Kritik:Kunst der Kombination

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Die Reihe "Nachtmusik der Moderne" widmet sich Terry Riley, Zentralfigur der Minimal Music.

Von Klaus Kalchschmid

Neugierig waren alle, die zur Einführung mit Xandi van Dijk, Solo-Bratscher des Münchener Kammerorchesters, und Gyan Riley, dem Gitarristen und Sohn von Terry Riley, gekommen waren. Und hatten wohl große Lust auf die 55. Ausgabe der "Nachtmusik der Moderne" des MKO. Denn diesmal war sie dem 87-jährigen (Mit-)Begründer der Minimal Music gewidmet. Aber Roland Spiegel stellte die Fragen ebenso präzise wie launig und bekam die entsprechend farbigen Antworten, dass die Spannung noch stieg.

Da in der Rotunde der Pinakothek der Moderne vom chilenischen Künstler Alfredo Jaar eine Million deutsche Pässe zum Kubus geschichtet, mit Glas gesichert und von schwarz-gelb-rot angemalten Säulen umkreist waren, musste das Konzert am Fuß der großen Freitreppe ins Untergeschoß stattfinden. Das war beim Tutti-Streicher-Stück "Half-wolf Dances Mad in Moonlight" (1985) noch etwas problematisch, weil Klarheit und Direktheit des Musizierens unter der sonst akustisch günstig reflektierenden Glaskuppel fehlten. Aber schon das solistische Streichquartett (Yuki Kasai, Max Peter Meis, Xandi van Dijk, Bridget MacRae) mit Gyan Riley an der E-Gitarre machte in "Dark Queen Mantra" mit seinem spanischen Kolorit großen Effekt wie auch das Arrangement für Solo-Gitarre des jazzigen "Peace Dance", bei dem Riley mit einer Zuspielung, also im Duo mit sich selbst spielte.

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Aufregender Schluss- und Höhepunkt war die mit einer guten halben Stunde erstaunlich kurze Aufführung von Rileys berühmtestem Stück aus dem Jahr 1964. Zugleich ist "In C" des 29-Jährigen der Urknall der Minimal Music und ein wichtiges Werk der aleatorischen, also vom Zufall bestimmten Musik: 53 Patterns, Module oder auch Motive gilt es hier "sinnvoll" zu kombinieren, dabei nicht nur an- und abschwellende Spannungs- und Verdichtungswellen aufzubauen. Schon die Wahl der Instrumente legt viel davon fest, was später geschehen kann.

Neben der Stammbesetzung des MKO aus 20 Streichern spielten hier zwei Schlagzeuger, die das durchlaufende Metrum garantierten, sowie leider im Programmblatt nicht genannte Spieler von Klarinette, Trompete und Posaune. Yuki Kasai hatte Leitung wie Organisation inne und noch aufregender als das Ergebnis der schillernd und differenziert gelungenen Aufführung wäre es wohl gewesen, beim Probenprozess dabei zu sein, wenn "In C" aus dem Nichts und unendlich vielen Möglichkeiten heraus langsam Gestalt annimmt. Man kann sich gut vorstellen, dass ganze Festivals der vielfältig kontrastierenden Aufführung dieses einen Werks gewidmet sind.

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