Kritik:Die Endzeitechse

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Gesamtkunstwerk der Münchner Szene: Theater und Konzert mit Angela Aux.

Von Dirk Wagner, München

Solche existenzialistischen Fragen nach dem Sein, wie sie auch Florian Kreier alias Angela Aux in seiner Erzählung "Nach dem Ende der Zeit" verhandelt, beschäftigen die Menschheit wahrscheinlich, seit ihr die eigene Endlichkeit bewusst wurde. Doch Kreier pflanzt solche alten, immer wiederkehrenden Überlegungen der Menschheit in eine neue Debatte über Humanoide, über genetische Reproduzierbarkeiten und über eine Mischform von Technik und Mensch: "Angeblich fühlten die Erst-Klone auch jede Duplizierung ihres Gen-Codes."

An den Münchner Kammerspielen hat Kreier seine Erzählung nun in ein Theaterstück verwandelt, das zugleich ein Konzert des Singer-Songwriters und der Band Angela Aux ist. Ein Stück, das ob seiner zugespielten Klangwelt samt der Kompositionen von Beni Brachtel und der vorproduzierten Lesung von Katrin von Chamier ebenso als Hörspiel funktioniert wie als Videoinstallation von Su Steinmassl, deren auf Leinwand visualisierte Welt eine von einem weiteren Künstler-Team an Rechnern programmierte virtuelle Welt ist. Bis hin zu den im doppelten Sinn fantastischen Kostümen von Jessica Dettinger, Lorand Lajos und Franz Schmidt sind also so viele Künstlerinnen und Künstler aus den verschiedenen Münchner Szenen an Kreiers Wandlung seiner Erzählung in die Theaterinszenierung "Introduction To The Future Self" beteiligt, dass man hier zu Recht von einem Münchner Gesamtkunstwerk schwärmen darf.

Denn obwohl dessen einzelne Teile auch jeweils für sich alleine funktionieren könnten, entfalten sie erst zusammen in der Therese-Giehse-Halle der Münchner Kammerspiele ein wahrhaft außergewöhnliches Konzert. Eines zudem, in dem die auftretenden Musikerinnen und Musiker zugleich ihr zukünftiges Selbst spielen, Angela Aux also zu Angela Aux II wird und als solche das vielleicht einsamste Konzert nach dem Ende der Zeit in einer Welt ohne Erzähler bietet. Dagegen war die pop-musikalische Endzeitstimmung bei David Bowies legendären Auftritten als Ziggy Stardust ein harmloser Kindergeburtstag.

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