Karlsplatz:Unterm Stachus lauert der Feind der Tauben

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  • Der Falkner Günter Rau soll mit seinem Wüstenbussard-Weibchen Hillary Tauben aus den Ladenpassagen unter dem Stachus vertreiben.
  • Zwei Monate soll Hillary nun intensiv, aber in unregelmäßigen Abständen fliegen.

Von Günther Knoll

Da würde Hillary auch eine gültige Fahrkarte nichts helfen. Dort, wo die Stempelautomaten stehen und sich die Bodenfarbe von Weiß in Grau wandelt, ist Schluss für das Wüstenbussard-Weibchen, es ist nur für die Ladenpassagen unter dem Stachus gebucht. Einige Tauben scheinen das zu wissen an diesem Mittwochmorgen, denn sie fliehen gezielt weiter nach unten in Richtung U- und S-Bahn, wenn der Greifvogel im Anflug ist.

Der ist gerade dabei, sich an sein neues Jagdrevier zu gewöhnen. Wobei Jagd der falsche Ausdruck ist, verjagen muss es richtigerweise heißen. Denn das Center-Management hat den Falkner Günter Rau zu Hilfe gerufen, um die Tauben aus dem Stachus-Untergeschoss zu vertreiben.

Der Einsatz des Harris's Hawk, wie der Greifvogel aus Amerika dort genannt wird, ist nicht billig. Aber, so sagt die Center-Managerin Inge Vogt, man wisse, dass die Passagen der Hofstatt dank Rau und seiner Hillary inzwischen taubenfrei seien. Und alle anderen Maßnahmen, um die Plagegeister unter dem Stachus loszuwerden, hätten nichts gefruchtet.

Der Falkner Günther Rau lässt seinen Wüstenbussard Hillary starten. (Foto: Matthias Balk/dpa)

Bei Hillarys Premiere am Montag seien die Tauben sofort weggewesen, nach zwei Stunden aber seien sie zurückgekommen, um wie gewöhnlich Essensreste aufzupicken und knapp über die Köpfe der Passanten hinwegzuflattern. Rau erläutert, dass die Vergrämung mit Greifvögeln Geduld erfordert. Zwei Monate soll Hillary nun intensiv,aber in unregelmäßigen Abständen fliegen, auch später noch, dann aber nicht mehr so oft.

Denn die Tauben müssten erst begreifen, dass da unten, wo sie es bisher warm, trocken und geschützt hatten, ein Feind auf sie lauere. So furchteinflößend wirkt Hillary gar nicht, finden jedenfalls die Passanten. Sie ducken sich höchstens weg, wenn der Vogel einen seiner Flüge startet. Frauen und Schulkinder bleiben stehen, um den Vogel aus nächster Nähe zu bewundern. Und einige fragen, ob sie ihn auch mal streicheln dürfen. Dürfen sie, denn das Tier sei das gewohnt, sagt Falkner Rau.

Sein Kollege Andreas Schmid lobt Hillary als den "absoluten Renner", nervenstark und unerschrocken, wie sie sei, könne man sie überall einsetzen. Die niedrige Decke, das viele Glas, die Leuchten und die Menschen, die da zwischen sechs und sieben Uhr unterwegs sind - das alles lässt sie unbeeindruckt. Sie fliege bei viel Publikumsverkehr auch zwischen den Beinen der Passanten hindurch, indem sie diese geschickt als Deckung nutze, erklärt Rau, während Hillary auf seinem Handschuh sitzt, ruhig, aber aufmerksam die Umgebung beobachtend.

Doch dann hebt sie unvermutet ab, sie hat eine Taube entdeckt. Ein kurzer Verfolgungsflug, die Taube ist verjagt, und schon steuert der Wüstenbussard einen Sims an, um sich auszuruhen. Greifvögel überlegten sich genau, ob sich die energieaufwendige Jagd lohne, erläutert der Falkner Günter Rau. Deshalb wird Hillary jeden Morgen gewogen. Jetzt im Winter beträgt ihr Idealgewicht knapp ein Kilogramm. Wäre sie leichter, wäre sie auch hungriger und würde weiter jagen, bis sie Erfolg hätte.

Wäre sie zu schwer und damit zu satt, würde ihr Jagdimpuls verschwinden. Und schon kommt der Greif wieder auf den Handschuh zurück, um gleich darauf von dort auf den ebenfalls behandschuhten Arm von Andreas Schmid zu wechseln. Umsonst tut Hillary auch das nicht. Immer sind kleine Fleischbrocken im Spiel - als Belohnung.

© SZ vom 14.12.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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