Isarvorstadt:"Von Kugeln durchsiebt"

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Während des Polizeieinsatzes im Mai 2016 wurde die gesperrt. (Foto: Stephan Rumpf)
  • Daniel M. leidet seit seinem 19. Lebensjahr an einer Psychose, vor etwa einem Jahr fühlte er sich verfolgt und bedroht.
  • Am Nachmittag des 19. Mai 2016 fuchtelte er in der Isarvorstadt vor Passanten und Polizisten mit einer Schere herum. Der 26-Jährige wurde mit mehreren Kugeln niedergeschossen.
  • Nun ordnete das Landgericht München I die Unterbringung von M. in einem psychiatrischen Krankenhaus an.

Aus dem Gericht von Andreas Salch, München

Daniel M. fühlte sich verfolgt. Von Menschen mit "schwarzen Augen". Hinzu kam die Angst, "Stromstöße abzubekommen". Am Morgen des 19. Mai vergangenen Jahres hatte der 26-Jährige Kräuter inhaliert. Danach, so M., habe es ihm "den Schalter rausgehauen". Am Nachmittag jenes Tages fuchtelte er in der Isarvorstadt vor Passanten und Polizisten mit einer Haushaltsschere in der Hand herum.

Der 26-Jährige wurde von der Polizei niedergeschossen und schwer verletzt. Laut dem Gutachten eines psychiatrischen Sachverständigen hatte der Maler zu diesem Zeitpunkt eine "akute paranoide Schizophrenie". Am Montag ordnete das Landgericht München I die Unterbringung von Daniel M. in einem psychiatrischen Krankenhaus an.

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Es hatte Anzeichen gegeben und es war auch absehbar, dass Daniel M. etwas anstellen würde. Er leidet seit seinem 19. Lebensjahr an einer Psychose. Zudem konsumierte er Drogen und trank Alkohol im Übermaß. Vor der Tat befand er sich mehrere Male in der Psychiatrie. Verfolgungswahn und "akustische Halluzinationen" waren der Grund. Daniel M. lebte zuletzt in einer therapeutischen WG. Im Januar 2016 sollen die Neuroleptika, die er nehmen sollte, auf "seinen Wunsch" hin abgesetzt worden sein.

Wenige Wochen später habe es bereits erste Anzeichen für ein Wiederaufflammen der Psychose gegeben. Darüber hinaus seien von M.s Umgebung eine Reihe weiterer Veränderungen registriert worden, sagte ein psychiatrischer Sachverständiger vor Gericht. Der 26-Jährige selbst, erzählte einer seiner Betreuer, habe sich nicht krank gefühlt. Auch in der Vergangenheit soll der Maler eigenmächtig die Dosis seiner Medikament reduziert haben.

Zuerst fiel Daniel M. am 19. Mai einem Passanten auf. Dieser alarmierte die Polizei. Am Kaiser-Ludwig-Platz versuchte eine Streife, ihn zu stoppen. Doch er lief einfach weiter. Erst am Kapuzinerplatz gelang einem Großaufgebot von rund 20 Polizisten die Festnahme. Zuvor hatte einer der Beamten mehrere Schüsse auf den Maler abgefeuert. Der 26-Jährige ging schwer verletzt zu Boden.

Daniel M.s Verteidiger, Rechtsanwalt Roland Autenrieth, kritisierte bei seinem Plädoyer das Vorgehen der Polizei massiv. Sein Mandant sei nicht "mit einem Sprengstoffgürtel durch die Fußgängerzone gelaufen", sondern habe lediglich eine Haushaltsschere in der Hand gehalten. Tatsächlich hatte der Maler damit niemanden angegriffen, wie auch das Gericht in seiner Urteilsbegründung feststellte.

Allerdings habe der Angeklagte unter anderem Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte in einem besonders schweren Fall geleistet, so Richterin Judith Engel. Auch sie sagte, es sei "problematisch" und "fast tragisch", dass der Angeklagte von "15 bis 20 Polizisten gejagt und mit sieben bis acht Schüssen niedergestreckt wurde". Ein Anwohner hatte den Einsatz gefilmt.

Die Polizei sei "überfordert" gewesen, so der Verteidiger. Sein Mandant sei "von Kugeln durchsiebt" worden und hätte fast das Leben verloren. Es sei "erstaunlich", dass man einem ersichtlich geistig verwirrten Mann "gleich zentral Richtung Körper schießt", sagte Autenrieth. Er forderte, die Unterbringung M.s zur Bewährung auszusetzen. Dafür aber lägen die Voraussetzungen nicht vor, sagte Richterin Engel.

© SZ vom 14.03.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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