Kino:Abseits der Klischees

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"Masel Tov Cocktail" räumt mit Klischees auf. (Foto: Filmakademie Baden-Württemberg)

Das Programm der Jüdischen Filmtage zeigt online die Vielfalt jüdischen Lebens

Von Josef Grübl, München

Man nehme einen Juden und zwölf Deutsche, vermische sie mit etwas Erinnerungskultur und Stereotypen, gebe zwei Teelöffel Patriotismus und einen Spritzer Antisemitismus hinzu. Das Ganze rolle man zu einem Falafel zusammen, koche es mit fünf Stolpersteinen und serviere es von Klezmer-Musik begleitet. So in etwa kündigt der Regisseur und Autor von "Masel Tov Cocktail" seinen eigenen Film an; zu sehen ist Arkadij Khaets halbstündiges Werk zum Auftakt der 12. Jüdischen Filmtage. Diese werden von der Israelitischen Kultusgemeinde veranstaltet, dieses Jahr erstmals online.

Khaet will in seinem Film mit jüdischen Klischees aufräumen und erzählt von den Nöten eines jüdischen Teenagerrebellen. Dima (Alexander Wertmann) weiß auch genau, wie Juden in deutschen Filmen dargestellt werden: Sie würden stets Kippa tragen und nur selten zurückschlagen, außerdem mache man am besten Schwarzweiß-Filme über sie, mit dramatischer Musik oder Sirenengeheul im Hintergrund. "Das ist doch gleich viel jüdischer, oder?" Als Dima das sagt, grinst er in die Kamera: "Aber so ein Film ist das hier nicht."

Wie in den Vorjahren wollen die Veranstalter möglichst unterschiedliche Filme zeigen und vielfältige Sichtweisen auf jüdisches Leben zulassen: Da passt auch der provokante, auf mehreren Festivals ausgezeichnete "Masel Tov Cocktail" ins Programm. Als zweiten Film für den Auftakt am Sonntag, 21. Februar, wurde die Kurzdoku "Wir. Hier" ausgewählt. Darin berichten mehrere Menschen jüdischen Glaubens von Anfeindungen, die sie mitten in München erlebt haben. Ein Gespräch mit den Machern und Beteiligten beider Filme rundet die Auftaktveranstaltung ab.

Weiter geht es mit den Filmtagen erst im April, anlässlich des Gedenktags Jom Haschoa soll der Animationsfilm "The Long Night" über den Holocaust-Überlebenden Ernst Israel Bornstein gezeigt werden. Für Mai ist ein Dokumentarfilm über die israelische Bademode-Designerin Lea Gottlieb ("Mrs. G.") eingeplant, für Juni der 1939 entstandene, erst kürzlich restaurierte US-Spielfilm "Fishke der Krumer - The Light Ahead". Wenn die Corona-Bestimmungen es zulassen, werden die Filme im Frühjahr auch als Hybrid-Veranstaltung im Jüdischen Gemeindezentrum am St.-Jakobs-Platz aufgeführt. Auch im Herbst sollen Filme live vor Publikum gezeigt werden, unter anderem das Marcel-Marceau-Biopic "Resistance".

Jüdische Filmtage , Auftaktveranstaltung am Sonntag, 21. Februar, 17 Uhr, www.ikg-m.de

© SZ vom 19.02.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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