Kurzkritik:Es lebe die Virtuosität

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Stars & Rising Stars: Maurice Steger, Ziyu He, Elias Keller und die Salzburger Hofmusik im Odeon

Von Harald Eggebrecht

Besser als der geniale Cellist Emanuel Feuermann hat keiner Wesen und Wichtigkeit der Virtuosität beschrieben: "Virtuose zu sein bedeutet: das größte Spielvermögen zu haben, das Kunstwerk zu achten und über die Fähigkeit zu verfügen, die eigene Persönlichkeit sinnvoll in das Kunstwerk einzubringen." Daraus folgt: "Virtuose sollte ein Ehrentitel sein, und ich glaube, dass selbst unter den Größten auf dem heutigen Podium nur wenige ihn verdienen." Was Feuermann Ende der 1930-er Jahre formulierte, gilt zweifellos bis heute. Wer den Schweizer Maurice Steger mit den sonst geschmähten Blockflöten einmal erlebt hat, weiß sofort, dass Virtuosität im Sinne Feuermanns kein frommer Wunsch, sondern mitreißende, elektrisierende, geradezu ungläubiges Staunen hervorrufende Realität sein kann.

In der musikalischen Maioffensive der Reihe "Stars &Rising Stars" spielte Steger mit der Salzburger Hofmusik unter Wolfgang Brunner Konzerte von Georg Philipp Telemann und Antonio Vivaldi so umwerfend geistreich und technisch so phänomenal, dass dem Publikum im zugig-kühlen Innenhof des Innenministeriums sofort richtig heiß wurde vor Begeisterung. Bis 1944 war hier das legendäre Odeon, für Bruno Walter einst der beste Konzertsaal Europas. Die großartige Apsis mit den nun leeren Nischen für Komponistenbüsten erinnert unmissverständlich ans Odeon. Hier trat auch Feuermann auf. Wie schön und wehmütig, dass hier ab und zu wieder vor echtem Publikum musiziert wird.

Gewiss, der jetzige Raum zu ebener Erde mit Steinfußboden ist hallig, der Saal lag früher im ersten Stock. Aber wer so leichtfüßig und eben virtuos wie Steger und auch der fulminante 24-jährige Geiger Ziyu He zu phrasieren und deutlichst zu artikulieren versteht, der verzaubert unmittelbar. Ziyu He und der 15-jährige Elias Keller boten zu Beginn Antonin Dvořáks Sonatine schlank, rhythmisch auf den Punkt und im Melodiösen so kantabel und beseelt, doch nie sentimental, dass es reines Vergnügen war. Die F-Dur Ballade von Frédéric Chopin gelang Elias Keller eher fragmentarisch, der Flügelklang hat es hier akustisch schwer. Die Salzburger Hofmusik, von Wolfgang Brunner heiter moderiert, glänzte mit Telemanns witziger Don Quichote-Suite, improvisierte sich vergnügt in Arcangelo Corellis La Folia-Variationen hinein und machte am Ende Vivaldis "Sommer" mit dem grandiosen Ziyu He zum fetzigen Rausschmeißer. Heller Jubel!

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