Urteil am Landgericht München:Mehr als acht Jahre Haft für Messerangriff auf Polizisten

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Unter anderem wegen versuchten Mordes wurde der 29-Jährige zu einer langen Gefängnisstrafe verurteilt. (Foto: Bernd Wüstneck/dpa)

Ein Arbeiter fühlt sich gestört, weil irrtümlicherweise nachts permanent Freier an seine Hoteltüre klopfen. Als er eines Abends von einem Beamten kontrolliert wird, zieht er ein Messer.

Von Susi Wimmer

Matyas K. sitzt da mit gesenktem Kopf, hört nicht auf zu weinen, während der Vorsitzende Richter Norbert Riedmann das Urteil begründet. Der 29-jährige Angeklagte soll unter anderem wegen versuchten Mordes für acht Jahre und einen Monat ins Gefängnis, so hat es die zweite Schwurgerichtskammer am Landgericht München entschieden. Sie sieht es als erwiesen an, dass der Handwerker bei einer Kontrolle ein Messer zog und auf einen Zivilpolizisten einstechen wollte.

Mitte November 2022 erst war Matyas K. mit seiner Lebensgefährtin von Ungarn nach München gereist, um hier zu arbeiten. Sie mieteten sich in einem Hotel am Sendlinger Tor ein, nicht wissend, dass ihr Zimmer Nummer 305 zuvor von einer Prostituierten genutzt worden war. So kam es, dass nachts teils merkwürdige Gestalten an die Türe hämmerten, wuchtige Kerle, Betrunkene. "Ich war gestresst", sagte K. vor Gericht.

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Und als es am Abend des 11. Januar 2023 wieder klopfte, rannte K. mit seinem Messer hinaus auf den Gang. Dort traf er auf den Hausmeister, hielt ihn fälschlicherweise für den Störenfried und drückte ihn gegen die Wand. "Ob er ihm dabei das Messer direkt an die Kehle gehalten hat, ist fraglich", erklärte Riedmann.

Gleichzeitig befanden sich zudem im Hotel Zivilpolizisten der Altstadt- und der Beethoven-Wache, die in puncto illegale Prostitution ermitteln sollten. Als Matyas K. sich gegen 22.45 Uhr noch Bier holen wollte, wurde er im Erdgeschoss von einem Polizisten kontrolliert, da er ihn für einen möglichen Freier hielt.

Der Angeklagte stach in Richtung Oberkörper oder Hals des Polizisten

Dabei zog K. unvermittelt sein geöffnetes Messer aus der Jackentasche und stach in Richtung Oberkörper oder Hals des Polizisten. Der Beamte wehrte den Angriff mit bloßen Händen ab und warf K. zu Boden. Der Polizist zog sich dabei zwei kleine Schnittverletzungen am Finger zu.

Das Gericht sah das Mordmerkmal der Heimtücke als erfüllt an. Das Opfer sei arglos gewesen, zumal der Polizist Matyas K. lediglich als Zeugen befragen wollte. "Aber war er aufgrund der Arglosigkeit auch wehrlos?", fragte Riedmann. Schließlich habe der Polizist den Angriff abwehren können. Doch man müsse die Sache aus der Täterperspektive betrachten: Matyas K. habe sicher nicht damit gerechnet, dass sich der Polizist wehren konnte.

Staatsanwalt Felix Prokop hatte wegen versuchten Mordes eine Freiheitsstrafe von neun Jahren gefordert, Verteidigerin Heidi Pioch eine Verurteilung wegen gefährlicher Körperverletzung. Die Rechtsanwältin will gegen das Urteil Revision vor dem Bundesgerichtshof einlegen. Sie warf die Frage auf, ob ein Polizist, der sich im Einsatz befindet, wirklich arg- und wehrlos sei oder ob er nicht bei einer Kontrolle mit allem rechnen müsse. Und schlussendlich sei der Polizist ja auch nicht wehrlos gewesen.

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