Verwaltungsgericht München:Sex-Chat mit Schülerin könnte Lehrer Beamten-Status kosten

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Kinderpornografie im Internet ist ein weites, dunkles Feld. Der Angeklagte soll für Tausende Euro Videos und Bilder bestellt haben. (Foto: Silas Stein/dpa)

Weil er erotische Bilder und Videos von einer 15-Jährigen empfing, ist der Pädagoge verurteilt worden. Nun geht es vor dem Verwaltungsgericht um seine Entfernung aus dem Beamtenverhältnis.

Von Andreas Salch, Landkreis München

Ein Gymnasiallehrer aus dem Landkreis München hat mit einer minderjährigen Schülerin in einem Online-Chat über Monate hinweg sexuelle Wünsche und Fantasien ausgetauscht. Außerdem schickte die 15-Jährige ihm eine Vielzahl von Bilddateien und Videos, auf denen sie nackt zu sehen ist. Weil er sich damit jugendpornografische Schriften verschaffte, wurde der Pädagoge zu einer zehnmonatigen Bewährungsstrafe rechtskräftig verurteilt. Der Fall hat für den 51-Jährigen womöglich aber auch noch schwerwiegende disziplinarrechtliche Konsequenzen: Denn der Freistaat Bayern als Dienstherr hat eine Disziplinarklage erhoben, mit dem Ziel, den Gymnasiallehrer aus dem Beamtenverhältnis zu entfernen. Seit diesem Mittwoch muss sich der 51-Jährige in einem Verfahren vor der Disziplinarkammer am Verwaltungsgericht München verantworten.

Nachdem die Eltern des Mädchens von dem Chat erfahren hatten, wandten sie sich im März 2020 an die Leitung der Schule, an der der Lehrer unterrichtete. Die Schule meldete den Vorfall dem Kultusministerium. Dieses wiederum wandte sich an die Disziplinarbehörde bei der Landesanwaltschaft Bayern. Bei einer Hausdurchsuchung fanden Ermittler der Polizei auf dem Handy des Lehrers 80 Bild- und 54 Videodateien mit erotischen Aufnahmen, die die 15-Jährige von sich gemacht hatte.

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Kennengelernt hatten sich die Schülerin und der Lehrer im Schuljahr 2017/2018. In dieser Zeit soll der heute 51-Jährige sie nach einer Abfrage zweimal umarmt haben. Wenig später schickte die 15-Jährige ihm eine Freundschaftsanfrage via Facebook. Da der Pädagoge sie akzeptierte, tauschten beide im Laufe des Jahres 2018 eine Vielzahl sexualisierter Chat-Nachrichten aus. Von Dezember 2018 bis Januar 2019 versandte die Schülerin an den 51-Jährigen auch erotische Fotos und Videos von sich. Der Chat endete mit der Einweisung der Schülerin in die "Schutzstation" einer Klinik. Detailliertere Angaben hierzu machte das Gericht nicht. Die Disziplinarbehörde wirft dem Lehrer, der nach Bekanntwerden der Vorwürfe suspendiert wurde, unter anderem vor, er habe die 15-Jährige animiert, "pornografisches Bildmaterial von sich zu fertigen".

Das Protokoll der Nachrichten umfasst insgesamt 136 Seiten

Der Anwalt des 51-Jährigen hob hervor, dass die Chat-Nachrichten von der Schülerin ausgegangen seien. Es habe sich um eine "Beziehung auf Distanz" gehandelt. Nicht zuletzt, so sagte der Anwalt, habe die Schülerin bei ihren Vernehmungen zu dem Fall ein "abgeklärtes Verhalten" an den Tag gelegt. Als diese Ende Januar 2019 für eine paar Tage wieder im Unterricht war, sollen sie und ihr Lehrer den gesamten Chat-Verlauf von ihren Handys gelöscht haben. Laut einem IT-Gutachten der Disziplinarbehörde befanden sich die Fotos und Videos der 15-Jährigen aber noch im Mai 2019 auf dem Handy des Lehrers, als es die Polizei beschlagnahmte.

Da die Disziplinarbehörde und auch der Anwalt des Lehrers ein von den Ermittlern der Staatsanwaltschaft erstelltes 136-seitiges Protokoll der Chat-Nachrichten nicht einsehen konnten, wird die Verhandlung Ende des Jahres fortgesetzt. Der Vertreter der Landesanwaltschaft sagte, das Protokoll könne nicht in öffentlicher Verhandlung verlesen werden. Ansonsten bestehe die Gefahr, dass man "sich der Verbreitung pornografischer Schriften strafbar" mache.

Der Gymnasiallehrer befindet sich seit den Ermittlungen in einer psychischen Ausnahmesituation. Er sagte, dass er sich in einer psychiatrischen Klinik habe behandeln lassen und derzeit eine Therapie mache.

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