Kommunalwahl in Trudering-Riem:"Man kann nicht sechs Jahre beleidigt sein"

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CSU und SPD ließen die Grünen zum Auftakt der Amtsperiode links liegen, was diese verärgerte. Mittlerweile arbeiten alle wieder sachbezogen zusammen

Von Renate Winkler-Schlang, Trudering-Riem

Wie man sich täuschen kann: Die Zeichen bei der Wahl des Vorsitzenden im Bezirksausschuss Trudering-Riem 2014 lauteten ganz klar auf Damenwahl. Es schien ausgemacht zu sein, dass künftig eine Frau an die Spitze des Stadtviertel-Gremiums gewählt würde. Drei standen zur Auswahl: Die CSU-Sprecherin Magdalena Miehle, Susan Beer von der SPD und die frühere BA-Vorsitzende Stephanie Hentschel, die von der CSU zu den Freien Wählern gewechselt war, wegen ihrer kompetenten, verbindlichen Art aber weiter Respekt genoss.

Und dann kam es ganz anders. Otto Steinberger (CSU) wurde gewählt. Dies geschah mit Hilfe der SPD, denn die Zeiten, in denen die CSU in Münchens äußerstem Osten sich einer absoluten Mehrheit sicher sein konnte, sind mittlerweile vorbei. Dem "Kooperationspartner" SPD wiederum war Miehle als BA-Vorsitzende "nicht vermittelbar". Diese formuliert oft recht umständlich und kann zuweilen stur auf ihrer Meinung beharren. Otto Steinberger arbeitete zwar schon seit 1996 im Gremium mit, hatte aber keine Ambitionen erkennen lassen. Er ließ sich bitten und überzeugen, für diese eine Amtsperiode - und machte es nach einhelliger Auffassung gut.

Steinberger "regierte" Trudering-Riem präsidial. Er hatte Tagesordnung und Satzung im Griff und schaute auf die Zeit. Mitglieder, die zu lange debattieren, oder Bürger, die mit ihren Anliegen nicht zum Punkt kamen - da konnte er seine Ungeduld kaum verbergen. Gremiumsweit erntet Steinberger hohen Respekt für sein Agieren in der Zeit, als viele Flüchtlinge kamen. Er setzte sich mit der Regierung von Oberbayern in Verbindung und forderte erfolgreich Transparenz ein bei der Wahl der Unterkunfts-Standorte, er lud aber auch die Aktiven der Helferkreise zum Dank für ihr Engagement zu einem Empfang ein. Dem sozialen Frieden im Viertel tat das gut, das merkt auch Grünen-Stadtrat Herbert Danner anerkennend an.

Danners erstarkte Grüne hatten anfangs keinen leichten Stand. Ihnen war der Vorsitz im Planungsausschuss zugesagt worden, doch erst in der konstituierenden Sitzung wurde klar, dass SPD und CSU dessen Aufgaben und Möglichkeiten durch einen neuen, von Miehle geleiteten Infrastruktur- und Stadtteilentwicklungs-Ausschuss beschnitten hatten. Da waren erst einmal grüner Ärger und Trotz angesagt. Hentschel übernahm den gestutzten Planungsausschuss, doch sie schied bald aus beruflichen Gründen aus. Den Planungsausschuss leitete dann doch ein Grüner, Rupert Rösch. Alle arbeiten nun wieder sachbezogen zusammen, auch wenn man gerade in Verkehrsfragen nicht immer übereinstimmt. "Man kann nicht sechs Jahre beleidigt sein, dann macht die Arbeit keinen Spaß", sagt Danner heute. Der erfahrene und bei seinen Herzensthemen durchaus streitbare Danner kandiert nicht mehr für den Stadtrat, sehr wohl aber für den Bezirksausschuss. Sollte diese Wahl die Parteienlandschaft in Trudering-Riem so durcheinanderwirbeln, dass eine Mehrheit für einen grünen Vorsitzenden möglich wäre, stünde Danner sicher bereit. Die SPD-Sprecherin Maren Salzmann-Brünjes - die wieder kandidiert, den Sprecherposten aber abgeben will - bescheinigt Danner immerhin schon mal, er sei "weiser" geworden. Wahrscheinlicher aber ist doch, dass die CSU weiter stärkste Kraft sein wird und in der SPD, oder - falls diese auch im Stadtteil Hermann Memmels, des im April 2019 verstorbenen, bekanntesten und beliebtesten Genossen Truderings, in der Marginalität verschwindet - auch in den Grünen einen Steigbügelhalter findet. Dann wird es auf Stefan Ziegler hinauslaufen, den bisherigen zweiten Stellvertreter.

Ziegler ist Waldtruderinger, dort aufgewachsen und geblieben. Der 49-jährige kaufmännische Leiter im Bayerischen Hauptmünzamt ist in seinem Viertel auch bekannt durch sein Ehrenamt in der Kirchenverwaltung von Christi Himmelfahrt. Er ist ein kritischer Geist, aus der CSU schon mal aus- und später wieder eingetreten. Im Gremium zoffte er sich meist mit Danner, denn Ziegler will trotz des Augenmerks auf den MVV "das Auto nicht verdammen", unterstellt dies jedoch seinem grünen Widerpart. Auch Georg Kronawitter (CSU), der ebenfalls nochmals antritt, hat seine Auseinandersetzungen mit Danner, doch stets mit versöhnlichem Unterton; bei Ziegler fehlte der. Ziegler selbst ist vorsichtig mit Prognosen. Man müsse die Wahl und die neuen Konstellationen abwarten. Wählen ließe er sich jedenfalls nur, wenn das allein mit demokratischen Kräften möglich wäre - eine Anspielung auf die AfD, von der alle hoffen, dass sie nicht rein will oder zumindest nicht rein kommt in die Sitzungen im Saal des Kulturzentrums. Als sicher erscheint, dass der CSU-Stadtrat Sebastian Schall wieder dabei ist, im Kulturzentrum wie auch im Rathaus. Für die SPD kann es Cumali Naz erneut in den Stadtrat schaffen. Die langgedienten Truderinger Stadträte Hans Podiuk (CSU) und Helmut Schmid (SPD) ziehen sich zurück, da gehen dem BA gute Ansprechpartner verloren.

Die Spitzenkandidaten (soweit bekannt): CSU: 1. Stefan Ziegler, 2. Eva Muhr, 3. Stephen Sikder. SPD: 1. Susan Beer, 2. Michael Welzel, 3. Eva Blomberg. Grüne: 1. Eva Döring, 2. Herbert Danner, 3. Regina Schreiner. FDP: 1. Stephanie Bachhuber, 2. Eva Gieses, 3. Ines Goldfisch. Linkspartei: 1. Hatice Steininger, 2. Joachim Gehring, 3. Philip Martens. FW/ÖDP: 1.-2. Gökhan Deger, 3. Beate Fuchs.

© SZ vom 17.01.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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