Kreisverwaltungsreferat:Neue App zeigt Hundebesitzern den nächsten Tütenspender fürs Häufchen

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Die türkisfarbenen Markierungen im App-Stadtplan zeigen, nein, nicht auf einen Hundehaufen. Sondern auf einen Tütenspender. Grafik: oh (Foto: N/A)

Eher ist es dann aber ein Ort, an dem Herrchen oder Frauchen vor eineinhalb Kilometern eine Tüte hätten mitnehmen können.

Von Karl Forster

Nun ist das Internet also endlich auf den Hund gekommen. Dank der Tatsache, dass Münchens Ex-Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle bekennender Hundefreund ist und die Stadt selbst ein eher legeres Verhältnis zu ihren Zamperln pflegt. Womit man mittendrin wäre in Münchens neuer Hundewelt. Denn seit dieser Woche gibt es mit der "Zamperl-App" des KVR auf dem Smartphone Hilfestellungen, mit denen der Hundebesitzer besser durchs Leben kommen und mit seinem Besitztum die Gesellschaft so wenig wie möglich nerven soll .

Was allerdings schon beim Einstieg in diese schöne neue Welt manchmal an lapidaren Dingen zu scheitern droht. Zumindest weigerte sich das iPhone 4 des Testers, jenen auf der Zamperl-App angekündigten Stadtplan aufs Display zu werfen, auf dem man viele nützliche Hunde-Dinge ablesen können soll, nicht zuletzt die Info, wo gegebenenfalls der nächste Tütenspender für das, was hinten rauskommt beim Hund, zu finden sei. Ein frisches iPad half, warf aber die Frage auf, ob Münchens Hundebesitzer auch alle auf dem aktuellen App-Standard sind.

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Womit man dann natürlich auch mitten drin ist in der Diskussion, wie sinnfällig solch ein elektronisches Hilfsmittel zur Bewältigung hundbedingter Konfliktsituationen sein kann. Dazu eignet sich ganz hervorragend das Thema Tütenspender. Das sind jene rechteckigen gut Din-A-4-großen Blech- oder Plastikkästen, angebracht an Stangen in Gesichtshöhe des Menschen, nicht des Hundes, mit einem queren Schlitz im unteren Drittel, aus dem man meist schwarze, rote oder blaue Plastiktüten ziehen kann, die man gegebenenfalls dann über die hündliche Hinterlassenschaft stülpen und - wenn man nicht gerade ein grobmotorischer Volltrottel ist - unfallfrei aufnehmen, mit einem Knoten einigermaßen geruchsfrei verschließen und dem Abfallkorb überantworten kann.

Was jetzt die Nutzung der App angeht, muss man, wie oft im Leben, hier stark antizipatorisch denken und handeln. Weil es ja nichts nützt, wenn man die Application erst im Anblick des einen runden Rücken machenden Hundes anklickt, um zu erfahren, dass sich der nächste Tütenspender in etwa eineinhalb Kilometer Nähe respektive Ferne befinde. Deswegen zieht man als erfahrener Hundemensch die Tüten schon am Eingang zur Grünfläche, also dort, wo in der Regel die Tütenspender installiert sind. Dass auf diesen Tüten ein hundespezifizierter Online-Handel werben darf (mit so saudummen Weisheiten, Hunde erledigten "ihr Geschäft in Nord-Süd-Richtung"), sei verziehen.

Die App jedenfalls ist werbefrei, die Icons für die Tütchen aber sind so realistisch in ihrer Hundehaufendarstellung, dass der Charme des Auftritts Schaden leidet. Auch deswegen, weil die hier angebotene Karte der Stadt München und ihrer Scheißtütenfrequenz sich nicht auf den momentanen Hunde-Herrchen-Standort einrichtet, sondern mit Fingern und grober Ortskenntnis erst in dessen Nähe hinnavigiert werden muss. Dann aber weiß man, wo man ist und wo man hätte vor eineinhalb Kilometern eine Hundetüte ziehen können.

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Doch die App kann mehr, zum Beispiel wirbt sie für die städtische Kampagne "Gut für Hund und Mensch". Diese beginnt mit dem richtungsweisenden Satz: "Jede Hundehalterin und jeder Hundehalter trägt eine große Verantwortung." Und schreibt, dass man auf der Karte auch erfahren könne, welche Regelung für den Hund justament am aktuellen Ort gelte, also: Leinenzwang oder nicht, Totalverbot oder Freilauffläche.

Wird sofort getestet: Standort die Werneck-Wiese südlich des Kleinhesseloher Sees. Klick! Oje, Leinenzwang. Drumherum an die 20, 30 Hunde aller Arten im freien Lauf, große (was in München jenseits der 50 Zentimeter Risthöhe bedeutet und in etwa so sinnfällig ist, wie alkoholbedingtes Autofahrverbot für Menschen, die größer als 1,71 sind) und kleine (die auch beißen können). Dazwischen die berittene Polizei. Hallo! Wir sind Hundeverbrecher, Ordnungswidrigkeitsfetischisten, wir verstoßen gerade gegen die Zamperl-App! Interessiert die Exekutive nicht.

Ein kleiner Test rund um München zeigt aber, dass zumindest die Anzeige der Tütenständer recht exakt ist. Der im Südwesten des Englischen Gartens bei der Thiemestraße ist zwar auf der falschen Wegseite eingezeichnet, aber das ist überlebbar. Den beim Parallelweg zum Spiridon-Louis-Ring/Ackermannstraße hat die App vergessen, die Tütenspenderdichte im Grünwaldpark an der Südlichen Auffahrtsallee ist hier wie dort, also in echt und auf der App beeindruckend; auch dort, wo es von der Isartalstraße über den Kanal zum Flaucher geht, ist alles korrekt.

Nun ist es aber so, dass Herr und Hund sozusagen Gewohnheitstiere sind, also gerne auf ausgetretenen Pfaden wandeln. Dabei erwerben beide eine gewisse Routine, was auch die zunehmende Kenntnis der Hundetütenspender inkludiert durchs tägliche Geben und Nehmen des olfaktorisch problembehafteten Häufchens.

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Sprich: Man braucht die Zamperl-App in ihrer wichtigsten Funktion eigentlich nur in den ersten Wochen, wenn man mit Kind, Kegel und Hund frisch nach München gezogen ist. Dafür war der Aufwand dann doch erheblich, wenn man bedenkt, dass die Firma, die die App gebastelt hat, rund 37 000 Flächen allein bezüglich der Hundeverordnung gecheckt hat, welche dann, wenigstens im Englischen Garten, leider mehr oder weniger perdu ist.

Übrigens kann man bei der Zamperl-App auch das Profil des eigenen Hundes eingeben, wofür, das ist nicht ganz klar, aber vielleicht will die Stadt dann diese Profile höchstbietend verscherbeln und richtig reich werden. Und noch ein Vorschlag, sollte die App mal aktualisiert werden: Wichtiger als die Tütenspender wären die Standorte der nächsten Abfallbehälter. Weil es keinen Spaß macht, vom Kleinen Hofbräuhaus bis zum Aumeister mit der vollen Tüte in der Hand zu wandern.

Ja, und dann tauchte die berittene Polizei unweit des Kiosks östlich der Werneck-Wiese noch einmal auf. Einer der Gäule tat, was Hunde auch oft tun. Die Polizisten, so scheint's, hatten keine Pferdescheißtüten dabei. Der Haufen blieb liegen. Wir brauchen eine Pferde-App!

© SZ vom 23.07.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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