Ho Tay:Pho Bo und andere Spezialitäten aus Vietnam

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Grüne Wände, stilisierte Lotosblüten: Auf den üblichen Asia-Kitsch haben die Wirte des vietnamesischen Restaurants Ho Tay im Pharaohaus erfreulicherweise verzichtet. (Foto: Stephan Rumpf)

Das Lokal Ho Tay bietet authentische Gerichte aus dem Norden des Landes, die man sonst in München eher selten findet.

Von Marcelinus Sturm

Oberföhring ist ein vielseitiger Stadtteil, aber der Rest von München verirrt sich eher selten dorthin. Das kann auch ein Fehler sein. Gerade dort, wo man's nicht erwartet, lassen sich ja Perlen finden. In Oberföhring gibt es zum Beispiel das 1974 erbaute, pyramidenförmige Pharaohaus mit 400 Wohnungen. Der Architekt Karl Helmut Bayer hat es entworfen, ein Münchner Beispiel des Brutalismus. Das ist ein hübscher Name für eine Stilrichtung der zeitgenössischen Architektur, kommt aber nicht von "brutal", sondern vom "béton brut", dem rohen Beton, den Le Corbusier so sehr liebte.

Im Erdgeschoss des Pharaohauses gibt es ein Einkaufszentrum mit Passagen, die in mehrfacher Hinsicht brutal wirken, und ein paar Betriebe der gastronomischen Nahversorgung enthalten, die der Münchner halt so braucht. Also: einen Italiener, einen Griechen, ein Pils-Pub. Und, aufgepasst: Seit einem Jahr, etwas versteckt, auch ein vietnamesisches Restaurant namens Ho Tay.

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Ho Tay heißt einer der Stadtseen von Hanoi, der Hauptstadt im Norden des Landes. Die Küche dort ist weniger stark gewürzt als die im Süden und stärker von der chinesischen beeinflusst. Die Restaurants im Westen, oft gegründet von geflüchteten Boat People, repräsentieren meist die Küche aus dem Süden, im Ho Tay ist das anders. Man bemüht sich sehr, die Kulinarik des Nordens möglichst echt umzusetzen und hat auch sonst einigen Anspruch.

Das Ho Tay ist erfreulich zurückhaltend dekoriert, unter größtmöglicher Vermeidung des typischen Asia-Kitsches, den man bei Restaurantausstattern offenbar palettenweise bestellen kann. Stattdessen gedeckte, vorwiegend grüne Farben auf Beton an den Wänden und große, stilisierte Lotusblätter. Kurz nach Neujahr trafen wir allerdings auch mal auf eine Herde silberner Hirsche, aber das ging als ironische Anspielung auf den gerade überwundenen Christkindlmarktwahnsinn schon in Ordnung.

Nahezu jede Länderküche hat ja ihre Messlatte. Im bayerischen Wirtshaus ist es der Schweinsbraten, im vietnamesischen Restaurant die Pho Bo. Von dieser Nudelsuppe sowie der Fischsauce Nuoc Mam ernährt sich ganz Vietnam permanent, und ist die Pho Bo gelungen, so wird man in der Küche auch bei den anderen Gerichten nicht viel falsch machen. Im Ho Tay macht man sie genau so, wie sie gehört: mit breiten Reisnudeln und in der Suppe gegarten, zarten und dünnen Rindfleischscheiben, dazu Sojasprossen, Frühlingszwiebeln und eine Reihe frischer Kräuter sowie Ingwer und Mandarinenhaut. Jede einzelne Zutat in der richtigen Dosierung, damit keine typische Geschmacksnuance allzu sehr hervorsticht. Es gibt die Pho Bo als kleine Portion (7,50 Euro) und als große (13,90). Letztere macht richtig satt, viel mehr benötigt man danach nicht mehr.

Große Kompetenz in Sachen Fisch und Meeresfrüchte

Auf der Karte sind verschiedenste Vorspeisen verzeichnet, köstlich sind die gefüllten Klebreisbällchen Banh It Tran (7,50), allein schon wegen ihrer geschmeidigen Konsistenz, die erst angenehm warm den Mund ausfüllen und dann fast wie von selbst in Richtung Magen gleiten. Der Papaya-Salat Goi Du Du (9,90) ist von erfrischender Leichtigkeit und wiederum ein Klassiker der vietnamesischen Küche. Weil nicht nur in Hanoi auch gerne frittiert wird, probierten wir auch den "crispy Tintenfisch" Muc Chien Gion mit Meersalz, serviert mit Süß-Sauer-Sauce (7,50). Leider erinnert er nicht nur von der Panade her ein bisschen an das Hühnchen, das man als "McNuggets" beim berüchtigten amerikanischen Schachtelwirt bekommt.

Dabei hat man im Ho Tay durchaus große Kompetenz in Sachen Fisch und Meeresfrüchte. Der gebratene Tintenfisch Muc Xao Sa Ot (16,90) etwa war eine Offenbarung, wenn man es ein wenig scharf mag. Und Cha Ca Ha Noi (25,90), der marinierte Seeteufel, wird mit Dill, Zwiebeln und Reisnudeln auf Salat im Tontopf gegart und serviert. Anders als bei uns wird Fisch in Vietnam gerne gut durchgegart, dennoch blieb er angenehm zart und locker.

Eine weitere Spezialität der vietnamesischen Küche ist La Lot, in Wildbetelblättern gewickeltes und gebratenes Rindfleisch mit Zitronengras. Gut, aber nicht allzu scharf gewürzt gibt es sie im Ho Tay als Vorspeise (6,90), als Beilage zur großen Reisnudelschale (17,90) oder auch als Bo La Lot (18,50). Letzteres ist eine hübsche Bastelarbeit, man bekommt einige hauchdünne Reisteigfladen gereicht, in die man dann nach kurzer Anleitung durchs Servicepersonal diverse Zutaten einwickelt und, in Saucen getunkt, anschließend verspeist. Das Ganze ist mehr als eine Spielerei und mit gutem Grund in Vietnam üblich, schließlich kann man so durch die Wahl der Zutaten und ihrer Menge selbst mitbestimmen, wie ein Gericht schmeckt.

Der Service ist außerordentlich freundlich, wenn auch nicht immer ganz sprachsicher. Und mit dem Rechnen scheint es leider manchmal zu hapern; bei einem Besuch genehmigte man sich großzügig einen Fünfer mehr Trinkgeld beim Herausgeben des Wechselgeldes, ein andermal standen erstaunlicherweise doppelt so viele Biere auf der Rechnung, wie bestellt und getrunken wurden. Kann ja mal vorkommen, sollte aber nicht. Es trübt jedenfalls den hervorragenden Eindruck, den die sehr authentische Küche des Ho Tay hinterließ. Sturm beschloss, trotzdem wiederzukommen, dies aber dann nur in Begleitung eines Taschenrechners.

© SZ vom 28.02.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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