K. H. Hödicke:München zum Dank

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Der German-Pop-Künstler K. H. Hödicke beschenkt die Pinakothek der Moderne, das Museum Brandhorst und das Lenbachhaus. Zur Übergabe der Werke kommt der 82-Jährige trotz Corona-Einschränkungen selbst

Von Evelyn Vogel

Auf gewisse Weise hat der Maler K.H. Hödicke wohl selbst nicht mehr damit gerechnet, auf seine alten Tage noch einmal so "wiederentdeckt" zu werden. Doch genau zu einer solchen Wiederentdeckung führte die Retrospektive, die Michael Hering von der Staatlichen Graphischen Sammlung dem 82-jährigen Künstler in diesem Sommer in der Münchner Pinakothek der Moderne ausrichtete. Hier war nicht nur der "Wegbereiter des deutschen Neoexpressionismus" und "Vater der Neuen Wilden" zu sehen, hier wurde Hödickes Werk in seiner ganzen Bandbreite gezeigt.

Natürlich ist jeder Künstler froh, wenn er sein Werk in guten Händen weiß. Und was wäre besser, als es in ein Museum zu geben. Aber man kann es gewiss als einen Akt der Dankbarkeit verstehen, dass Hödicke nun etliche Gemälde Münchner Museen schenkte, die größtenteils dieser Tage vorgestellt wurden: das monumentale Werk "Jäger und Gejagter im deutschen Wald" von 1972 in der Pinakothek der Moderne sowie mehrere Arbeiten aus den Jahren 1961 bis 1974, die nun im Museum Brandhorst in der Sonderschau "Spot On: German Pop" zu sehen sind.

Das Gemälde "U-Bahn" von 1964 hat K.H. Hödicke dem Museum Brandhorst geschenkt. (Foto: Haydar Koyupinar, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, VG Bild-Kunst, Bonn 2020)

Der Maler, der als Karl Horst Hödicke 1938 in Nürnberg geboren wurde, begründete seine Entscheidung für die Schenkung auch explizit mit seiner Verbundenheit mit München, die über den aktuellen Anlass der Retrospektive bis weit in die Vergangenheit zurückreicht. Er habe wichtige Jahre seiner Kindheit und Jugend in München verbracht. Der Farbenrausch des Blauen Reiter habe ihn bei vielen Besuchen im Lenbachhaus beeindruckt, die malerische Freiheit der alten Meister in der Pinakothek habe ihn begeistert. "Die Erfahrungen aus München haben mein eigenes künstlerisches Schaffen begleitet und so freue ich mich sehr, die herausragenden Bestände deutscher Malerei in den Münchner Sammlungen nun mit einigen meiner Werke ergänzen zu können", ließ K. H. Hödicke mitteilen.

Und ja, auch das Lenbachhaus wird von seiner Verbundenheit mit München profitieren und kann sich ebenfalls über eine Schenkung freuen, wie Direktor Matthias Mühling auf SZ-Anfrage bestätigte. Diese betrifft das großformatige Werk "Schaukelritter", das derzeit im Palais Populaire in Berlin gezeigt wird, wohin die Retrospektive von München aus gewandert ist. Dieses Schlüsselwerk Hödickes aus den Achtzigerjahren wird die Gabriele Münter- und Johannes Eichner-Stiftung erhalten, die ihren Sitz im Lenbachhaus hat.

Auch "Hinterhof (Himmel über Schöneberg)" von 1973 ist jetzt im Museum Brandhorst zu sehen. (Foto: Haydar Koyupinar, Bayerische Staatsgemäldesammlungen, VG Bild-Kunst, Bonn 2020)

K. H. Hödicke, der in Berlin lebt, wo er in den Fünfzigerjahren auch studierte, kam zur Schenkungsübergabe trotz seines hohen Alters und der Corona-Bedingungen selbst nach München. In der Pinakothek der Moderne freute er sich über die künstlerische Nachbarschaft, in der sein fünfteiliges Werk "Jäger und Gejagter im deutschen Wald" von 1972 nun hängt. Denn in der Sammlung der Moderne im ersten Stock wurden Werke wie der "Rotarmist" von Eugen Schönebeck, ein Freund Hödickes aus alten Tagen, in unmittelbare Nähe gerückt.

Das fünfteilige Camouflage-Werk Hödickes - Malerei auf Leinwand und Militärplane sowie Collage - zeigt seine Auseinandersetzung mit der Atmosphäre des Kalten Krieges, der in den Siebzigerjahren in Berlin mehr noch als überall sonst in Deutschland als Bedrohung vorhanden war. Erst bei genauem Hinsehen offenbart die schablonenhafte Arbeit ihre figurativen Elemente des Jägers und des Gejagten.

Im Museum Brandhorst werden Werke Hödickes neben denen von Jörg Immendorff, Sigmar Polke, Thomas Bayrle, Georg Baselitz und Gerhard Richter in einem Raum gezeigt, ein zweiter Raum ist ganz seinen Arbeiten gewidmet. Dort sind neben Teilen der Schenkung auch Leihgaben aus dem Besitzt des Künstlers zu sehen.

Das fünfteilige monumentale Camouflage-Werk "Jäger und Gejagter im deutschen Wald" übergab der Maler K.H. Hödicke der Pinakothek der Moderne. (Foto: VG Bild-Kunst, Bonn 2020)

Diese Präsentation schlägt den Bogen von seinen Anfängen in der gestischen Abstraktion der Fünfzigerjahre, über seine Auseinandersetzung mit der Pop-Art und seine konzeptuellen Bildentwürfe in den Siebzigerjahren bis hin zu seiner neo-expressiven Werkphase. Mitte der Sechziger war Hödicke nach New York gegangen. Doch hier wandte er sich ab von der Malerei und produzierte experimentelle Kurzfilme. Als er schließlich 1968 ein Stipendium in der Villa Massimo in Rom erhielt, beeinflusste das seine Haltung zur Kunst ein weiteres Mal. Als Ausdruck einer neuen Leichtigkeit, die er in Italien kennenlernte, und vielleicht auch als verspätete Reaktion auf die New Yorker Zeit kann man Arbeiten aus den Siebzigerjahren interpretieren.

In jener Zeit - Hödicke war mittlerweile wieder nach Berlin zurückgekehrt und wurde 1974 zum Professor an die Westberliner Hochschule für Bildende Künste berufen - entstanden auch Werke, die einerseits ungemein expressiv wirken, wie "Miller High Life" von 1973 und "Die Ampel steht auf Rot (Rote Pfütze)" von 1974, andererseits auch recht lakonisch anmuten, wie "Hinterhof (Himmel über Schöneberg)" von 1973. Auch sie sind nun bis 30. Juni kommenden Jahres in der Ausstellung "German Pop" im Museum Brandhorst zu sehen.

© SZ vom 26.10.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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