Belastung durch Giesinger Autobahn:Unterhaching will Schadstoffe messen

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Gemeinde sammelt Daten und Argumente im Kampf gegen Lärm und Schadstoffe an der A 995, die nun auch offiziell zur Autobahn werden soll.

Von Iris Hilberth, Unterhaching

Autofahrer, die vom McGraw-Graben in Giesing Richtung Kreuz München-Süd kräftig Gas geben, wähnen sich auf einer Autobahn. Schließlich darf man hier so schnell fahren, wie man möchte, und blaue Autobahnschilder weisen den Weg. Außerdem führen die vier Spuren als A 955 an Unterhaching, Taufkirchen und Oberhaching vorbei.

Gleichwohl handelt es sich bei der "Giesinger Autobahn" ganz offiziell noch immer um eine Bundesstraße, die B 13 neu. Bisher hatten die Anwohner immer gehofft, in Sachen Lärmschutz endlich Gehör zu finden, sollte die Straße zu einer richtigen Autobahn umgestuft werden. Das soll tatsächlich geschehen, wie das Bundesverkehrsministerium auf Anfrage des Grünen-Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter jetzt mitgeteilt hat. Leiser würde es dadurch entlang der A 995 aber nicht.

Staatssekretärin Dorothee Bär (CSU) stellt klar: "Eine straßenrechtliche Umstufung löst keine Lärmschutzansprüche aus." Diese bestünden nur beim Bau oder der wesentlichen Änderung von öffentliche Straßen. Dann ist es auch egal, ob es sich um eine Bundesstraße oder eine Autobahn handelt.

Große Enttäuschung bei den Lärmgeplagten

Die Grünen aus den betroffenen Ortsverbänden sprechen von einer "großen Enttäuschung". Schließlich habe sich schon etwas geändert, nämlich das "immense Verkehrsaufkommen", finden der Taufkirchner Volker Leib und Claudia Köhler aus Unterhaching und mahnen: "Wir kriegen es ab - in Form von Lärm und Schadstoffen." Sie werfen der Bundesregierung vor, nichts zu tun, und fordern mehr Lärmschutz von der Bundesebene. Statt mit neuen und breiteren Straßen die Blechlawine noch zu fördern, müssten bestehende Straßen Lärmschutz erhalten und der öffentliche Nahverkehr massiv ausgeweitet werden. "Dafür muss man nur ein paar Gesetze ändern, und genau das ist Aufgabe von Regierung und Parlament in Berlin", so die Forderung von Köhler und Leib.

Um lärmgeplagte Anwohner zu entlasten, setzen sich beide Gemeinden sowie diverse Bürgerinitiativen seit vielen Jahren für ein Tempolimit auf der Giesinger Autobahn ein - bislang vergeblich. Da allein weder die gemessenen Dezibel noch die Gefährlichkeit der stark frequentierten A 995 bislang nicht ausreichten, um die Geschwindigkeit zwischen Giesing und Sauerlach auch tagsüber auf 80 Stundenkilometer zu drosseln, hat sich der Bau- und Umweltausschuss in Unterhaching nun auf Antrag der Grünen für eine Schadstoffmessung im Gemeindegebiet ausgesprochen.

Stickstoff und Feinstaub werden gemessen

Stickstoff und Feinstaub sollen drei Monate lang an acht bis zehn Punkten in den Wohngebieten gemessen werden. Damit soll geklärt werden, ob die Grenzwerte eingehalten werden oder ob die Immission Auswirkungen auf die Gesundheit von Menschen hat. Die gemessenen Daten sollen mit Referenzwerten aus München abgeglichen und so für den Restjahresverlauf geschätzt werden. 35 000 Euro kostet das die Gemeinde, der Finanzausschuss muss an diesem Donnerstag noch zustimmen.

Unterhachings Bürgermeister Wolfgang Panzer (SPD) will das Thema auch wegen des aktuellen Dieselskandals und der Diskussion um die Freinstaubbelastung verfolgen, schließlich liege Unterhaching nah an München. Es gebe eine Verunsicherung der Bevölkerung: "Die Frage ist: Habe ich ein Problem?", so Panzer. Er glaube das zwar nicht, könne es aber nicht beweisen. Zugleich sieht er die Messungen als Mosaiksteinchen in der Argumentation für ein Tempolimit.

Fahrverbote in Unterhaching?

Die CSU hatte sich sogar für einen Messzeitraum von einem Jahr ausgesprochen, um eine belastbare Aussage zu bekommen. "Es geht nur um 40 000 Euro mehr", argumentierte der parteifreie Florian Riegel, der der CSU-Fraktion angehört. Die Messungen seien wichtig und gesundheitsrelevant, "also machen wir es gleich gescheit", findet er. Die Unterhachinger Gemeindeverwaltung hingegen ist überzeugt, dass eine dreimonatige Messung "für eine Argumention" ausreicht. "Um ein Tempolimit zu bekommen und die Sturheit des Ministers zu überwinden, sollten wir schnell ein Ergebnis bekommen", sagte Dieter Senninger von der SPD. Nur die FDP stimmte gegen die Messung. Ihr Gemeinderat Bernard Maidment meinte: "Die Frage ist doch: Was sind die Konsequenzen? Diskutieren wir dann über Fahrverbote in Unterhaching?"

© SZ vom 21.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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