Henrike Hahn:"Die Menschen fordern, dass da endlich etwas passiert"

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Die 48-jährige Henrike Hahn hat einst Politikwissenschaft studiert, künftig wird sie für die Grünen Politik im EU-Parlament machen. (Foto: Corinna Guthknecht)

Die Grünen-Politikerin Henrike Hahn reagiert euphorisch auf ihren Wahlsieg - dieser zeigt, dass sie mit ihren Kernkompetenzen angekommen sind: Klima- und Umweltschutz, sozialer Zusammenhalt.

Interview von Anna Hoben

Ruft man Henrike Hahn an, meldet sich die Mailbox auf Deutsch und in schönstem Französisch. Die zweisprachige Ansage ist keine Reaktion auf Hahns Einzug ins EU-Parlament, sondern begrüßt Anrufer, seit die studierte Politikwissenschaftlerin ein paar Jahre in Paris gelebt hat. Am Tag nach der Wahl ist die 48-Jährige hörbar euphorisch.

SZ: Frau Hahn, wie geht es Ihnen?

Henrike Hahn: Mir geht es sehr gut. Ich freue mich auf Mittwoch, wenn wir Kandidaten, nein, jetzt Abgeordnete zum ersten Mal in Brüssel zusammenkommen. Dass die Menschen uns ihr Vertrauen geschenkt haben und die Grünen bundesweit das zweitstärkste Ergebnis eingefahren haben, ist fantastisch. Das zeigt, dass wir mit unseren Kernkompetenzen angekommen sind: Klima- und Umweltschutz, sozialer Zusammenhalt. Die Menschen fordern, dass da endlich etwas passiert.

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Haben Sie lange gefeiert am Sonntag?

Ich bin bis etwa 23 Uhr auf der Wahlparty der Grünen im Feierwerk geblieben. Schließlich stand am nächsten Vormittag eine Pressekonferenz an, und die Arbeit geht weiter. Da bin ich schon sehr diszipliniert. In der Nacht habe ich dann doch wenig geschlafen - aber nicht aus Stressgründen, sondern wegen des Glücksgefühls.

Wie haben Sie den Wahlkampf erlebt?

Die Zeit hat mir großen Spaß gemacht und war sehr intensiv. Ich habe immer wieder Menschen getroffen, die gesagt haben: "Wir vertrauen Ihnen und den Grünen." Ich will nicht Politik im Elfenbeinturm machen, sondern im Dialog. Bei unseren Wahlkampfveranstaltungen haben wir Marktplätze gefüllt, da waren teilweise bis zu 3000 Menschen. Die Leute hatten das Mikrofon in der Hand und wir haben diskutiert. Wir haben nicht von der Kanzel herab große Wahrheiten verkündet.

Sie waren Mitarbeiterin im bayerischen Landtag, später wissenschaftliche Mitarbeiterin im Bundestag - warum reizt Sie die Arbeit im Europaparlament?

Europapolitik geht mit Bundes-, Landes- und Kommunalpolitik Hand in Hand - und hat viel mit unserem alltäglichen Leben zu tun. Wir können viele Herausforderungen nur grenzüberschreitend lösen, beim Klima- und Artenschutz zum Beispiel. Auf europapolitischer Ebene können wir auch Ökonomie und Ökologie besser zusammenbringen, das habe ich bei meiner langjährigen Arbeit als Unternehmensberaterin gut sehen können.

Wann und wie fing das bei Ihnen an mit der Europabegeisterung?

In der Schule hatte ich Französisch als Leistungskurs, in den Ferien habe ich einen Sprachkurs an der Uni Montpellier gemacht. An den Wochenenden bin ich mit einem Interrail-Ticket herumgefahren und habe tolle Menschen kennengelernt. Das war ein gutes, europäisches Gefühl. Meine erste kleine Publikation während des Studiums hatte dann einen Europabezug. Diese Leidenschaft hat sich beruflich wie privat immer weiterentwickelt.

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Werden Sie Ihren Lebensmittelpunkt nun nach Brüssel/Straßburg verlagern?

Ich habe zwei Kinder, die in München zur Schule gehen, werde also erst einmal pendeln. Es ist auch eine wichtige Aufgabe, den Menschen hier zu vermitteln, was in Brüssel geschieht, und sie einzubeziehen. Es braucht mehr Bindung an die Europapolitik und mehr offenen Diskurs, damit die Menschen auch künftig für das Friedensprojekt Europa einstehen.

Was für ein Europa wünschen Sie sich für Ihre Kinder?

Ich wünsche mir ein Europa, das Vorreiter bei erneuerbaren Energien ist, mit einer Klima- und Umweltpolitik, die unsere Lebensgrundlagen erhält und für sozialen Zusammenhalt eintritt. Ein Europa, das für Humanität und Solidarität steht und in dem man Probleme zusammen löst.

© SZ vom 28.05.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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