Il Giro:Nichts für Lärmempfindliche

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Sandro (li.) und Jonas haben das Il Giro im April übernommen und auch gleich ein wenig umdekoriert. (Foto: Robert Haas)

Eigentlich müsste jeder Wirtshausbesucher glücklich sein über die Hingabe, mit der die Gastronomen das Il Giro betreiben. Doch für einen Wohlfühl-Abend gibt es zwei Spielregeln zu beachten.

Von Felix Mostrich

Dieser Artikel ist leider nicht mehr aktuell, da das Lokal mittlerweile geschlossen ist.

In der Ledererstraße können angehende Gastronomen derzeit lernen, wie man mit einem Restaurant rasch zum Erfolg kommt. Die urlaubsgebräunten italienischen Jungs, die seit Anfang April das schmale, in der Gasse leicht zu übersehende Lokal Il Giro betreiben, müssen sich allabendlich durch ein bis zur Bar voll besetztes, manchmal fast unerträglich lautes und enges Ambiente kämpfen. Doch sie machen das so souverän, so zuvorkommend und mit solcher Hingabe, dass man als Münchner Wirtshausbesucher eigentlich glücklich sein muss. Auch mit dem kulinarischen Angebot und dem Preis-Leistungs-Verhältnis kann man dort großenteils zufrieden sein.

Schmackhafte Brotsorten, frisch aufgeschnitten

Begrüßt wird man mit Olivenöl, Salz, Pfeffer und einem Korb mit drei verschiedenen schmackhaften Brotsorten, die jeweils frisch aufgeschnitten sind. Auf der Karte stehen in der Regel fünf oder sechs Antipasti-, fünf Pasta- und fünf Fleisch-oder Fischgerichte untereinander.

Wir fangen oben bei den Antipasti an, die zwischen neun und 16 Euro kosten. Im Il Giro ist der Mozzarella kein gummifester Klops wie in so vielen Lokalen in Deutschland; nein, er zerfällt unter der Gabel, wie es sich für ein Erzeugnis aus Büffelmilch gehört, in saftige Schichten. Längliche Tomaten von besonderer Würze und frisches Basilikum-Pesto ergänzen das Ganze zu einer erfreulichen Vorspeise. Ein Hochgenuss auch das Carpaccio aus rosig-zartem, fein gesalzenem Carne Salada; bei dieser Vorspeise war nur der beigelegte Rucola säuerlich mariniert; auf diese Weise wurden die beiden unterschiedlichen Geschmackskomponenten nicht verwischt.

Die mit einem würzigen warmen Tomaten-Umido gefüllten Seppioline wurden durch ein Püree aus gehackten grünen Erbsen geschmacklich wie farblich interessant kontrastiert. Und die weich gekochten Tentakeln von der Krake bekamen durch rohe Blätter vom jungen Spinat, die als Salat angemacht waren, und ein paar Orangenfilets ihre aparte Besonderheit.

Zu viel Zitronenschale, zu wenig Salz

Bei den Pastagerichten (zwölf bis 15 Euro) waren wir nicht immer so glücklich. Am besten schnitten die Conchiglie mit Salsiccia und viel Basilikum ab. Die mit Auberginen, Zwiebeln und Karotten gefüllten Ravioli aber waren, bei aller vegetarischen Korrektheit, einfach ein wenig langweilig.

Bei den Spaghetti mit Calamari war dem Koch etwas zu viel Zitronenschale in den Sugo geraten, was, weil er Salz fast ganz vergessen hatte, den Genuss dann doch deutlich schmälerte. Der Risotto schließlich hatte, bevor er auf den Teller kam, weder mit dem angekündigten Prosecco noch mit den beigefügten Scampi je Berührung gehabt. Er erinnerte in seiner sahnigen Geschmacklosigkeit aufs peinlichste an einen Milchreis, in den unpassenderweise ein Paar Meeresfrüchte gedrückt worden sind.

Bei den Hauptgängen (18 bis 28 Euro) gibt sich die Küche zum Glück nie mit dem lieblosen Beilagen-Einerlei zufrieden, das so viele italienische Restaurants immer noch den Deutschen vorzusetzen wagen: Der Klacks vom gammligen Spinat, die drei weichen Karottenscheiben und die paar Kartoffelstücke, die über Stunden hinweg warm gehalten worden sind, bleiben einem hier erspart. Im Il Giro wird beispielsweise zur Goldbrasse eine ganze Schale voll beißfester Rosmarinkartoffeln der neuen Ernte serviert und ein Gemüseteller, auf dem längsgeteilte Karotten und grüner Spargel eine interessante Symbiose eingehen.

Der lauwarme Salat aus Kartoffeln und Spargel überzeugt

Zur mustergültig rosigen Tagliata vom Kalb, die im Ganzen gegart und dann aufgeschnitten wurde, servierte der Koch einen ebenfalls überzeugenden lauwarmen Salat aus Kartoffeln und Spargel. Bei der schönen Portion kleiner Lammkoteletts, die klassisch von Speckbohnen begleitet ist, darf man sich allerdings fragen, ob die eingelegten Brombeeren, die als zweite Beilage ausersehen sind und eine süßliche Note beisteuern, wirklich ein Gewinn für die Komposition sind.

Für Bier-Liebhaber hält man im Giro Tegernseer Helles, Augustiner Edelstoff und Weißbier in Flaschen parat. Die offenen Weine (das 0,1-Liter-Glas kostet im Durchschnitt 4,50 Euro) sind, soweit wir sie probiert haben, allesamt empfehlenswert. Aus Terlan in Südtirol kommt eine Cuvée dreier weißer Burgundersorten, die sich mit entsprechenden Weinen aus Deutschland oder Österreich gut messen kann. Der Vermentino aus Sardinien hat viel Charakter, ja seine Herbheit lässt viele teurere italienische Weißweine im Vergleich blass aussehen. Und der sortenrein ausgebaute Montepulciano d' Abbruzzo, der nichts mit den dunklen Weinen der toskanischen Stadt Montepulciano zu tun hat, ist ein unkomplizierter, angenehm runder Rotwein.

Es gibt also eine Spielregel für das italienische Lokal im Münchner Hofbräuhaus-Viertel: Man darf nicht lärmempfindlich sein und auf keinen Fall das Falsche bestellen. Dann kann man sich wohlfühlen im Il Giro.

© SZ vom 28.05.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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