Prozess:Weil Hündin nach OP leiden musste, fordert Halterin Schmerzensgeld - für sich

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  • Eine Hundebesitzerin hat den Geschäftsführer einer Münchner Tierklinik auf Schadenersatz und Schmerzensgeld verklagt.
  • Durch eine Operation sollte ihre Hündin von einer Hüft-Fehlstellung befreit werden - doch während der OP gab es Komplikationen, das Tier musste eingeschläfert werden.
  • Die Schmerzensgeld-Klage ist Neuland: Die Hundebesitzerin klagt für sich selbst wegen der erlittenen seelischen Qualen beim Anblick ihres leidenden Tieres.

Aus dem Gericht von Stephan Handel

Die Klägerin hat sechs Hunde. Der Beklagte ist Tierarzt, seine Anwältin hält ebenfalls einen Hund, und ihre Kollegin auf der Gegenseite ist mit einem Veterinär verheiratet. Als dann auch noch die Richterin zugibt, dass sie zuhause zwei Meerschweinchen hält, da ist klar: Ist schon die richtige Gesellschaft von Tierfreunden versammelt im Sitzungssaal 137 des Justizpalast, um über Anni-Viennas Tod zu verhandeln.

Anni-Vienna war eine Leonberger-Hündin, sie wurde im Juli 2016 geboren und im März 2017 eingeschläfert. Ob sie in ihrem kurzen Leben mehr leiden musste, als medizinisch notwendig gewesen wäre, und ob der Beklagte, Gründer und Geschäftsführer einer Tierklinik im Münchner Norden, wegen falscher Behandlung Schadenersatz leisten muss, das ist der eine Teil der Klage. Der andere aber ist Neuland: Die Hundebesitzerin klagt für sich selbst auf Schmerzensgeld wegen der erlittenen seelischen Qualen beim Anblick ihres leidenden Tieres. Einen solchen so genannten "Drittschaden" akzeptiert die Rechtsprechung bislang nur etwa bei den nächsten Angehörigen eines - menschlichen - Opfers. Die Anwältin der Klägerin aber meint, in diesem Fall sei die Tierhalterin als Vertragspartner des Tierarztes eben keine "Dritte", sondern direkt geschädigt.

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Anni litt schon immer an einer Hüft-Fehlstellung, wie sie bei großen Hunden nicht selten vorkommt. Aber was heißt, sie litt? Schmerzen hatte sie offenbar keine, nur geschulte Augen konnten am linken Hinterbein etwas Merkwürdiges sehen, aber auch nur, wenn sie schnell lief. Dennoch fragte die Besitzerin bei ihrem Haustierarzt nach Behandlungsmöglichkeiten, der empfahl ihr die Klinik seines Kollegen.

Von hier an gehen die Darstellungen auseinander: Der Arzt sagt, er habe empfohlen zu warten, bis das Tier ausgewachsen sei, dann könne man eine künstliche Hüfte einsetzen. Das aber habe die Halterin nicht gewollt, auch weil ihr diese Operation zu teuer gewesen sei und weil sie sofort etwas tun wollte. Also habe er eine andere Therapie vorgeschlagen, diese sei dann auch gewählt worden: Bei der OP am 6. Dezember wurde der Beckenknochen auseinandergeschnitten und in die richtige Stellung gebracht. Dabei ging etwas schief - der Knochen brach, zudem drang ein Keim in die Operationswunde ein. Der Arzt sagt, der Bruch sei eine zwar seltene, aber bekannte Komplikation, und gegen Krankenhauskeime sei auch die beste Hygiene nicht gefeit.

Die Klägerin hingegen erklärt, sie sei über die Risiken der Operation nicht ausreichend aufgeklärt worden, der Knochenbruch sei keine Komplikation, sondern müsse durch Fehlverhalten von Ärzten oder Pflegern entstanden sein, und die Wundinfektion sei Folge mangelnder Versorgung. Kurz vor Heiligabend habe sie Anni nach Hause geholt, "das schlimmste Weihnachten meines Lebens". Die Hüfte sei zwar besser geworden, aber nicht gut, und als dann noch ein neuer Defekt an der Schulter dazugekommen sei, habe sie entschieden, das Tier einschläfern zu lassen.

Das ist nun, wie oft bei Medizin-Prozessen, eine fachlich wie emotional schwierige Situation. Damit die Richterin zu einem Urteil kommen kann, wären Sachverständigen-Gutachten notwendig, deren Kosten die Klagesumme - rund 13 000 Euro - leicht erreichen, wenn nicht übersteigen könnten. Deshalb der eindringliche Versuch der Richterin, die Parteien zum Vergleich zu bewegen. Der Tierarzt sagt, er habe von der Rechnung, fast 9000 Euro, sowieso schon annähernd 5000 nicht verlangt. Die Kläger-Anwältin sagt, die Hälfte der Klagesumme müsse schon drin sein. Die Richterin sagt, die eingeklagten 5000 Euro Schmerzensgeld seien "eher unwahrscheinlich". Nun haben die Parteien bis Ende Januar Zeit, sich zu einigen. Ansonsten wird sich die Gesellschaft von Tierfreunden noch öfter im Justizpalast treffen.

© SZ vom 07.12.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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