Porträt:Indiana Jones Italiens

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Stolzer Burgherr: Enrico De Agostini, der italienischer Generalkonsul in München, auf der Panorama-Terrasse des Castellos seiner Familie in Campolattaro. (Foto: Michael Zirnstein)

Enrico De Agostini, Generalkonsul seiner Heimat in München, kümmert sich nicht nur um Wirtschaft und Visa, sondern auch um die Kultur.

Von Michael Zirnstein, München

Er sehe aus wie Indiana Jones, sagt der Wanderführer im kampanischen Naturpark Taburno-Camposauro zu Enrico de Agostini. Der lacht höflich. Und stapft los durch den Buchenwald, einst Jagdrevier des Bourbonen-Herzoges Charles III, in Jeans, Lederstiefeln und mit schwarzem Strubbel-Hund Emily. Den Vergleich mit dem Abenteuer-Archäologen aus den Filmen hat der italienische Generalkonsul aus München schon häufiger gehört. Das liegt an den Hüten, seinem Markenzeichen. Und oft liegt es daran, dass er alte Fährten aufnimmt, in vergilbten Schriften blättert und finstere Gemäuer durchstöbert. Ob er selbst gerne Archäologe geworden wäre? "Das liegt nahe, wenn man in einer Gegend aufwächst, in der an allen Ecken so viele historische Schätzen ausgegraben werden", sagt de Agostini.

Seine Kindheit verbrachte er in Rom, aber zwei, drei Monate jedes Jahr ging es in die kühlen grünen Hügel 60 Kilometer hinter Neapel auf den Familiensitz der de Agostinis, das Castello von Campolattaro. In dieser Festung mit normannischem Turm aus dem 11. Jahrhundert und einer Trappeto im ehemaligen Stall, einer 400 Jahre alten Ölmühle, besitzt de Agostini noch eine Wohnung. Man merkt ihm an, wie gern er hier ist, wie er die Nachbarn grüßt, wie er das Bild vom Besuch des Kronprinzen Umberto 1933 ansieht, die Schwarzweiß-Fotografie von seinem Vater, einem Kunstmaler, die alten Dorfchroniken, die er nach Geschichten durchwälzt. Campolattaro ist seine Heimat.

Enrico de Agostini in seinem Studierzimmer im alten Familiensitz, dem Castello von Campolattaro. (Foto: Michael Zirnstein)

Zuhause ist der Konsul in der Welt. Derzeit in München, wo er gerne zum Fliegenfischen in der Isar steht - wie daheim im Fluss Tammaro. Der diplomatische Dienst führte ihn schon in die Arabischen Emirate, nach Ghana, Mosambik, Dortmund und als Botschafter nach Simbabwe. Sein Sohn kam in Johannesburg auf die Welt, taufen ließ er ihn in der Kapelle aus dem 17. Jahrhundert im Castello. In dem 1000-Einwohner-Dorf stünden etliche Wohnungen zum Verkauf, sagt er, es sei ein gutes Investment, alles viel günstiger als in der Toskana. Er wirbt überall für die Schönheit seines Landes, speziell für seine von Touristen links liegengelassene Heimatregion Sannio. Bei einem Picknick mit einer Journalistengruppe in den Ruinen von Saepinum tischt er Käse, Oliven und den autochtonen Falanghina-Wein auf und erzählt, wie er in Simbabwe öfters zu Spezialitäten und Geschichten aus seinem Land eingeladen habe - "sonst kocht kein Botschafter selbst für 100 Gäste".

De Agostini kümmert sich nie nur um Wirtschaft und Visa, er ist ein Mann der Kultur. Er hat zwei Romane geschrieben, die Zukunftsgeschichte "Mind", in der ein italienischer Philosoph Hirte werden möchte, aber zum Kampf gegen das Cyber-Gedankenleser-System gezwungen wird. Und "Un prosciutto e dieci ducati" (Ein Schinken und zehn Dukaten), einen historischer Roman über die politischen und sozialen Umwälzungen in Circello anno 1798. Ein weiterer sei in Arbeit, aber erst einmal hat er sich einen anderen Traum verwirklicht: Die Ausstellung über die Samniten in den Staatlichen Antikensammlungen in München. Als er die Idee hatte, fragte er erst seine Cousine um Rat, die einstige Direktion der Reggia Casserta, des Versailles Italiens; dann lud er die Münchner Museumsdirektoren ins Sannio ein und setzte alle Hebel in Behörden und Ministerien in Bewegung, um Dutzende Ausstellungsstücke nach Deutschland zu bringen. Es ist die Krönung seines Konsulates in München, das nach vier Jahren im Herbst endet. Dabei, so sagt er, hätte er noch die Idee für eine Folge-Ausstellung über die Geheimnisse der Langobarden in Kampanien.

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