Von Lisa Marie Wimmer, Grünwald

Die Nachbarn hatten sich schon untereinander gewarnt. "Achtung Gefahr", schrieb einer auf ein selbst gestaltetes Plakat, das er in der idyllisch gelegenen Straße in Grünwald an einen Gartenzaun hängte. Das Plakat sollte nicht vor plündernden Einbrecherbanden oder perfiden Enkeltrickbetrügern warnen, sondern: vor seinem Nachbarn. Man solle diesem kein Geld geben, war dort zu lesen, denn er würde es nicht zurückzahlen. Jetzt, zwei Jahre später, wurde der inzwischen 72-Jährige vom Münchner Amtsgericht unter anderem wegen Betrugs in 94 Fällen zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung verurteilt.

Der Verurteilte hatte sich bis dato in seinem ganzen Leben nichts zuschulden kommen lassen. Kein Eintrag im Bundeszentralregister. Das änderte sich vor gut fünf Jahren: Im Jahr 2019 startete der Senior seine "Karriere" als Betrüger. Zu dieser Zeit benötigte er dringend Geld. Geld, das er nicht für sich verwendete, sondern für eine andere Person. Am Ende stand eine ellenlange Liste von Geschädigten, denen er insgesamt mehr als 60 000 Euro abgenommen hatte.

Opfer seiner Betrügereien wurden Nachbarn, Bekannte, Fremde - und sogar sein ehemaliger Chef. Dem erzählte der Grünwalder beispielsweise, das sich sein Neffe in einer Notlage befinde, woraufhin ihm sein Arbeitgeber, ein Grünwalder TV-Unternehmer, ein Darlehen über knapp 5000 Euro gewährte. Auf die Rückzahlung wartet dieser bis heute. Dafür fragte der jetzt verurteilte Betrüger weitere Nachbarn und Bekannte nach einer Finanzspritze. Mal schob er als Grund Arztrechnungen für einen Neffen in Spanien vor, mal gab es Probleme bei einer Nichte, mal bei seinem Sohn. Dem einen erzählte er, er benötige Geld für Blumenschmuck für die Beerdigung seiner verstorbenen Schwester, dem anderen, dass eine Verwandte einen schweren Unfall hatte. Ein anderes Mal benötigte er 2500 Euro, um sein Bankkonto freischalten zu lassen. Das Gericht sprach den 72-Jährigen in insgesamt 94 Fällen des Betrugs schuldig.

Auch am Arbeitsplatz fand er Gelegenheit, Geld zu ergaunern

Doch nicht nur im Privaten ergaunerte sich der Grünwalder Geld. Auch in seinem Job wurde er kreativ. So kaufte er über Monate hinweg Hundefutter im Wert von fast 2000 Euro und gab in der Buchhaltung die Belege ab unter dem Vorwand, das Hundefutter sei für den Vierbeiner des Firmen-Vorstands. Eine weitere Firma, für die der Verurteilte zu der Zeit gearbeitet haben soll, vermietete Wohnungen. Auch dort fand er eine lukrative Einnahmequelle: Er kassierte von den Mietern unberechtigt Geld unter anderem für das Anbringen eines Vogelnetzes, für Installationsarbeiten, Kautions-Vorauszahlungen oder einen neuen Stromzähler. Dabei gab er seine eigene Kontonummer an, verwendete aber den Stempel der Firma, weshalb das Gericht ihn auch in sieben Fällen wegen Betrugs in Tatmehrheit mit Urkundenfälschung verurteilte.

Sein Verteidiger, Rechtsanwalt Maximilian Donhauser, sagte nach dem Urteil: "Meinem Mandanten tut es leid." Der 72-Jährige hatte vor Gericht ein umfassendes Geständnis abgelegt. "So hat er sämtlichen Gläubigern eine Aussage vor Gericht erspart", so der Anwalt. Die über 60 000 Euro muss der verurteilte Betrüger, der inzwischen Rente bezieht, an die Geschädigten zurückzahlen.

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